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Die 5 schlechtesten WM-Partien aller Zeiten

Die 5 schlechtesten WM-Partien aller Zeiten

NathanielGreen
| 82 | Bemerkenswerte Partien

Die Schach-WM zwischen Magnus Carlsen und Ian Nepomniachtchi steht vor der Tür. Um um die Schachweltmeisterschaft spielen zu dürfen, braucht es viel Talent, Hingabe und Fleiß und die Spieler sind auf jeden Fall die Besten der Besten. Egal, ob sie den Titel gewinnen, oder nicht.

Es sind aber immer noch Menschen und das hat im Laufe der Jahre zu einigen wirklich schlechten Partien geführt. Sowohl von Champions als auch von Herausforderern. Sowohl von Siegern als auch Verlierern. Hier sind fünf der schlechtesten Partien, die jemals bei einem Kampf um die Schachweltmeisterschaft gespielt wurden:

Partie 23, Mikhail Chigorin gegen Wilhelm Steinitz, 1892

Wilhelm Steinitz wurde 1886 der erste offizielle Schachweltmeister und verteidigte seinen Titel dreimal erfolgreich, darunter zweimal gegen den russischen Meister Mikhail Chigorin. Das erste Duell im Jahr 1889 gewann Steinitz relativ locker, aber das zweite war viel enger.

In diesem zweiten Duell, das 1892 stattfand, lagen Steinitz und Chigorin nach 21 Partien gleichauf bei acht Siegen und wer als erster 10 Partien gewinnen konnte, sollte das Duell und somit die Weltmeisterschaft gewinnen. In der 22. Partie unterlief Chigorin in der Eröffnung ein Fehler und er verlor. Aber das war nichts im Vergleich zur 23. Partie.

Obwohl er das superaggressive Königsgambit spielte, lud Chigorin im elften Zug zu einem Damentausch ein, was seine Angriffschancen extrem schwächte. Aber Steinitz ließ seinen Vorsprung langsam dahinschmelzen und im 31. Zug hatte Chigorin eine Mehrfigur und stand deutlich besser.

Einen einzigen Zug später hatte Chigorin die Partie, das Duell und die letzte Chance einmal in seinem Leben Weltmeister zu werden, verloren! Der brutale Fehler 32.Lb4?? gab die Deckung des Feldes h2 auf und ermöglichte ein Schachmatt in zwei Zügen. Zwei Jahre später verlor Steinitz seinen Titel gegen Emanuel Lasker.

Partie 14, Emanuel Lasker gegen Frank Marshall, 1907

Sechs von Laskers sieben Duellen um die Weltmeisterschaft waren nicht besonders umkämpft und der Sieger gewann immer mit mindestens vier Punkten Vorsprung. Die WM 1907 gegen Frank Marshall war seine erste Titelverteidigung seit 11 Jahren und es war eine der einseitigsten: Am Ende standen acht Siege für Lasker, sieben Remis und null Siege für den amerikanischen Meister Marshall auf der Anzeigetafel.

Nach 13 Partien lag Marshall mit 6:0 im Rückstand und war wohl so verzweifelt, dass er sich für das lächerliche Opfer 11...Lxh2+?? entschied.

Das "Greek Gift" ist ja ein weit verbreitetes Motiv, aber der Spieler, der das Opfer bringt, hat normalerweise mehr als eine Figur entwickelt. Profi-Tipp: Wenn ...Sg4+ den Springer einstellt und ...Dh4+ nicht möglich ist, dann verschwende keinen Gedanken an ...Lxh2+. Auch ein Angriffsgenie wie Marshall hatte hier keine Chance.

Darüber hinaus kennt jeder die Bedeutung von Figurenaktivität und Entwicklung, doch Marshall rührte erst im 17. Zug eine Figur am Damenflügel an. Vier Züge später gab er auf.

Einige Miniaturen enden mit brillanten Angriffen und andere... nicht! Marshall verlor auch die nächste Partie und sein Traum von der Weltmeisterschaft war ausgeträumt.

Partie 1, Emanuel Lasker gegen David Janowsky, 1910

Sein Duell gegen David Janowsky gewann Lasker noch überzeugender, als das gegen Marshall. Wieder gewann Lasker mit 8:0 aber diesmal erlaubte er nur drei Remis. Janowskys Probleme fingen bereits in der ersten Partie an.

Als aggressiver Spieler spielte Janowsky gegen das Damengambit die Tarrasch-Verteidigung (3...c5), in der Schwarz ein aktives Figurenspiel als Ausgleich für einen isolierten d-Bauern bekommt. Nach 16 Zügen hatte Janowsky aber schon zwei isolierte Bauern am Damenflügel. Angesichts einer schwierigen Defensivaufgabe in einem Schwerfigurenendspiel versuchte Janowsky, die Stellung mit dem unbeholfenen Zug 19...Td6?? zu stützen.

Dieser Zug verliert wegen einer einfachen Taktik eine Figur und Janowsky warf das Handtuch, nachdem diese auf dem Brett erschienen war.

Janowsky schaffte es, die zweite und dritte Partie des Duells Remis zu halten, aber von den nächsten acht Partien verlor er sieben. Obwohl die erste Partie seine schlechteste im Duell gegen bleiben sollte, war sie doch der Auftakt zum einseitigsten Duell um eine Weltmeisterschaft aller Zeiten.

Emanuel Lasker
Lasker, hier ein Bild aus dem Jahr 1908, war gleich an zwei der schlechtesten WM-Partien aller Zeiten beteiligt. Allerdings hat er beide gewonnen. Foto: Wikimedia, public domain.

Partie 16, Alexander Aljechin gegen Max Euwe, 1937

Die vielleicht größte Überraschung bei einer Schachweltmeisterschaft war der Sieg von Max Euwe gegen Alexander Aljechin, 1935. Diese Partie wurde aber im Rückkampf, den Aljechin gewinnen konnte, gespielt.

Um zu verstehen, warum sie so schlecht war, werfen wir einen Blick in das 1994 erschienene Buch The Inner Game of Chess von Andrew Soltis: "Wenn diese Stellung [beginnend mit dem 26. Zug von Weiß] in einem Schachmagazin mit der Überschrift 'Weiß am Zug gewinnt' erscheinen würde, würden die meisten Amateurspieler und ganz sicher 99 von 100 Meistern den Zug 26.Dh8+! finden. Zum besseren Verständnis sehen wir und die Partie aber ab dem 24. Zug an:

Euwes Zug 25...De5 erlaubte nicht nur 26.Dh8+, und Aljechin hat den Zug nicht nur verpasst, sondern Euwe hat in dann sogar gleich nochmal übersehen. Tatsächlich wäre Dh8+ im 27. Zug für Aljechin sogar noch besser gewesen, doch wieder blieb der Zug ungespielt. Schließlich beschützte Euwe seine Dame mit 27...Ld6 um die Drohung abzuwehren, aber beide Weltmeister hatten je zwei Züge gespielt, ohne eine zweizügige Springergabel zu sehen. Die Partie endete schließlich nach 65 Zügen Remis.

Alexander Alekhine, Max Euwe

Alekhine gegen Euwe, 1937. Foto: Wikimedia, public domain.

Deren Blindheit ist jedoch unser Gewinn, denn das Ansehen solcher Themen hilft uns, solche Gelegenheiten zu erkennen, wenn sie sich in unseren eigenen Partien ergeben. Vielleicht hat Tigran V. Petrosian genau wegen dieser Partie an das Dh8+/Sxf7+ Motiv gedacht, als er fast 30 Jahre später einer der besten Partien der WM-Geschichte mit genau dieser Kombination gewann.

Zum Glück für Aljechin und Euwe hatte diese Partie am Ende wenig Einfluss auf den Ausgang des Duells, denn Aljechin wurde mit einem Vorsprung von sechs Siegen Weltmeister.

Partie 1, Boris Spassky gegen Bobby Fischer, 1972

Zuvor haben wir gesehen, wie ein Herausforderer, Janowsky, bei seinem Weltmeisterschaftsdebüt sehr schlecht spielte. Aber kein Geringerer als Superstar Bobby Fischer spielte bei seinem WM-Debüt ebenfalls eine sehr merkwürdige Partie.

Die berühmteste Schachweltmeisterschaft der Geschichte hätte mit einem Remis beginnen sollen. Abgesehen davon, dass noch alle Bauern entfernt werden mussten, kann man sich wohl kaum eine remislichere Stellung vorstellen, als diese Stellung nach dem 29. Zug.

Das änderte sich jedoch mit dem Zug 29...Lxh2? Es bestand überhaupt keine Chance, dass dieser Zug tatsächlich einen Bauern gewinnen würde, ohne den Läufer zu verlieren und Fischer entglitt die Partie. Warum hat Fischer den Zug gespielt? Halluzination? Arroganz? Langeweile?

Wir werden es nie erfahren. Doch in dem Film Bauernopfer - Das Spiel der Könige, der das Leben von Bobby Fischer und vor allem das Duell gegen Spassky aus dem Jahr 1972 behandelt, hatte Spassky (gespielt von Liev Schreiber) eine Idee: "Ein Mann, der zum Selbstmord bereit ist, hat immer die Initiative."

Fischer gelang es dann sogar, die zweite Partie noch selbstmörderischer zu verlieren: Durch Nichterscheinen. Er trat zur zweiten Partie nicht an und startete somit mit einem 0:2 Rückstand in das Duell. Fischer wäre aber nicht zu einer Schachlegende geworden, wenn er diese Weltmeisterschaft nicht trotzdem gewonnen hätte. Kein Opfer - kein Verbrechen.

Bobby Fischer, Max Euwe
Fischer und Euwe (der zu diesem Zeitpunkt mittlerweile Präsident der FIDE war) vor der Weltmeisterschaft 1972. Sie lachen sicherlich über etwas anderes, als die in diesem Artikel gezeigten Partien. Foto: Bert Verhoeff/Dutch National Archives, CC.

Fazit

Je mehr Schach gespielt wird, desto besser wird es. Das gilt auf individueller Ebene: mehr spielen, mehr lernen, mehr Muster erkennen, besser werden. Dies gilt aber auch auf der Makroskala. Nur eine dieser Partien wurde in den letzten 80 Jahren gespielt und keine in der Supercomputer-Ära. Es gibt sicherlich weiterhin schlechte Partien unter Topspielern und einige hätten es sogar in diesen Artikel schaffen können, aber Schach ist heute besser denn je. Und noch nie gab es mehr Ressourcen für den angehenden Großmeister, um sein Ziel zu erreichen.

Und wenn Spieler von Kalibern eines Aljechin oder Fischer lausige Partien unterlaufen, sollten wir uns über unsere eigenen Fehler am Schachbrett weniger ärgern und nicht die Zuversicht verlieren.

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Nathaniel Green

Nathaniel Green is a staff writer for Chess.com who writes articles, player biographies, Titled Tuesday reports, video scripts, and more. He has been playing chess for about 30 years and resides near Washington, DC, USA.

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