Anand gegen Ivanchuk - Das ewige Duell

Die Junioren-Weltmeisterschaft 1987 war für mich ein ganz besonderes Ereignis. Da es in Baguio City auf den Philippinen stattfand, war es für mich die erste Gelegenheit, hinter den "Eisernen Vorhang" zu reisen und die weltbesten Nachwuchsspieler zu sehen. In jenen prähistorischen Zeiten wurden junge Spieler nicht mit einer Fülle von Turnieren verwöhnt, weshalb die gesamte Juniorenelite der ganzen Welt an der Weltmeisterschaft teilnahm. Ich wusste mit Sicherheit, dass ein zukünftiger Weltmeister (oder sogar mehrere) in dem wunderschönen Kongresszentrum spielte und ich konnte sogar vorhersagen, wer sie waren. Der am einfachsten vorherzusagende Kandidat für den zukünftigen Weltmeistertitel war Viswanathan Anand.

Während unseres Trainingslagers vor der Weltmeisterschaft haben wir die Partien unserer möglichen Gegner studiert. Lange bevor Computer und Datenbanken die Art und Weise veränderten, wie Schachspieler sich auf Partien und Turnier vorbereiten, hatten wir ganze Ordner mit Xerox-Kopien der Partien unserer Gegner. Einige von ihnen habe ich immer noch Von allen ausländischen Gegnern schien Anand der gefährlichste zu sein. Wir haben alle möglichen Legenden über die Geschwindigkeit seines Spiels gehört. Unsere Trainer zeigten uns eine Partie der vorherigen Junioren-Weltmeisterschaft, bei der Anand den zukünftigen Super-GM Bareev, besiegte und dabei für die gesamte Partie nur ungefähr 15 Minuten benötigte!

Ja, das Spiel von Weiß war wirklich sehr logisch und stark, aber wie war es nur möglich, eine so schöne Partie in nur 15 Minuten zu spielen? Während der Junioren-Weltmeisterschaft 1987 spielte Anand sehr schnell. Ich habe dann sogar allen erzählt, dass ich Anand in ernsthafte Zeitprobleme gebracht habe, weil er in unserer Partie 40 Minuten verbraucht hatte (die Bedenkzeit betrug zwei Stunden für 40 Züge, dann eine Stunde für 20 Züge und dann wurde die Partie unterbrochen).

Als Ivanchuk gegen Anand spielen musste, sagte ich zu ihm, dass er alles tun sollte, um nicht in Zeitnot zu geraten. "Wenn Du in Zeitnot kommst, wirst Du gegrillt!", war mein weiser Rat.

Ivanchuk bekam keine Zeitprobleme, wurde aber nach und nach überspielt und verlor schließlich die Partie:

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Ich war ziemlich glücklich darüber, dass ich in der Abschlusstabelle nur knapp hinter diesen beiden Genies lag, aber  Ivanchuk war von seiner Leistung enttäuscht. Der Niederlage gegen Anand wurmte ihn eindeutig. Um die Sache noch schlimmer zu machen, verlor er bereits im nächsten Jahr wieder gegen Anand. Könnt Ihr den finalen Einschlage von Schwarz finden?

Das nächste Duell zwischen diesen beiden Superstars fand beim berühmten Linares-Turnier statt. Das war wahrscheinlich Ivanchuks beste Leistung überhaupt. Er hat nicht nur das Superturnier überzeugend gewonnen, sondern dabei auch Weltmeister Kasparov besiegt. Anand war eines der zahlreichen Opfer von Ivanchuk. Wer findet den schulbuchmäßigen Durchbruch, der die weiße Stellung völlig zerstört hat?

Zu diesem Zeitpunkt war sich die gesamte Schachwelt des einzigartigen Talents dieser beider Spieler bewusst und daher fand nächstes Jahr in Linares ein Match zwischen Anand und Ivanchuk statt. Es war eine weitere große Enttäuschung für Ivanchuk. Er verlor nicht nur das Match, sondern musste auch einsehen, dass die Qualität von Anands Spiel einfach besser war. Die nächste Partie ist ein wahres strategisches Meisterwerk. Wer schafft es, eine bemerkenswerte Serie von schwarzen Zügen zu finden?

Das ist einfach nur unglaublich! Schwarz verstieß gegen alle bekannten Positionsregeln: Er beschädigte seine Bauernstruktur am Königsflügel, gab Weiß einen entferneten Freibauern auf der h-Linie und tauschte seinen "guten" Läufer gegen den "schlechten" Läufer seines Gegners. Trotzdem hat er seinen großen Plan verwirklicht: Er bekam seine verbundenen Freibauern im Zentrum und gewann die Partie!

Viele Jahre nach dieser Partie erwähnte Ivanchuk in einem seiner Interviews, dass er jede neue Partie gegen Anand als Fortsetzung des lebenslangen Matches ansieht. Ivanchuks Reaktion nach seiner ersten Niederlage gegen Anand habe ich live miterlebt. Es scheint mir, dass für Ivanchuk jede neue Partie gegen Anand eine Art Fortsetzung der Rivalität ist, die 1987 begann.

Fortsetzung folgt...