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George Koltanowskis langer Weg
George Koltanowski survived some early trauma in his life to become a chess star.

George Koltanowskis langer Weg

Silman
| 27 | Andere

George Koltanowski wurde 1903 im belgischen Antwerpen geboren. Als er 11 Jahre alt war, erlebte er zum ersten Mal den Geschmack des Grauens.

Das schrieb Kolty selbst darüber:

1914 marschierten die Deutschen in Belgien ein. Als sie kurz vor Antwerpen standen, wurde mein Vater, der bis dahin fest entschlossen war, sein Haus nicht zu verlassen, von der allgemein herrschenden Hysterie eingeholt und flüchtete mit seiner Familie nach Holland. Ich werde diesen Marsch nie vergessen! Wir gingen von sechs Uhr abends bis sechs Uhr morgens als Teil einer Völkerwanderung, die uns in jüngerer Zeit wieder vor Augen geführt wurde. Wir waren unter den letzten Flüchtlingen und da wir die meisten unserer weltlichen Güter zurückgelassen hatten, war es nicht verwunderlich, dass wir es auch versäumt hatten, Essen mitzunehmen. Ja, wir haben etwas gegessen: Rohe Karotten, die wir von den Feldern gestohlen haben, durch die wir stolperten.

George Koltanowski
George Koltanowski. Foto via Wikipedia.

Damals hätte es der junge Koltanowski wohl nicht geglaubt, wenn Ihm jemand prophezeit hätte, dass er 1950 internationaler Schachmeister werden und 1988 den Ehrentitel eines Großmeisters erhalten würde.

Jetzt ein Widerspruch: Wikipedia schreibt, dass Kolty im Alter von 14 Jahren Schach gelernt hat.

Die folgende Zeile stammt aber von Kolty selbst: “1919 brachte mir mein Vater bei, wie man Schach spielt. Ich habe das Spiel in mich hineingefressen wie ein Kleinkind, dem man Süßigkeiten gibt." Wenn jemand die Antwort auf diesen Widersprich kennt, dann lasst es mich bitte wissen.

Wir wollen aber einen Blick auf seine Partien werfen (dies sind keine Blindpartien - aber der nächste Artikel dreht sich nur um die).

Partie 1

In seinen ersten Partien (ab 1921) wusste Koltanowski noch nichts über Eröffnungen und fand sich oft schnell in schlechten Stellungen wieder und verlor diese auch oft. Er konnte sich aber immer öfter aus solchen Stellungen retten.

Dann freundete er sich mit Dunkelblum an und Dunkelblum wurde 1957 internationaler Meister.

Bei dieser Partie war Dunkelblum 16 Jahre alt und Koltanowski war 19.

Partie 2

In dieser Partie stand Colle besser (und einige Male sogar auf Gewinn), aber Kolty verteidigte sich gut und erzielte schließlich eine ausgeglichene Stellung. Nach dem Zug 58.Sfxf4 brach die weiße Stellung aber völlig zusammen.

Partie 3

Schwarz will den b3-Bauern erobern. Colle entschied sich, den Bauern einen Bauern sein zu lassen und setzt alles auf einen wilden Angriff. Wird der Angriff gewinnen oder wird der Verteidiger das Brett als Sieger verlassen?

Anhand dieser Partien denkt Ihr jetzt vielleicht, dass Kolty langweiliges Schach spielte. Koltanowski brauchte auch tatsächlich einige Jahre, um auf dem Brett aggressiv zu werden. Aber dies ist auch der Weg zur Verbesserung: Man lernt, man spielt, man leidet und schließlich reißt man seine Gegner in Stücke.

Jetzt ist es an der Zeit, seine coolen Partien zu zeigen:

Partie 4

Einige Jahre sind ins Land gezogen und Kolty wurde erfahrener und besser und zu einem ganz neuen Spieler!

Partie 5

Partie 4 hat Koltys dynamische Fähigkeiten gezeigt. In der fünften Partie seht Ihr seine positionellen Scharfsinn.

Partie 6

Kolty spielt perfektes, positionelles Schach.

Partie 7

Es sieht so aus, als ob Weiß besser stehen würde, aber Rubinstein hat Koltanowskis Zug nicht gesehen.

Partie 8

Ab 1929 (seiner Glanzzeit) hat Kolty realisiert, dass nicht nur dynamisches Spiel, sondern auch eine gute Endspieltechnik wichtig ist. Hier seht Ihr, wie Weiß ein Endspiel absolut reibungslos gewinnt.

Partie 9

Kolty spielt wieder einmal sehr energisch.

Wie Ihr jetzt gesehen habt, war Koltanowski ein sehr starker Spieler. In Blindpartien war er aber noch besser. 

Ihr dürft Euch also schon auf meinen nächsten Artikel freuen: Schlachten mit verbundenen Augen

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