Sollte man vor einer symmetrischen Stellung Angst haben?
Chess.com Mitglied Addu_Chess stellte die folgende Frage:
Ich habe das Buch "How to Reassess Your Chess" gelesen und dabei viel über Ungleichgewichte erfahren. Was soll ich aber machen, wenn die Stellung symmetrisch ist?
JS:
Es gibt ziemlich viele symmetrische Eröffnungen, aber Schwarz hat in der Regel keine Probleme, die Symmetrie zu zerstören.
Hier sind einige Beispiele:
Im Allgemeinen ist es ein Risiko, sich auf eine zu symmetrische Stellung einzulassen. Hier ist ein weiteres Beispiel:
Wie ihr sehen könnt, sieht eine symmetrische Stellung oft sehr sicher und angenehm aus, aber es ist immer Weiß am Zug und das kann für Schwarz jederzeit zum Verhängnis werden.
Mr. Addu_Chess bemerkte auch, dass es in einer symmetrischen Stellung schwierig sei, Ungleichgewichte oder Schwächen zu schaffen. Die Wahrheit ist aber, dass es in allen Stellungen, egal ob symmetrisch oder nicht, die Aufgabe des Spielers ist, Ungleichgewichte und Schwächen zu schaffen! Im Amateurschach schaffen sich normalerweise beide Spieler Schwächen in der eigenen Stellung, ohne es zu Bemerken. Im Profischach kommt dies eigentlich nie vor, außer ein Spieler nimmt eine Schwäche in Kauf, weil er sich anderswo einen Vorteil verspricht.
So kann dein Gegner zum Beispiel die Kontrolle über ein Feld aufgeben, weil dadurch eine seiner Figuren aktiv wird (eine "nehmen und geben" Situation). Oder Weiß nimmt einen Doppelbauern in Kauf, da er dadurch eine offene Linie bekommt.
Warum hat es Weiß zugelassen, dass seine Bauernstruktur zerstört wird? Der c3-Bauer ist ein klares Angriffsziel und auch der e5-Bauer steht einsam und alleine in der Gegend herum. Weiß hat aber auch Vorteile in dieser Stellung: Der e5 Bauer verschafft Weiß einen Raumvorteil im Zentrum und außerdem hat Weiß einen Entwicklungsvorsprung. Nicht zuletzt zielen alle weißen Figuren auf den schwarzen Königsflügel.
In anderen Worten: Schwarz hat die stabilere Stellung, aber Weiß hat einen Raumvorteil und ein dynamisches Plus.
Die Partie könnte jetzt so weitergehen:
Schwarz spielt 10...Da5
Schwarz spielt 10...Le7
Ich kann euch empfehlen, es nicht zu übertreiben, wenn man die Züge seines Gegners kopiert!
Es spricht nichts dagegen, einige Züge lang eine symmetrische Stellung auf dem Brett zu haben, aber man darf den Moment nicht verpassen, an dem man vom kopieren abweicht und seine eigenen Ziele verfolgt.