Warum ist dieses Gambit so anders?
Wenn ich das Wort Gambit höre, dann denke ich immer sofort an das Königsgambit.
Ja, mir ist klar, dass ein Gambit bedeutet, dass man etwas opfert um bestimmte Vorteile wie Initiative oder einen Angriff zu erhalten und dass es mehr Gambits als das Königsgambit gibt. Trotzdem ist das Wort Gambit für mich immer mit dem Königsgambit verbunden. Wahrscheinlich weil es das erste war, das ich als Kind gelernt hatte.
Die zahlreichen Partien aus der Romantik des Schachs haben diese Verbindung nur verstärkt.
Sehen wir uns diese Partie an. Weiß will einen direkten Angriff auf den König starten.
Es waren solche Partien, mit denen ich, als ich ein Kind war, das Wort Gambit definierte. Als ich groß wurde, lernte ich natürlich, dass es auch andere Züge gibt. Trotzdem hatten alle Gambits etwas gemeinsam. Wenn man ein Gambit spielt, opfert man etwas Material und vermeidet alle möglichen Täusche, da diese die Kraft der Initiative oder des Angriffs verringern würden.
Natürlich versucht der Gegner genau das Gegenteil zu tun und will so viele Figuren wie möglich abtauschen um ein Endspiel mit materiellem Vorteil zu erreichen.
Als ich das erste Mal das Benko Gambit sah, konnte ich nicht verstehen, was dort los war. Schwarz opfert einen Bauern, um eine Initiative auf dem Damenflügel zu erhalten und tauscht dann die Damen um direkt in ein Endspiel zu kommen!
Was ist da los? Sehen wir uns zuerst diese berühmte Partie an, die dieses einzigartige Konzept populär gemacht hat.
GM Bronstein erklärt die Ideen von Schwarz in seinem Buch Zürich International Chess Tournament 1953:
Was bekommt Schwarz für den geopferten Bauern? Zuerst untergräbt er die Speerspitze der weißen Bauernkette, den d5-Bauern. Zusätzlich erhält er nach dem unvermeidlichen a7-a6 und b5xa6 die a6-f1 Diagonale für seinen Läufer. Auf den offenen Linien am Damenflügel kann er die a- und b-Bauern von Weiß unter Druck setzten. Und schließlich dürfen wir den Zug Lg7 nicht vergessen, da Schwarz in diesem System seinen Bauern auf e7 behalten wird, was den Läufer noch gefährlicher macht. Und dann gibt es noch die interessante strategische Idee (...) den Turm auf dem Damenflügel zu entwickeln, ohne ihn zu ziehen.
In der nächsten Stellung gibt David Bronstein erneut einen sehr lehrreichen Kommentar:
Der schwarze Vorteil liegt darin, dass sich der Grundstein seiner Bauernkette auf e7 befindet und damit leicht zu verteidigen ist, während die weißen Bauern auf c3 und e4 leicht anzugreifen sind. Wenn der e-Bauer zieht wird der d-Bauer schwach. (...) Taimanov tat gut daran, den Damentausch zu vermeiden—aber er hätte ihn auch noch später vermeiden sollen.
Heutzutage spielt Schwarz eine andere Zugfolge, um dieses Eröffnungskonzept umzusetzen. So sieht das moderne Benko Gambit aus:
Man sollte jetzt aber nicht denken, dass es die einzige Idee von Schwarz im Benko Gambit ist, ein vorteilhaftes Endspiel zu erreichen. Die aktiven Figuren und die strategische Initiative können auch im Mittelspiel zu einer mächtigen Waffe werden. Sehen wir uns diese erbärmliche Stellung an, in die Supergroßmeister Vlastimil Hort geraten ist. Obwohl er mit Dame gegen Turm spielte, konnte er sich kaum bewegen!
Deswegen haben wir im Benko-Gambit eine sehr paradoxe Situation: Trotz seines materiellen Verlusts spielt Schwarz ein langsames Positionsspiel und hat keine Probleme damit, in ein Endspiel zu kommen. Auf der anderen Seite weigert sich Weiß in ein Endspiel überzuleiten und versucht stattdessen, anzugreifen.
Die Zaitsev Variante, die ich in diesem Artikel kurz vorgestellt habe, ist ein gutes Beispiel dafür.
Diese ganz besondere Eröffnung verdient definitiv an Aufmerksamkeit. Selbst wenn Ihr sie nie in Eurem Leben spielen werdet, wird die Analyse der typischen strategischen Ideen des Benko Gambits Euer Schachwissen erweitern.