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Carlsen gewinnt das Aimchess Rapid 2023

Carlsen gewinnt das Aimchess Rapid 2023

NM_Vanessa
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Magnus Carlsen hat das Aimchess Rapid 2023 gewonnen. Nachdem er im großen Finale gegen Wesley So mit 2-0 in Führung gegangen war, sah alles nach einem kurzen Abend aus, aber dann startete So ein Comeback und plötzlich war das Finale dann doch noch der erhoffte Thriller. Am Ende war das Comeback des Amerikaners aber nicht von Erfolg gekrönt.

Das Finale in der Gruppe II ging sogar über 2 Duelle. Nachdem Sam Sevian, der aus der Verliererrunde ins Finale vorgedrungen war, das erste Finale gewonnen hatte, konnte Denis Lazavik im zweiten Finale aber den Spieß umdrehen und sich den Gesamtsieg sichern.

In der Gruppe III gewann Yu Yangyi gegen Tuan Minh Le in einem chaotischen Armageddon.

So konntet Ihr zusehen:

Wir übertragen alle Events der Champions Chess Tour mit Kommentaren von Steve Berger auf Chess.com/TV, unserem deutschsprachigen YouTube-Kanal und auf Twitch. Die englischsprachige Übertragung findet Ihr auf YouTube.com/ChesscomLive.

Hier seht Ihr die Aufzeichnung der Übertragung vom Freitag:


Division I

Carlsen-So

Nachdem er sich durch die Verliererrunde bis ins große Finale gekämpft hatte, stand Wesley So am Freitag vor einer noch größeren Herausforderung. Da Magnus Carlsen ja sämtliche Duelle im Verlauf des Turniers gewonnen und somit sein "zweites Leben" noch in der Tasche hatte, musste der Amerikaner Carlsen zwei in aufeinanderfolgenden Duellen besiegen, um das Aimchess Rapid zu gewinnen.

Noch dazu lag Carlsen vor dem Finale im direkten Schnellschach-Vergleich zwischen den beiden vorne, aber So kann gegen den 16. Weltmeister auch schon beeindruckende 19 Siege vorweisen.

Alleine in CCT-Finals sind sich diese beiden schon vier Mal begegnet und hier ist die Bilanz ausgeglichen. Wer würde es schaffen, die Bilanz zu seinen Gunsten zu verändern?

Zum Auftakt des Duells setzte Carlsen auf eine gut vorbereitete Variante der katalanischen Eröffnung. So schien davon verunsichert zu sein, denn bereits im 18. Zug war seine Bedenkzeit auf 6 Minuten gesunken, während Carlsen noch seine gesamte Bedenkzeit von 15 Minuten auf der Uhr hatte. Dieser Zeitvorsprung erwies sich dann in den kritischen Momenten der Partie als entscheidend. Nachdem Carlsen alle seine Figuren aktiviert und einen Bauern gewonnen hatte, suchte er nach der entscheidenden Idee. Obwohl So eine einfallsreiche Verteidigung aufstellte, ergab sich für Carlsen eine Chance, die Partie zu gewinnen. Wer kann es finden?

Weiß am Zug gewinnt

Obwohl Carlsen diese Idee zunächst übersehen hatte, gewann er damit letztendlich die Partie und hatte am Ende immer noch 30 Sekunden mehr auf der Uhr.

Danach hatte So den Vorteil der weißen Figuren. Er spielte sehr ehrgeizig, strebte eine Drachenstruktur mit vertauschten Farben an und opferte eine Qualität, um mit seinen Bauern und Leichtfiguren eine mächtige Kontrolle über das Zentrum zu erlangen. Carlsen, der stets auf die dynamischen Nuancen der Stellung achtete, fand eine taktische Lücke in der Berechnung des Amerikaners und brach mit seinen Türmen durch.

Bald darauf drangen Carlsens Streitkräfte in das weiße Lager ein, jagten den feindlichen König und schlugen dann die stärkste Verteidigerin des weißen Königs in die Flucht.

Die Stellung nach 33...Tb1

In der dritten Partie musste sich So von den beiden schweren Niederlagen erholen und mit Schwarz gewinnen. Tatsächlich musste er zu diesem Zeitpunkt sogar zwei Partien gewinnen, um wenigstens noch ein Armageddon zu erzwingen, aber was macht man, wenn man zwei Partien in Folge gewinnen muss? Man konzentriert sich auf die Erste...

So besetzte das Zentrum und brachte Carlsen genau in die Stellung, in der er sich weniger wohlfühlt. Eine Stellung, in der es ihm an Flexibilität mangelt und mit dem Rücken zur Wand stehend sein Spiel am Königsflügel beweisen muss. Da Carlsen von seiner eigenen Aufstellung nicht überzeugt war, zog er sich zurück und ermöglichte es So, Druck gegen seinen eigenen König aufzubauen. So's Dame schlich sich in das Lager von Weiß und er gewann ein paar von Carlsens Bauern. Und dann verlief das Zeitnotduell zu seinen Gunsten.

Damit hatte der Amerikaner zumindest eine vierte Partie erzwungen und die Ausgangslage war die gleiche wie vor der dritten Partie: So musste gewinnen, um das Finale am Leben zu erhalten.

Im frühen Mittelspiel gelang es Carlsen, den Königsflügel zu kontrollieren und diese Kontrolle sollte die gesamte Partie über anhalten. Als So versuchte, Carlsens Truppen zu vertreiben, lenkte sie der 16. Weltmeister um und griff am Damenflügel an. Dann erzwang Carlsen einen Damentausch und erreichte ein Endspiel mit unbezwingbaren verbundenen Freibauern.

Die Stellung nach 38...Da7!

Carlsens dominante Leistung ist auch unsere Partie des Tages und Großmeister Rafael Leitao hat sie für uns schon analysiert.

GM Rafael Leitao GotD

Und "The Big Greek" Georgios Souleidis war auch schon fleißig und hat die Partie ebenfalls analysiert:

Über ein "Like" würde sich Georgios sicher freuen

Getreu seinem Charakter war Carlsen trotz seines souveränen Sieges über einen der stärksten Spieler der Welt mit seiner eigenen Leistung nicht ganz zufrieden: "Ich denke, insgesamt waren die Ergebnisse wohl etwas besser als mein Spiel!"

Und dann beantwortete Carlsen noch die Frage, ob er nochmal Weltmeister im klassischen Schach werden würde:

Im Juli hat Carlsen bereits die Grand Chess Tour in Kroatien, ein Titled Tuesday Turnier mit 11/11 und jetzt das Aimchess Rapid gewonnen. Darüber hinaus führt er nun auch die Gesamtwertung der Champions Chess Tour mit 375 Punkten an.

Alleine bei diesem Event hat Carlsen $30.000 gewonnen. Wesley So darf sich überlegen, wie er $20.000 ausgeben will.

Division I - Turnierbaum

Champions Chess Tour - Punktestand


Division II

Lazavik und Sevian lieferten sich das engste Duell des Tages. Diese beiden Großmeister dominierten die Division II so sehr, dass sie gleich in drei Duellen gegeneinander antraten: Im Finale der Siegerrunde, im großen Final und in der Wiederholung des großen Finales. Und alle Duelle wurden im Armageddon entschieden.

Nachdem im ersten Finale alle vier Partien Remis geendet waren, bot Sevian einige Sekunden weniger als sein Gegner und sicherte sich damit die schwarzen Figuren. Trotz des Handicaps erreichte er aber ein vorteilhaftes Endspiel und führte das sicher zum Remis. Da Lazavik aber bis dahin im gesamten Turnier noch kein einziges Duell verloren hatte, konnte auch der junge Weißrusse sein "zweites Leben" einsetzen und das Finale wurde wiederholt.

Wieder konnten beide Spieler nicht gewinnen und es stand ein weiteres Armageddon auf dem Programm. Diesmal gewann Lazavik mit seinem Gebot von 9 Minuten die schwarzen Figuren und konnte nach nur 21 Zügen sowohl auf dem Brett als auch auf der Uhr ausgleichen. Sevian spielte aber weiter voll auf Sieg und erreichte sogar ein Endspiel mit 2 Mehrbauern, aber Lazavik verteidigte sich geschickt und ließ dem Amerikaner letztendlich nur einen Springer übrig.

Neben den $10.000 Preisgeld für den ersten Platz hat sich der 17-jährige Großmeister damit auch einen Startplatz in der Division I beim fünften Turnier der Champions Chess Tour erspielt. Sevian wurde für seinen zweiten Platz mit $7.500 belohnt.

Division II - Turnierbaum

Division III

Die ersten vier Partien zwischen Yu und Le endeten mit 2 Remis und jeweils einem Sieg für beide Spieler und deshalb musste auch das Finale der Gruppe III mit einem Armageddon entschieden werden. Obwohl Le mit Schwarz nur ein Remis benötigte, spielte er im Mittelspiel aggressiv und nutzte die Schwachstellen in der eher passiven Stellung von Weiß aus. Dann opferte Yu einen Turm und ging mit einem Königsangriff All-In.

Die Stellung nach 40.Txc7

Le verteidigte etwas zu aktiv und musste schließlich Material aufgeben, um ein Schachmatt zu verhindern. Am Ende verpasste er noch eine letzte Gelegenheit zum Remis. Wer kann es finden?

Schwarz am Zug hält Remis

Yu darf ich über $5.000 und Le über $3.600 freuen.

Division III - Turnierbaum


Die Champions Chess Tour 2023 (CCT) ist ein riesiges Online-Schachturnier, das die besten Features der ehemaligen Champions Chess Tour und der Chess.com Global Championship kombiniert. Die Tour umfasst sechs Turniere, die sich über das ganze Jahr erstrecken und in einem Finale, bei dem die Spieler vor Ort gegeneinander antreten, gipfeln. Mit den besten Spielern der Welt und einem Preisgeld von 2 Millionen US-Dollar ist die CCT das bislang größte Event auf Chess.com.


Weitere Berichte vom Aimchess Rapid:

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NM Vanessa West

Vanessa West is a National Master, a chess teacher, and a writer for Chess.com. In 2017, they won the Chess Journalist of the Year award.

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