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Aronian gewinnt das 5. Altibox Norway Chess Turnier

Aronian gewinnt das 5. Altibox Norway Chess Turnier

PeterDoggers
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Levon Aronian ist der stolze Sieger des Altibox Norway Chess Turniers in Stavanger. Gegen Wesley So, der alle 9 Partien remisierte, geriet er nie in Gefahr. Obwohl Hikaru Nakamura die letzte Runde gegen Fabiano Caruana verlor, wurde er trotzdem noch Zweiter. Allerdings muss er sich diesen Platz nun mit Vladimir Kramnik teilen, der heute Anish Giri kurz und schmerzlos besiegte.

Nach dem Grenke Turnier gewinnt Levon Aronian auch das Altibox Norway Chess. | Foto: Maria Emelianova.

"Ich bin einfach gerne mit den Jungs zusammen. Es macht mir Spass mich mit Schachspielern zu treffen und mit meinen Kollegen Freundschaften aufzubauen. Ich glaube, dass kommt manchmal beim Schach viel zu kurz."

Dieses wunderbare Zitat stammt vom Turniersieger Levon Aronian und es viel bei einer Frage nach Avalon, dem Rollenspiel, das bei den Großmeistern zur Zeit schwer in Mode ist. Es wurde fast jeden Abend in der Hotel-Lobby, haupsächlich von Caruana, MVL und Kasimdzhanov aber auch von Carlsen, Kramnik und Aronian selbst, gespielt.

Aronian's Kommentar klingt schon fast Nostalgisch und er erinnert an die Zeit, als sich die Großmeister nach den Partien nicht in ihre Hotelzimmer zurückzogen um Sport zu gucken, Filme auf Netflix anzusehen oder sich auf die nächste Partie vorbereiteten, sondern an den Hotelbars anzutreffen waren, wo sie...... das Leben genossen.

Der armenische Großmeister ist ein ungänglicher Typ, der sich gerne mit seinen Freunden trifft. Vielleicht ist das auch eine Armenische Eigenart, denn es war genau der Teamgeist, durch den die Armenier 2006, 2008 und 2012 die Mannschaftsolympiade gewinnen konnten.

Aronian sagte, dass er sich nicht nur mit Schach auf Turniere vorbereitet. "Mit Freunden Spass haben, Sport machen und solche Dinge gehören auch zu einer Turniervorbereitung."

Die heutige Partie war von anfang an ausgeglichen. Wesley So brachte mit seinem Zug 5.Lf4 eine ruhige Variante des abgelehnten Damengambits auf das Brett und erzielte damit minimalste Vorteile. Er vermied aber immerhin ein frühes Remis.

Die Spieler spielten die Partie sogar zu Ende, bis nur noch die Könige auf dem Brett waren.

Dies bedeutete, dass nur noch Hikaru Nakamura Aronian seinen Sieg streitig machen konnte, aber dafür hätte er mit den schwarzen Figuren gegen Fabiano Caruana gewinnen müssen. Um es kurz zu machen: Nakamura verlor.

Die Partie startete als Najdorf Variante mit einem vergifteten Bauern, die Caruana überhaupt nicht erwartet hatte. Anstatt 8.Dd2 zu ziehen und eine Stellung zu erreichen, die über die letzten Jahrzehnte bis zum finalen Remis ausanalysiert wurde, entschied er sich für 8.Dd3.

Die Stellung unterscheidet sich durch diesen Zug aber nicht besonders. Caruana: "Ich glaube, der momentane Stand der Theorie ist, dass Schwarz etwa 7 verschiedene Möglichkeiten hat, um ein Remis zu erzwingen."

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Caruana nannte seine Neuerung einen "plumpen Zug." | Foto: Maria Emelianova.

Nakamura verlies sich auf natürliche Züge, bei Caruana die Neuerung 15.Tg1 aufs Brett brachte. "Ein sehr plumper Zug. Ich hätte einfach g5 ziehen sollen."

In der folgenden Stellung erwartete Caruana, dass sein Gegner im 17. Zug den g-Bauern verteidigen würde, aber er hatte sich auch 17...Sc6 angesehen.

"Ich hatte mir notiert, dass diesen Zug wohl niemals jemand spielen würde." Der Grund dafür ist, dass die schwarze Stellung an einem seidenen Faden hängt, und ob man die Stellung halten kann hängt von einem komplizierten Turmzug viel später ab.

"Ich habe versucht die Stellung zu verstehen," sagte Caruana. "Er konnte das alles ja unmöglich berechnet haben. Ich meine, er ist natürlich ein fantastischer Rechner aber das wäre einfach unmenschlich gewesen. Wenn er das alles gesehen hat, dann hat er sich auch das Remis, oder auch mehr, verdient."

Nakamura machte aber im 22. Zug einen Fehler und geriet und Schwierigkeiten. Ab dem Zeitpunkt war er nur noch am verteidigen.

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Kurz nach der Zeitkontrolle war die Partie eigentlich aufgabereif, aber Nakamura spielte weiter, obwohl er einen Turm weniger hatte, und dachte sogar noch 16 Minuten über einen Zug nach.

Sowohl der Kommentator Nigel Short als auch Caruana übertrieben etwas, und stoppten die Zeit mit "30 Minuten", aber es war trotzdem bemerkenswert, wie lange Nakamura über seinen 54. Zug nachdachte. "Es war klar, dass er nicht mehr über die Stellung nachdachte," sagte Caruana. "Er dachte über die Partie nach, und wie das alles passieren konnte."

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Nakamura wird klar, dass er Aufgeben muss. Caruana beschäftigt sich derweil mit den Inhalten seines Mineralwassers. | Foto: Maria Emelianova.

Caruana nannte dieses Verhalten "nicht besonders sportlich." "Entweder ziehst Du noch ein paar Züge und gibst dann auf, oder Du gibst gleich auf."

Nakamura verlies den Turniersaal sofort nach der Partie, aber meldete sich später per Twitter zurück:

Die zweite Partie des Tages die gewonnen wurde war Vladimir Kramnik gegen Anish Giri—und sie war bereits nach 20 Zügen entschieden! 

"Das war ein Desaster heute," sagte Giri, der eigentlich in der Eröffnung noch gut stand. Kramniks Aufbau war provokativ und vielleicht sogar fragwürdig.

Giri hatte 5...c4 und 6...b5 vorbereitet. "Das war natürlich sehr ehrgeizig, aber ich habe nichts für Weiß gesehen," sagte er. Aber kurz danach unterlief dem Holländer mit 10...Ld6 ein ernsthafter Fehler. Wenige Züge später realisierte er seine Niederlage aber er war sich immer noch nicht sicher, zu welche Zeitpunkt die Sache aus dem Ruder gelaufen war.

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Kramnik signiert das Schachbrett eines Fans. | Foto: Maria Emelianova. 

Nach der Partie überprüfte er seine Berechnungen auf dem Laptop diese Reporters und stellte fest, dass es ein ziemlich ernstes Problem war, dass er nicht rochieren konnte. Die Kontrolle über die schwarzen Felder mit 15...g6 aufzugeben war jedoch der tödliche Fehler.

Danach versuchte Kramnik seine gestrige Niederlage gegen Vachier-Lagrave zu erklären. Er sagte, er hätte während seiner Berechnungen einen furchtbaren "Blackout" gehabt. "Leider passiert mir das manchmal, besonders wenn ich angespannt bin."

Giri witzelte darauf: "Ich muss leider zugeben, dass jüngere Menschen vor Blackouts auch nicht gefeit sind, wie man heute sehen konnte!"

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Giri überprüft seine Partie und wusste immer noch nicht, wann genau sie aus dem Ruder gelaufen war. | Foto: Maria Emelianova.

Und wie hat der Weltmeister dieses Turnier beendet? Tja, so sehr wir ihm die 50% gegönnt hätten. Es hat nicht sollen sein. Beide Spieler dachten, dass Weiß eigentlich die ganze Partie über besser stand, aber Carlsen zeigte Anand direkt nach der Partie eine beeindruckende Menge an Möglichkeiten für ein Gegenspiel auf.

Und so haben sowohl Carlsen als auch Anand jeweils eine Partie mehr verloren als gewonnen. Anand: "Natürlich ist das kein Traumergebnis, aber nach dem schlechten Start habe ich mich eigentlich ganz gut im Turnier gehalten. Plus 1 aus den letzten 5 Runden ist schon ein annehmbares Ergebnis. Ich hätte halt nicht mit Minus 2 starten dürfen!"

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Heuten durften einige der Chauffeure der Spieler - alles freiwillige Helfer - die ersten Züge ausführen. Foto: Joachim Steinbru

Carlsen erschien auch wieder zur Pressekonferenz und nahm sich die Zeit um über seine schlechte Form zu sprechen.

"Ich glaube, die ersten beiden Runden waren ganz gut. Ich habe zwar nicht spektakulär gespielt aber doch OK und ich habe mich auch gut gefühlt. Aber schon während der Partie gegen Nakamura war ich geistig irgendwie nicht frisch. Das hat sich dann fortgesetzt und ich glaube in der fünften und sechsten Runde, als ich mit den weißen Figuren überhaupt kein Spiel aufs Brett brachte, war es am schlimmsten. Ich habe schlecht gespielt und war auch irgendwie nicht motiviert. Ich glaube es war ein Mangel an Selbstvertrauen, gepaart mit wirklich starken Leistungen meiner Gegner."

"Es ist ein komisches Gefühl. Irgendwie habe ich es geschafft mich auf jede Partie optimal Vorzubereiten aber während der Partie war alles sofort wieder verschwunden. In den letzten beiden Runden wurde es dann etwas besser. Ok, heute habe ich ja auch wieder schrecklich gespielt, aber zumindest habe ich mich gut gefühlt."

Carlsen's Mangel and Selbstvertrauen wurde noch klarer als er sagte: "Ich weiß ja, dass ich Schachspielen kann, aber ich bin nicht mehr so überzeugt davon, dass ich eine ausgeglichene Stellung noch gewinnen kann"

nullCarlsen: "Ich weiß natürlich, dass ich noch Schachspielen kann. Ich habe nur das Selbstvertrauen verloren, um ausgeglichene Stellungen noch gewinnen zu können." | Foto: Maria Emelianova.

Über die Gefahr, den ersten Platz in der Weltrangliste zu verlieren sagte Carlsen: "Warum sollte mich das jucken? Wenn Du schlecht spielst, ist das das letzte, woran Du denkst. Ich dachte mir: Wenn es passiert, dann ist es zwar Mist, aber vor allem muss ich besser spielen."

Die Live Weltrangliste nach dem Norway Chess Turnier

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Und wie gehts jetzt weiter? "Es gibt da keinen Knopf, den man einfach drücken kann. Ich muss einfach hart arbeiten. Ich glaube ich kann immer noch Schachspielen. Eigentlich bin ich mir sicher, dass ich noch Schachspielen kann. Ich muss nur mein Selbstvertrauen zurückgewinnen. Es war aber auch ein starkes Turnier das niemand mit Ansage gewinnen konnte. Normalerweise bin ich aber in der oberen Tabellenhälfte, selbst wenn ich nicht gut spiele. Das war diesmal nicht der Fall."

Carlsen's nächstes Turnier ist die Paris Grand Chess Tour. Das ist ein Blitz- und Schnellschachturnier und beginnt bereits in wenigen Tagen. "Meine Formkrise betrifft wirklich nur klassische Partien," sagte Carlsen. "Ich bin mir sicher, dass ich in Paris hervorragend Abschneiden werde und freue mich schon auf das Turnier."

2017 Altibox Norway Chess | Abschlußtabelle

# Land Name ELO Leistung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 Punkte SB
1 Aronian,Levon 2793 2918 ½ 1 ½ ½ ½ ½ ½ 1 1 6.0/9
2 Nakamura,Hikaru 2785 2837 ½ ½ 0 ½ 1 1 ½ ½ ½ 5.0/9 22.00
3 Kramnik,Vladimir 2808 2834 0 ½ ½ ½ 1 0 1 1 ½ 5.0/9 21.25
4 Caruana,Fabiano 2808 2796 ½ 1 ½ ½ ½ ½ 0 ½ ½ 4.5/9 20.75
5 So,Wesley 2812 2796 ½ ½ ½ ½ ½ ½ ½ ½ ½ 4.5/9 20.25
6 Giri,Anish 2771 2800 ½ 0 0 ½ ½ 1 1 ½ ½ 4.5/9 19.25
7 Vachier-Lagrave,Maxime 2796 2759 ½ 0 1 ½ ½ 0 ½ ½ ½ 4.0/9 18.25
8 Anand,Viswanathan 2786 2760 ½ ½ 0 1 ½ 0 ½ ½ ½ 4.0/9 18.00
9 Carlsen,Magnus 2832 2755 0 ½ 0 ½ ½ ½ ½ ½ 1 4.0/9 16.75
10 Karjakin,Sergey 2781 2721 0 ½ ½ ½ ½ ½ ½ ½ 0 3.5/9


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Aronian hilft seinem deutschen Freund aus dem Auto. Versucht er, ein Karma aufzubauen? | Foto: Maria Emelianova.


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Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms. Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools. Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013. As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

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