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Carlsen gewinnt die Blitz WM

Carlsen gewinnt die Blitz WM

PeterDoggers
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

4 Tage hat er gebraucht, um zu seiner besten Form aufzulaufen, aber am Samstag war es dann soweit. Magnus Carlsen hat die Blitz-Weltmeisterschaft gewonnen. Am zweiten Tag erzielte Carlsen 8 Siege und 2 Remis, erreichte damit 16 von 21 möglichen Punkten und nimmt neben dem Siegerpokal auch $200,000 ($250,000 minus 20% für die FIDE) mit nach Hause. Nana Dzagnidze gewann die Damenkonkurrenz mit 16.5 Punkten und bekommt dafür $64,000 ($80,000 minus 20% für die FIDE).

"Extrem Glücklich" waren Carlsen's erste Worte nach dem Turnier. Bereits vor 3 Jahren in Dubai war er Blitz-Weltmeister geworden. Vor 2 Jahren verlor er den Titel in Berlin an  Alexander Grischuk und letztes Jahr in Doha gewann Sergey Karjakin den Titel. 

"Gestern hatte ich einen schwierigen Tag, aber heute lief alles besser als ich es mir erträumt hatte. Das bedeutet mir sehr viel. Besonders weil ich in der Schnellschach-Weltmeisterschaft den Titel in der letzten Runde verloren habe. Wenn ich jetzt auf das gesamte Jahr zurückblicke, war dies einer meiner größten Siege."

Das nächste Blitz-Event folgt für Carlsen aber bereits diese Woche: Am 3. Jänner 2018 spielt er im Finale der Chess.com Speed Chess Meisterschaft gegen Hikaru Nakamura, der das Turnier in Saudi-Arabien boykottiert hatte.

Carlsen spricht mit Nastja Karlovich.

Die Blitzschach-Weltmeisterschaft wurde in 21 Runden nach Schweizer System gespielt. Nach dem ersten Tag und 11 Runden führte Sergey Karjakin mit 9 Punkten vor Maxime Vachier-Lagrave mit 8.5. Sechs Spieler lagen einen halben Punkt hinter MVL auf Lauerstellung, aber Carlsen war keiner von ihnen, denn der Weltmeister hatte nur enttäuschende 7 Punkte erzielt.

Am Samstag blies er aber zur großen Aufholjagd. Carlsen spielte wie ein Hochgeschwindigkeits-Zug und ließ den Rest des Feldes wie alte Dampflokomotiven aussehen. Während seine Kontrahenten Partie um Partie remisierten gewann Carlsen gleich seine ersten 3 Partien des zweiten Tages (gegen Grischuk, Harikrishna und Mamedyarov) und verkürzte den Rückstand auf Karjakin auf einen halben Punkt.

Dann trafen die beiden im direkten Vergleich aufeinander und nach dem überzeugenden Sieg von Carlsen war klar, wer jetzt der Top-Favorit auf den Titel ist.

Carlsen vs Karjakin

Carlsen gegen Karjakin. Der Wendepunkt des Turniers. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Aus der Frage "wird er eine Aufholjagd starten können?" wurde schnell die Frage "wer soll ihn nur stoppen?" Es war dann Maxime Vachier-Lagrave der Carlsen zumindest ein Remis abringen konnte (in einer vielleicht etwas besseren Stellung), aber Carlsen ließ sich davon nicht irritieren.

Carlsen gewann dann weitere 4 Partien in Folge und lag bereits nach 20 von 21 Runden uneinholbar in Führung. Nach einem schnellen Remis in der letzten Runde gegen Levon Aronian hatte der Norweger ein eher durchschnittliches Jahr mit einem Höhepunkt beendet.

Die meisten Partien des zweiten Tages gewann er mit der Einstellung vergangener Zeiten: Niemals auf Remis spielen! Nie! Energie für die nächste Runde sparen? Keinesfalls! Versuche zu gewinnen, auch wenn die Chance dafür noch so klein ist. Versuche die besten Züge zu finden und bereite deinem Gegner Probleme.

Dafür haben wir 3 Beispiele: Ding Liren, der im November in St. Louis Schiffbruch gegen Carlsen erlitten hatte dachte wohl nicht, dass er diese Partie noch verlieren könnte.

Gegen die russische Nachwuchshoffnung Vladislav Artemiev hatte er eigentlich nichts, aber auch hier gelang es Carlsen, eine kleine Drohung nach der nächsten aufzustellen.

Der Sieg gegen Anton Korobov basierte auf einem Fehler des Ukrainers, der sich für den falschen Bauern entschied. Sollte man Carlsen dafür loben? Ja, sicher! Besonders wenn man bedenkt, dass er diese Stellung in mehreren Partien, aber mit viel mehr Bedenkzeit erreicht hatte.

Anton Korobov vs Carlsen

Anton Korobov realisiert, dass er das Springerendspiel nicht Remis halten kann. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Bei der Siegerehrung standen Herausforderer der letzten beiden Weltmeisterschaften neben Carlsen auf dem Podium: Karjakin und Anand.

Karjakin erspielte sich heute nur 5.5 von 10 möglichen Punkten, was aber trotzdem für den zweiten Platz genügte. Die Silbermedaille sicherte er sich in der letzten Runde gegen Grischuk, als er eine eigentlich schon verlorene Partie noch drehen und gewinnen konnte.

Viswanathan Anand war insgesamt gesehen der erfolgreichste Spieler in Riad. Seiner Goldmedaille im Schnellschach fügte er eine Bronzemedaille im Blitzschach hinzu. Der Inder war in der letzten Runde ähnlich glücklich wie Karjakin, denn auch seinem Gegner Maxime Vachier-Lagrave unterlief ein furchtbarer Fehler:

MVL vs Anand, with Leko and Ivanchuk watching.

MVL gegen Anand. Leko und Ivanchuk sehen zu. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Levon Aronian landete auf dem geteilten vierten Platz, was ein fantastisches Ergebnis war, wenn man bedenkt, dass der Armenier nach dem ersten Tag noch mit 5.5 Punkten auf Platz 68 gelegen hatte. Seine Leistung am zweiten Tag war aber fast so stark wie die von Carlsen: 8.5 Punkte aus 10 Partien.

In der vorletzten Runde konnte er gegen Karjakin gewinnen:

Aronian vs Karjakin in Riyadh

Aronian tauchte auf einmal in der Spitzengruppe auf und besiegte Karjakin. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Wang Hao war der stärkste der acht Chinesen im Starterfeld. Er beendete das Turnier punktgleich mit Aronian auf dem vierten Platz und hat das wohl größte Preisgeld seiner Karriere gewonnen: $36,000 ($45,000 minus 20% für die FIDE). Eines seiner Opfer war sein Landsmann Li Chao.

Auch am zweiten Turniertag kam es in Riad zu einem Vorfall. In der Partie Grischuk gegen Mamedyarov war der russische Großmeister bereits mit einer Qualität im Rückstand, als er plötzlich die Uhr anhielt und ein Remis wegen Zugwiederholung reklamierte. Der zuständige Schiedsrichter konnte aber keine dreifache Stellungswiederholung erkennen und wies die Spieler an, weiterzuspielen.

Grischuk verlor die Partie, aber überprüfte die Züge danach erneut. Zu seiner großen Überraschung stellte er fest, dass es nicht nur eine dreifache, sondern sogar eine vierfache Stellungswiederholung gegeben hatte! Nachdem er dies dem Hauptschiedsrichter gemeldet hatte, wurde die Partie nachträglich als Remis gewertet.

Mamedyarov protestierte gegen diese Entscheidung, da er die Partie bereits gewonnen hatte und das Partieformular unterzeichnet war. Bis das Beschwerde-Komitee den Fall dann besprochen und Mamedyarovs Beschwerde abgewiesen hatte, verging einige Zeit und deswegen begann die letzte Runde dann mit einer Verspätung. Mamedyarovs Protest wurde übrigends abgewiesen, da Grischuk das Remis zu Recht reklamiert hatte und die Partie mit der Reklamation praktisch beendet war. Alles was danach geschah, war irrelevant.

Mamedyarov protesting

Mamedyarov diskutiert mit dem Hauptschiedsrichter. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

2017 Blitzschach Weltmeisterschaft | Abschlußtabelle (13 Punkte und mehr)

Gesetzt Land Name ELO Punkte TB1 TB2 TB3 TB4 Leistung ELO+/- Preisgeld*
1 Carlsen Magnus 2986 16 0 2742 257 10 2924 -20,8 $250,000
3 Karjakin Sergey 2854 14,5 0,5 2745 253,5 11 2873 13,8 $100,000
20 Anand Viswanathan 2736 14,5 0,5 2712 245,5 11 2844 60,8 $100,000
19 Wang Hao 2737 14 0 2716 249,5 11 2832 53 $45,000
2 Aronian Levon 2863 14 0 2685 239 10 2794 -30,4 $45,000
5 Ding Liren 2837 13,5 0 2722 251,5 10 2812 -9,6 $22,416.67
23 Petrosian Tigran L. 2705 13,5 0 2710 251 10 2803 57,2 $22,416.67
25 Yu Yangyi 2701 13,5 0 2708 251 10 2803 59 $22,416.67
13 Korobov Anton 2760 13,5 0 2707 248,5 10 2799 24,8 $22,416.67
12 Mamedyarov Shakhriyar 2770 13,5 0 2697 242,5 10 2783 12,2 $22,416.67
9 Svidler Peter 2797 13,5 0 2692 247 10 2784 -3,8 $22,416.67
4 Vachier-Lagrave Maxime 2853 13 0 2747 264 10 2822 -14,4 $7,214
21 Grischuk Alexander 2725 13 0 2689 246,5 10 2767 24 $7,214
66 Savchenko Boris 2619 13 0 2686 245,5 11 2731 79,6 $7,214
32 Melkumyan Hrant 2686 13 0 2655 238 10 2727 24,4 $7,214
11 Le Quang Liem 2771 13 0 2654 232 11 2731 -21 $7,214
17 Mamedov Rauf 2755 13 0 2625 223,5 10 2701 -29 $7,214
38 Adly Ahmed 2678 13 0 2599 216,5 11 2672 -0,8 $7,214

(*abzüglich 20% für die FIDE; die gesamte Tabelle findet ihr hier.)

Nana Dzagnidze erspielte am zweiten Tag 8 von 10 möglichen Punkten und sicherte sich damit den Damentitel. Hier ist ihre siegreiche Partie gegen die Schnellschach-Weltmeisterin Ju Wenjun, die übrigends exakt dasselbe Ergebnis wie Anand erzielte: Gold im Schnellschach und Bronze im Blitz.

Dzagnidze vs Ju Wenjun

Dzagnidze gegen Ju Wenjun. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Dzagnidze spricht mit Nastja Karlovich.

Pia Cramling konnte ihre gestrige Leistung nicht wiederholen und erreichte am zweiten Turniertag nur 4 von 10 möglichen Punkten. Irgendwann war ihr Tank völlig leer und sie verlor ihre letzten drei Partien in Folge.

Die Russin Valentina Gunina gewann dank 5 Siegen in den letzten 5 Partien Silber und damit ein Preisgeld von $32,000 ($40,000 minus 20% für die FIDE) — für eine Damenkonkurrenz ein außergewöhnlich hoher Scheck.

Hier ist eine Kostprobe ihres Könnens:

Ushenina vs Gunina in Riyadh

Dieser glückliche Sieg erhöhte das Preisgeld von Gunina um $12,000. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

2017 Damen Blitzschach Weltmeisterschaft | Abschlußtabelle (12.5 Punkte und mehr)

Platz Gesetzt Land Titel Name ELO Punkte TB1 TB2 TB3 TB4 Preisgeld*
1 12 GM Dzagnidze Nana 2453 16,5 0 2431 253 10 $80,000
2 3 GM Gunina Valentina 2543 16 0 2426 255 11 $40,000
3 2 GM Ju Wenjun 2548 14 1 2406 249,5 10 $20,500
4 1 GM Lagno Kateryna 2619 14 0 2449 260,5 10 $20,500
5 53 GM Cramling Pia 2326 13,5 0 2428 257 10 $10,000
6 4 GM Tan Zhongyi 2543 13,5 0 2427 252 10 $10,000
7 6 GM Kosteniuk Alexandra 2526 13,5 0 2413 254,5 10 $10,000
8 19 IM Abdumalik Zhansaya 2417 13,5 0 2395 252,5 11 $10,000
9 36 WGM Kulon Klaudia 2361 13,5 0 2361 245,5 11 $10,000
10 93 WGM Mammadzada Gunay 2037 13 0 2448 260 10 $4875
11 11 GM Ushenina Anna 2457 13 0 2379 246,5 10 $4875
12 28 GM Zhukova Natalia 2372 13 0 2326 221 11 $4875
13 16 GM Danielian Elina 2429 13 0 2251 208 11 $4875
14 14 WGM Goryachkina Aleksandra 2440 12,5 0 2400 241 10 $1950
15 24 IM Javakhishvili Lela 2395 12,5 0 2396 230 10 $1950
16 10 GM Lei Tingjie 2461 12,5 0 2393 251 11 $1950
17 9 IM Paehtz Elisabeth 2467 12,5 0 2358 231 11 $1950
18 20 GM Khotenashvili Bela 2412 12,5 0 2320 221,5 11 $1950
19 17 GM Hoang Thanh Trang 2422 12,5 0 2307 216 10 $1950

(*abzüglich 20% für die FIDE; die gesamte Tabelle findet ihr hier.)

Games via TWIC.

Vidit, Sethuraman, Anand, Adhiban, Petrosian

Anand unterhält sich mit Petrosian, Vidit, Sethuraman und Adhiban. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Sethuraman, Anand, Adhiban

Ja, der Inder kann wirklich witzig sein. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Trophies, World Rapid and Blitz

Die Siegerpokale der beiden Turnier für Herren und Damen. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Wollt ihr sehen wie diese Pokale hergestellt wurden? Dann seht euch das Video an.

Ju Wenjun, World Rapid Champion

Ju Wenjun, die neue Schnellschach Weltmeisterin. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Anand receiving his gold medal

Anand bekommt die Goldmedaille für seinen Gewinn der Schnellschach Weltmeisterschaft überreicht. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Nana Dzagnizde wins World Blitz

Nana Dzagnidze gewann den Blitz-Pokal bei den Damen. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Anand, Carlsen, Karjakin in Riyadh

Carlsen und seine beiden letzten Herausforderer um die Weltmeisterschafts. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Magnus Carlsen, World Blitz Champion

Carlsen mit dem Pokal..... und Blumen. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Anand, Carlsen, Ju, Dzagnidze

Ein Gruppenfoto aller Weltmeister zusammen mit Georgios Makropoulos von der FIDE und dem Geschäftsmann, Rennfahrer und Rennstallbesitzer Abdulaziz bin Turki Al Saud. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Die Blitz-Weltmeisterschaft fand am 29. und 30. Dezember in Riad, Saudi-Arabien statt. Gespielt wurden 21 Runden nach Schweizer System. Das Preisgeld betrug $750,000 bei den Herren und $250,000 bei den Damen.


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Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms. Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools. Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013. As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

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