Carlsen gewinnt die Champions Chess Tour
Nachdem sich Weltmeister Magnus Carlsen den mit $100.000 dotierten ersten Platz des Meltwater Champions Chess Tour Finals bereits zwei Runden vor Turnierende gesichert hatte, richteten sich am letzten Turniertag alle Augen auf den Kampf um den mit $60.000 dotierten Platz 2, den schließlich Teimour Radjabov gewinnen konnte.
Levon Aronian wurde Dritter und dufte sich über $40,000 freuen. Wesley So hat vielleicht den größten Grund zur Enttäuschung: Fast das gesamte Turnier duellierte er sich mit Magnus Carlsen um den Turniersieg, aber am Ende ging ihm die Luft aus und er fiel auf den vierten Platz zurück.
In der letzten Runde standen folgende Paarungen auf dem Programm: Jan-Krzysztof Duda gegen Hikaru Nakamura, Vladislav Artemiev gegen Anish Giri, Maxime Vachier-Lagrave gegen Radjabov, Shakhriyar Mamedyarov gegen Aronian und Carlsen gegen So.
Alle Partien des Champions Chess Tour Finals findet Ihr hier auf unserer Live Events Plattform.
Abschlusstabelle
# | Land | Spieler | Elo | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | Punkte | Bonus | Gesamt |
1 | Magnus Carlsen | 2855 | 0 | 0 | 3 | 3 | 0 | 2 | 2 | 3 | 2 | 15 | 16.5 | 31.5 | ||
2 | Teimour Radjabov | 2763 | 3 | 3 | 3 | 1 | 1 | 1 | 3 | 3 | 3 | 21 | 6 | 27 | ||
3 | Levon Aronian | 2782 | 3 | 0 | 3 | 0 | 3 | 3 | 1 | 0 | 3 | 16 | 8 | 24 | ||
4 | Wesley So | 2778 | 0 | 0 | 0 | 1 | 3 | 2 | 0 | 2 | 3 | 11 | 12.5 | 23.5 | ||
5 | Hikaru Nakamura | 2736 | 0 | 2 | 3 | 2 | 2 | 1 | 2 | 3 | 2 | 17 | 4 | 21 | ||
6 | Vladislav Artemiev | 2699 | 3 | 2 | 0 | 0 | 1 | 3 | 2 | 0 | 3 | 14 | 3.5 | 17.5 | ||
7 | Anish Giri | 2777 | 1 | 2 | 0 | 1 | 2 | 0 | 3 | 0 | 0 | 9 | 5.5 | 14.5 | ||
8 | Maxime Vachier-Lagrave | 2763 | 1 | 0 | 2 | 3 | 1 | 1 | 0 | 3 | 0 | 11 | 2.5 | 13.5 | ||
9 | Jan-Krzysztof Duda | 2756 | 0 | 0 | 3 | 1 | 0 | 3 | 3 | 0 | 2 | 12 | 0 | 12 | ||
10 | Shakhriyar Mamedyarov | 2762 | 1 | 0 | 0 | 0 | 1 | 0 | 3 | 3 | 1 | 9 | 0.5 | 9.5 |
Duda-Nakamura
Dies war ein sehr unterhaltsames Duell, denn es brauchte nur vier Partien, um den Sieger zu ermitteln. Und keine einzige endete Remis!
In der ersten Partie spielte Nakamura mit Schwarz eine sehr solide Variante des abgelehnten Damengambits. Der polnische Großmeister brachte seine Figuren auf den Königsflügel und hatte eine aussichtsreiche Stellung, verrechnete sich dann aber offenbar bei einem Turmopfer. Nakamura verwandelte seinen Vorteil gekonnt.
In der nächsten Partie spielte Nakamura eine sehr ruhige e2-e3-Variante gegen die Königsindische Verteidigung und geriet schnell in einen mächtigen Angriff am Königsflügel. Er konnte zwar Dudas Dame auf der h-Linie fangen, aber zwei Türme und eine Leichtfigur waren für Nakamuras Dame zu viel des Guten. 1:1
Die dritte Runde war für den jungen Polen eine einzige Katastrophe. Er verging sich früh an einem eher verdächtigen Bauern und geriet sofort danach unter großen Druck, da die schwarzen Figuren deutlich besser entwickelt waren. Er hatte nie eine Chance, und wieder ging der Amerikaner in Führung. 2:1
In der letzten Schnellschachpartie wählte Duda die französische Verteidigung, worauf Nakamura mit 2.Dh5? reagierte. Vielleicht war dem amerikanischen Streaming-Superstar zu diesem Zeitpunkt der Spaß wichtiger. Duda hatte einen großen Vorteil, aber dann hat er die Stellung falsch gehandhabt und musste zusehen, wie sie nach und nach auseinanderfiel. Endstand: 3:1
Artemiev-Giri
Insgesamt waren die ersten drei Partien dieses Duells recht solide und ausgeglichen. An manchen Stellen drängte eine der beiden Parteien, aber niemand gewann oder gewann fast, und die drei Remis sahen nach einem fairen Ergebnis aus.
In der vierten Runde wählte Artemiev dann eine seltene – aber neuerdings trendige! – Variante gegen den Katalanen. Der russische Großmeister stand zunächst unter Druck, fand dann aber einen tollen Trick, der es ihm ermöglichte, in einer Stellung mit vielen offenen Linien mit Turm und zwei Freibauern gegen zwei Figuren zu spielen. Er ließ die Bauern ziemlich mühelos über das Brett laufen und es hieß Spiel, Satz und Sieg für Artemiev.
MVL-Radjabov
In der ersten Partie sahen wir ein ziemlich ausgeglichenes Berliner Endspiel. Irgendwann stand Radjabov zwar mit Schwarz etwas besser, aber Weiß war nie wirklich in Gefahr und daher schien ein Remis ein vernünftiges Ergebnis zu sein.
In der zweiten Partie wählte Vachier-Lagrave jedoch die Ragosin-Verteidigung im abgelehnten Damengambit und im 15. Zug war Schwarz bereits in Schwierigkeiten:
In der nächsten Partie konnte der Franzose in einem Berliner Endspiel etwas Druck ausüben, hätte aber dann ein Remis erzwingen müssen. Obwohl er aber einen ganzen Turm weniger hatte (!) verzichtete er auf ein Dauerschach und Radjabov erzielte einen weiteren Sieg. Damit hat der Aserbaidschaner sechs Duelle in Folge gewonnen und ein Turnier, in das er einen schwierigen Start hatte, auf dem zweiten Platz beendet. Eine wirklich fantastische Leistung!
Mamedyarov-Aronian
Die erste Partie war ein scharfes abgelehntes Damengambit, bei dem der aserbaidschanische Star zuerst einen Bauern verlor, ihn zurückbekam, aber dann in einer sehr unangenehme Fesselung auf der d-Linie geriet... dies führte bald zu entscheidenden materiellen Verlusten und Aronian übernahm die Führung.
In der zweiten Runde entstand eine sehr interessante Bauernstruktur, in der zeitweise zwei Läufer gegen zwei Springer spielten. Schon bald öffnete sich die Stellung und Aronian hatte einen Läufer gegen einen Springer und einen viel aktiveren König. Mit präzisem Spiel hielt Schwarz den Gegner jedoch eine Weile in Schach. Im Turmendspiel schien dann ein Remis durchaus im Bereich des Möglichen zu liegen, aber Mamedyarov fand nicht die genauesten Züge und seine Stellung brach auseinander. 2:0 für Aronian!
In der dritten Partie wiederholten die Spieler die gleiche Variante wie in Runde eins. Mamedyarov wich zwar ab, war aber bald völlig verloren. Armeniens Nummer eins suchte nur nach Vereinfachungen, tauschte und sicherte sich das Remis, das ihm zum Gesamtsieg genügte. Ein toller Abschluss für Levon Aronian!
Carlsen-So
Der Weltmeister hatte die Tour bereits vor dieser Runde gewonnen, während der amerikanische Großmeister noch um den zweiten Platz in der Gesamtwertung kämpfte. In Runde eins setzte Carlsen seine Eröffnungsexperimente fort (erinnert Ihr Euch an 1.e4 Sc6 in der achten Runde?) und begann das Duell mit 1.b3, gefolgt von einem Doppel-Fianchetto. Danach war er die gesamte Partie am Drücker und konnte sie am Ende gewinnen.
In der zweiten Partie spielte der Norweger erneut 1.e4 Sc6 und stand unter großem Druck, konnte aber einen halben Punkt retten.
In der dritten Partie wurde 1.b3 mit 1...b6 beantwortet, aber Carlsen bekam wieder einen Vorteil mit Weiß und nutzte diesen Vorteil überzeugend. Die Partie war im 25. Zug vorbei und Carlsen gewann das Duell mit 2,5-0,5 und Wesley So fiel sogar auf den vierten Platz der Gesamtwertung zurück.
Nach dem Sieg setzte Magnus den folgenden Tweet ab:
Alle Partien der 9. Runde
Das mit $300.000 dotierte Meltwater Champions Chess Tour Finale fand vom 25. September bis zum 4. Oktober 2021 auf chess24 statt. Das Format war ein Rundenturnier für 10 Spieler, wobei die Spieler in jeder Runde ein Schnellschach-Match, bestehend aus vier Partien spielten. Die Bedenkzeit betrug 15 Minuten für die gesamte Partie plus 10 Sekunden pro Zug.
Weitere Berichte von diesem Turnier (alle auf Englisch):
- Champions Chess Tour Finals Day 8: Radjabov Moves To 2nd Place
- Champions Chess Tour Finals Day 7: Carlsen Loses But Wins Series
- Champions Chess Tour Finals Day 6: Carlsen Reinforces His Lead
- Champions Chess Tour Finals Day 5: Carlsen Recovers
- Champions Chess Tour Finals Day 4: Artemiev Shines
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- Champions Chess Tour Finals Day 2: Carlsen, MVL Perfect
- Champions Chess Tour Finals Day 1: Carlsen Impressive In Opener