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Chess.com stellt Antrag auf Abweisung der Klage von Hans Niemann
Hans Niemann. Foto: Lennart Ootes/Saint Louis Chess Club.

Chess.com stellt Antrag auf Abweisung der Klage von Hans Niemann

PeterDoggers
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Chess.com hat beim Eastern Missouri District Court formell beantragt, die Verleumdungsklage von GM Hans Niemann abzuweisen. Der am 2. Dezember 2022 eingereichte Antrag auf Abweisung behauptet, dass die Klage "nur ein PR-Gag wäre".

Die Antwort von Chess.com auf Niemanns Klage kommt 43 Tage, nachdem diese von Niemanns Anwälten vor Gericht eingereicht wurde. In ihrem Antrag präsentieren die Anwälte von Chess.com eine Reihe von Argumenten, warum das Gericht die Klage nicht zulassen sollte.

Neben Chess.com hatte Niemann auch die Großmeister Magnus Carlsen und Hikaru Nakamura, und Play Magnus Gruppe und IM Danny Rensch verklagt und fordert hundert Millionen US-Dollar Schadenersatz. Gegen alle fünf Partien erhebt Niemann Vorwürfe wegen Verleumdung und übler Nachrede, Verstoß gegen das Kartellrecht nach dem Sherman Act, unerlaubter Einflussnahme in Vertrags- und Geschäftserwartungen sowie gemeinschaftliche Verschwörung.

Die Anwälte von Chess.com behaupten, dass alle fünf Elemente von Niemanns Beschwerde "eindeutig unbegründet" seien und beziehen sich in einem 27-seitigen Antrag auf Abweisung auf 71 frühere Fälle. Eigentlich darf ein solcher Antrag 15 Seiten nicht überschreiten, aber da der Antrag von Chess.com und Carlsen gemeinsam eingereicht wurde, wurde er vom zuständigen Gericht zugelassen.

Chess.com befasst sich zunächst mit Niemanns Versuch, eine bundesstaatliche Kartellklage nach dem Sherman Act geltend zu machen. Niemann behauptet in seiner Klage, dass er in seinen Möglichkeiten, seinen Lebensunterhalt durch Schachturniere, Einladungen und andere Geschäftsmöglichkeiten zu verdienen, unangemessen eingeschränkt war, weil Chess.com, PlayMagnus, Carlsen, Nakamura und Rensch "gemeinsam versuchten, Niemann auf eine schwarze Liste der globalen Schachindustrie zu setzen."

In dem Antrag erklären die Anwälte von Chess.com, Niemann habe es versäumt, die Existenz einer Verschwörung oder eines gemeinsamen Boykotts angemessen nachzuweisen und dass es nie eine Verletzung des Kartellrechts und auch keinerlei Absprachen zwischen den beklagten Parteien gegeben habe.

Niemanns Behauptungen wegen Verleumdung und übler Nachrede, unerlaubter Einmischung und Verschwörung sind laut Chess.com-Anwälten "unbegründet" und dürfen nicht zugelassen werden, weil sie laut dem Anti-SLAPP Gesetz des Bundesstaats Connecticuts verboten sind. Dieses Gesetz erlaubt es Angeklagten, einen Sonderantrag auf Abweisung zu stellen, wenn eine Beschwerde ihr Recht auf freie Meinungsäußerung, ihr Petitionsrechts oder ihr Recht auf Verteidigung gemäß der Verfassung der USA oder Connecticuts einschränken würde.

Der Antrag von Chess.com stellt fest, dass eine ähnliche Verteidigung von Carlsens Anwälten vorgebracht wurde, die behaupteten, dass das Anti-SLAPP-Gesetz von Connecticut alle Ansprüche von Niemanns Klage ausschließe, weil die Bundesgerichte von Missouri in solchen Fällen das Recht der Gerichtsbarkeit anwenden, in dem der Kläger seinen Wohnort hat (in diesem Fall Connecticut). Unter Berufung auf die Klage Fuqua Homes, Inc. gegen Beattie (2004) argumentiert Chess.com, dass sich Connecticut an das Urteil dieses Verfahrens halten muss.

Sollte das Gericht Chess.com und Carlsen hier widersprechen und Connecticuts Anti-SLAPP-Statut für irrelevant halten, argumentieren die Anwälte von Chess.com, dass Niemanns Verleumdungsansprüche auch nach dem Gesetz von Missouri scheitern würden. Ihrer Ansicht nach setzen die Vorwürfe voraus, dass der Angeklagte eine diffamierende Äußerung veröffentlicht haben muss, die "klagefähig", also "wissentlich falsch" ist. Wenn eine verleumderische Äußerung über eine Person des öffentlichen Lebens getroffen wird, verlangt der erste Zusatzartikel zur US-Verfassung vom Kläger außerdem, nachzuweisen, dass die Äußerung in böswilliger Absicht getroffen wurde. Laut Chess.com war keine ihrer Aussagen objektiv falsch. Sie sind Meinungen und demonstrieren keine böswillige Absicht.

Auch Niemanns Klage wegen unerlaubter Einflussnahme ist laut Chess.com unbegründet. Er hatte argumentiert, dass sein geplantes Match gegen den jungen deutschen Großmeister Vincent Keymer aufgrund von Aktionen von Chess.com, PlayMagnus, Carlsen, Nakamura und Rensch abgesagt und die Verhandlungen mit dem Tata Steel Schachturnier abrupt beendet wurden. Chess.com gibt an, dass Niemann "keine Beweise bezüglich Chess.coms Kenntnis seiner Verhandlungen mit dem Tata Steel Turnier oder einem geplanten Match mit Keymer vorgelegt habe".

Schließlich scheitert laut Chess.com auch Niemanns eigenständige Behauptung wegen gemeinschaftlicher Verschwörung, weil "sie von seinen anderen Behauptungen abgeleitet ist" und weil Niemann keine Absprache der Angeklagten belegen kann".

Wie es jetzt weitergehen wird, ist noch nicht klar. Niemanns Anwälte haben die Möglichkeit, auf diesen Antrag zu antworten, aber wenn sie dies tun, hat Chess.com die Möglichkeit, wieder selbst eine Antwort einzureichen. Das Gericht wird sich dann wahrscheinlich in einer mündlichen Verhandlung mit der Angelegenheit befassen, bevor es eine Entscheidung trifft. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels ist unklar, ob auch andere Angeklagte einen Antrag auf Abweisung gestellt haben.

Hier ist der Antrag im Original:


Vor kurzem standen übrigens auch Stockfish und Chessbase in München vor Gericht:

PeterDoggers
Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms. Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools. Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013. As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

Peter's first book The Chess Revolution is out now!

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