News
Das Tata Steel Turnier führt neue Tiebreak-Regeln ein
Anish Giri (links) und Jorden van Foreest spielten 2021 in einem Playoff um den Turniersieg. Foto: Jurriaan Hoefsmit/Tata Steel Chess.

Das Tata Steel Turnier führt neue Tiebreak-Regeln ein

PeterDoggers
| 1 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Nach der letztjährigen Kontroverse in Wijk aan Zee hat das Tata Steel Turnier heute neue Regeln für den Fall eines Punktegleichstands bekannt gegeben. Die größte Änderung besteht darin, dass, wenn mehr als zwei Spieler punktgleich sind, alle ein Playoff spielen.

So könnt Ihr das Turnier live verfolgen:
Alle Partien findet Ihr hier: Masters | Challengers. Chess.com überträgt das Turnier auch mit Live-Bildern und Kommentaren von Experten auf Chess.com/TV, Twitch und YouTube.
Chess.com's Tata Steel Chess broadcast


Die Kontroverse um das Playoff ist eine negative Erinnerung an ein ansonsten wunderbar organisiertes 83. Tata Steel Chess-Turnier in Zeiten der Pandemie 2021. Das Ergebnis war, dass Jorden van Foreest das Turnier im Playoff gegen seinen Landsmann Anish Giri gewonnen hat, während Alireza Firouzja das Turnier verärgert verlassen hatte.

Ein Grund dafür war, dass das Playoff schon gespielt wurde, als der französisch-iranische Großmeister nur wenige Meter entfernt noch seine letzte Partie spielte. Noch wichtiger war, dass ihn die Schiedsrichter störten, als sie ihm und seinem Gegner Radoslaw Wojtaszek anboten, an einen anderen Tisch zu wechseln, der weiter vom Playoff entfernt war und er seine Gewinnstellung verspielte. Der Hauptschiedsrichter veröffentlichte später auf Chess.com einen offenen Brief, in dem er schilderte, was genau passiert war.

Firouzja war natürlich ebenfalls nicht erfreut gewesen, dass er auf diese Weise erfahren hatte, dass er selbst nach einem Sieg über Wojtaszek nicht für das Playoff qualifiziert gewesen wäre, weil die beiden Holländer dann die bessere Feinwertung gehabt hätten und sich nur die beiden Spieler mit der besten Feinwertung für das Playoff qualifizierten.

Arbiter Votruba suggests to Firouzja to move to another table. Image: still from Chess.com live broadcast.
Die Schiedrichter sprechen mit Firouzja. Bild: Standbild aus der Chess.com Live-Übertragung.

Kurz nach dem Turnier drückten die Organisatoren von Tata Steel ihr Bedauern aus und gaben weitere Erklärungen zu ihrem Umgang mit der Playoff-Situation an diesem letzten Tag ab. Diese Erklärung kam nach einer Lawine heftiger Reaktionen in Foren und in den sozialen Medien.

Die Organisatoren gaben zu, dass die Situation "Firouzja unbeabsichtigt gestört hat" und beteuerten, sie würden "die Durchführung eines Playoffs sorgfältig überdenken, um zu verhindern, dass sich eine solche Situation in Zukunft wiederholt".

Heute wurde das Ergebnis dieser Überlegungen veröffentlicht. Zum einen wollen die Organisatoren "fliegende Figuren", wie sie in mehreren Armageddon-Partien zu sehen waren, vermeiden. Die größte Änderung besteht jedoch darin, dass jetzt alle punktgleichen Spieler für ein Playoff qualifiziert sind.

Abgesehen von den Geschehnissen im letzten Jahr könnte dabei auch die Kontroverse bei der Schnellschach-WM im Dezember eine Rolle gespielt haben. Dort hatten sich ja weder Magnus Carlsen noch Fabiano Caruana—beide spielen in diesem Jahr in Wijk aan Zee—für das Playoff qualifiziert, obwohl sie mit dem späteren Gewinner Nodirbek Abdusattorov und seinem Finalgegner Ian Nepomniachtchi punktgleich waren.

Abgesehen davon, dass diesmal alle punktgleichen Spieler ein Playoff spielen sollen, sind dies die anderen bemerkenswerten Punkte aus den neuen Tiebreak-Regeln:

  • Die Armageddon Partie wurde abgeschafft. Sollten zwei Spieler am Ende des Turniers punktgleich auf dem ersten Platz liegen, spielen sie zuerst zwei Blitzpartien mit einer Bedenkzeit von 3+2. Sollte es nach diesen beiden Partien 1:1 stehen, wird so lange weitergespielt, bis ein Spieler eine Partie gewonnen hat (das entspricht praktisch der "Sudden Death" Regel vom Eishockey).
  • Interessanterweise beträgt die Bedenkzeit bei diesen "Sudden Death" Partien 2.5 Minuten +2 für Weiß und 3 Minuten +2 für Schwarz, Dass Spieler in einer "Nicht-Armageddon-Partie" mit unterschiedlichen Bedenkzeiten starten, ist ein Novum im Schach.
  • Sollten sich drei Spieler für das Playoff qualifizieren, spielen diese 3 Spieler ein Rundenturnier. Dies wiederholt sich so lange, bis entweder ein Spieler das Rundenturnier gewinnt oder bis es zwei Spieler punktgleich auf dem ersten Platz beenden. In letzterem Fall wird das Playoff dann wie im letzten Punkt erklärt, fortgesetzt.
  • Sollten sich vier Spieler für das Playoff qualifizieren, werden zuerst zwei Halbfinals und danach ein Finale nach den oben genannten Kriterien gespielt.
  • Sollten sich fünf oder mehr Spieler für das Playoff qualifizieren, wird ein Rundenturnier gespielt, aus den alle Spieler ausscheiden, die nicht den ersten Platz belegen. Danach wird nach den oben genannten Regeln weitergespielt.
  • Unabhängig vom Ausgang des Playoffs wird das Preisgeld unter allen Spielern zu gleichen Teilen aufgeteilt, d. h. das Playoff wird nur gespielt, um den Turniersieger zu ermitteln.
  • Die Playoff-Partien werden im Turniersaal ausgetragen und beginnen erst, wenn alle Partien der beiden Hauptturniere (also Masters und Challenger) beendet sind. Andernfalls wird ein alternativer Saal verwendet, damit die Spieler, die die verbleibenden Partien spielen, nicht gestört werden.

Nach dem Statement der Organisatoren im letzten Jahr kommentierte Firouzja in einem Online-Stream: "Die Tatsache, dass sie verstanden haben, dass sie einen großen Fehler gemacht haben, ist gut. Ich bin froh, dass sie gesagt haben, dass es nie wieder passieren wird, denn im Allgemeinen war es ein tolles Turnier."

Leider konnten sich die Organisatoren nicht mit Firouzja einigen, so dass wir kein Aufeinandertreffen zwischen dem Weltmeister und der sensationellen neuen Nummer 2 der Welt zu sehen bekommen werden. In der Dezember-Ausgabe des Magazins des niederländischen Schachverbands gab Tata Steel-Turnierdirektor Jeroen van den Berg einige Details zu den Verhandlungen bekannt:

"Ich habe Firouzja, der von seinem Vater gemanagt wird, ziemlich kurz nach dem letzten Turnier eingeladen, aber ich habe keine Antwort bekommen und sie sind sehr schwer zu erreichen", sagte Van den Berg. "Dann sprach ich mit den beiden in Stavanger [während des Norway Chess Turniers im September - PD] und sie wollten mir nach dem FIDE Chess.com Grand Swiss eine Antwort geben. Ich sagte, ich müsste es sofort wissen und dann sie sagten mir, sie seien immer noch wütend und verlangten einen sehr hohen Betrag. Einen Betrag, den ich mir nicht leisten konnte."

Chess.com hat Firouzjas Vater um einen Kommentar gebeten, aber wir haben leider noch keine Antwort erhalten.

Aber auch ohne Firouzja darf man sich auf die 84. Ausgabe des Turniers freuen, denn es spielt wieder ein herausragendes Feld. Neben Carlsen, Caruana, Giri und Titelverteidiger Van Foreest bekommen wir im Master-Turnier auch Shakhriyar Mamedyarov, Richard Rapport, Jan-Krzysztof Duda, Sergey Karjakin, Vidit Gujrathi, Daniil Dubov, Andrey Esipenko, Sam Shankland, Nils Grandelius und Praggnanandhaa R. zu sehen.

Alle Infos zum Tata Steel Turnier findet Ihr hier:

PeterDoggers
Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms. Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools. Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013. As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

Peter's first book The Chess Revolution is out now!

Company Contact and News Accreditation: 

Email: [email protected] FOR SUPPORT PLEASE USE chess.com/support!
Phone: 1 (800) 318-2827
Address: 877 E 1200 S #970397, Orem, UT 84097

Mehr von PeterDoggers
Vachier-Lagrave erreicht Grand Final der Division I. Carlsen und Nepomniachtchi treffen erneut aufeinander

Vachier-Lagrave erreicht Grand Final der Division I. Carlsen und Nepomniachtchi treffen erneut aufeinander

Niemann sichert Gelder für 1-Millionen-Dollar-Buy-In-Turnier

Niemann sichert Gelder für 1-Millionen-Dollar-Buy-In-Turnier