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EILMELDUNG: Karjakin ist für 6 Monate gesperrt und verpasst das Kandidatenturnier
Sergey Karjakin. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

EILMELDUNG: Karjakin ist für 6 Monate gesperrt und verpasst das Kandidatenturnier

PeterDoggers
| 15 | Schachspieler

Die Ethik- und Disziplinarkommission der FIDE (EDC) hat Sergey Karjakin für sechs Monate von der Teilnahme bei allen FIDE-Turnieren ausgeschlossen. Der 32-jährige russische Großmeister, der ein glühender Anhänger des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist, wurde damit für seine jüngsten Äußerungen in den sozialen Medien bestraft und wird auch beim diesjährigen FIDE-Kandidatenturnier fehlen.

Die Kammer erster Instanz der FIDE-Ethik- und Disziplinarkommission (EDC), gebildet aus Yolander Persaud (Guyana), Ravindra Dongre (Indien) und Johan Sigeman (Schweden) als Vorsitzenden, entschied einstimmig, dass Karjakin gegen Artikel 2.2.10 des FIDE-Ethikkodex verstoßen hat. Die Sanktion ist ein sechsmonatiges, weltweites Verbot, als Spieler an Elo-gewerteten Schachturnieren teilzunehmen. Das Verbot tritt am 21. März 2022 in Kraft.

Der spezifische Artikel des Ethikkodex lautet wie folgt:

"(…) Disziplinarmaßnahmen gemäß diesem Ethikkodex werden bei Vorkommnissen ergriffen, die dazu führen, dass der Schachsport, die FIDE oder ihre Verbände in einem ungerechtfertigten ungünstigen Licht erscheinen und auf diese Weise ihrem Ansehen schadet."

In einem 10-seitigen Dokument (hier als PDF) schreiben die Mitglieder der Ethik- und Disziplinarkommission:

Die Äußerungen von Sergey Karjakin zum andauernden militärischen Konflikt in der Ukraine haben zu einer beträchtlichen Anzahl von Reaktionen in den sozialen Medien und anderswo geführt, die größtenteils negativ gegenüber den von Sergey Karjakin geäußerten Meinungen waren. (...)

Die notwendige Bedingung für die Feststellung seiner Schuld ist, dass diese Äußerungen öffentlich getätigt worden sind. Dieses Konzept betrifft nur den Sport, den der Angeklagte betreibt, also in diesem Fall Schach, und nicht die Welt im Allgemeinen. Informationen über das Verhalten des Angeklagten, die nicht in den Medien veröffentlicht wurden, aber gegenüber Personen, die in der Schachwelt oder einem relevanten Teil davon tätig sind und ohne großen Aufwand in Erfahrung gebracht werden können, gelten als öffentlich zugänglich und erfüllen ebenfalls das Element der öffentlichen Berichterstattung. Die EDC-Kammer ist der Meinung, dass diese Bedingung in diesem Fall erfüllt ist.

Die EDC-Kammer stellt vor dem oben dargelegten Hintergrund fest, dass die Äußerungen von Sergey Karjakin, die nach eigener Wahl und Darstellung mit dem Schachsport in Verbindung gebracht werden können, dem Ansehen des Schachs und/oder der FIDE schaden. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass diese Äußerungen dem Ruf von Sergey Karjakin persönlich schaden, ist groß.

Karjakin hätte die Entscheidung innerhalb von drei Wochen bei der Berufungskammer des EDC anfechten können, entschied sich aber bereits dagegen.

Karjakin, der in Simferopol auf der Halbinsel Krim geboren wurde und 2009 den Verband von der Ukraine nach Russland wechselte, gewann 2016 das FIDE-Kandidatenturnier. Anfang März entschieden sich die Turniere Norway Chess und London Chess Classic sowie die Grand Chess Tour, Karjakin nicht mehr zu ihren Turnieren einzuladen, da er weiterhin Russlands Kriegsführung in der Ukraine unterstützt.

Karjakins Reaktion

Kurz nachdem die Nachricht bekannt wurde, gab Karjakin auf seinem Telgram Konto die folgende Reaktion ab:

Eine erwartete, aber deshalb nicht weniger beschämende Entscheidung der FIDE. Alle im Sport üblichen Auswahlkriterien sind mit Füßen getreten worden. Das Grundprinzip, Sport nicht mit Politik zu vermischen, ist mit Füßen getreten worden.

Ich habe mich durch das härteste Auswahlverfahren für das Kandidatenturnier qualifiziert. Wenn ich es gewinnen würde, würde ich um die Weltmeisterschaft spielen können. Leider hat die FIDE aber jetzt nicht mich, sondern sich selbst blamiert. Und jetzt können wir alle sehen, dass die internationalen Sportfunktionäre, die in den letzten Jahren russische Olympioniken mit oder ohne Beweise gesperrt haben, auch den Schachsport, der bis jetzt immer weit von dieser Gesetzlosigkeit entfernt war, erreicht haben.

Am wichtigsten ist aber, dass ich erstens ein Patriot meines Landes und erst zweitens ein Athlet bin. Wenn ich noch einmal vor der Wahl stehen würde, ob ich den Präsidenten Russlands, das Volk und die Armee unterstützen sollte, dann würde ich genau dasselbe wieder tun. Ich bereue nichts.

Vielen Dank an meine Fans aus der ganzen Welt, von denen ich eine Menge Unterstützung erhalte! Das Leben wird sicherlich alles an seinen Platz bringen.

Shipov wird nicht sanktioniert

GM Sergei Shipov, ein bekannter russischer Schachkommentator und ebenfalls ein Unterstützer der russischen Regierung im Krieg, wurde nicht sanktioniert. Die Kommissionsmitglieder erklärten:

Im Vergleich zu Sergey Karjakin ist Sergei Shipov weit weniger bekannt und hat daher eine deutlich weniger große Plattform. Auch die Äußerungen von Sergei Shipov haben auch einen etwas anderen und weniger provokativen Charakter als die von Karjakin. In einer Gesamtbewertung der möglichen negativen Auswirkungen auf das Schachspiel und/oder die FIDE ist die EDC-Kammer nicht hinreichend davon überzeugt, dass die Äußerungen von Sergei Shipov als Verstoß gegen Artikel 2.2.10 gelten.

Ding Liren

Dass Karjakin das FIDE Kandidatenturnier (16. Juni bis 7. Juli 2022 in Madrid, Spanien) verpasst, eröffnet Ding Liren, der aktuellen Nummer drei der Weltrangliste, der aufgrund von Visaproblemen nicht am FIDE Grand Prix teilnehmen konnte, eine unerwartete Chance, beim Kandidatenturnier spielen zu können. Das Reglement (hier als PDF) sieht folgendes vor:

2.3 Falls ein Ersatz benötigt wird, wird der bestbewertete Spieler in der FIDE-Elorangliste vom Mai 2022 eingeladen, vorausgesetzt, er/sie hat im Zeitraum von Juni 2021 bis Mai 2022 mindestens 30 gewertete Partien gespielt.

Jetzt steht Ding jedoch vor dem Problem, dass er in diesem Zeitraum nur vier gewertete Partien gespielt hat und daher bis Mai 26 weitere Partien spielen müsste.

PeterDoggers
Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms. Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools. Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013. As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

Peter's first book The Chess Revolution is out now!

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