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FIDE Grand Prix Berlin Finale Tag 2: Die Entscheidung fällt im Playoff
Auch die zweite Partie zwischen Aronian und Nakamura endete Remis. Foto: WorldChess.

FIDE Grand Prix Berlin Finale Tag 2: Die Entscheidung fällt im Playoff

VSaravanan
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Die zweite Partie zwischen Levon Aronian und Hikaru Nakamura endete nach nur 29 Zügen nach einer dreifachen Stellungswiederholung. Damit wird der FIDE Grand Prix in Berlin erst am Donnerstag, dem 17. Februar, mit einem Schnellschach-Playoff entschieden.

Was nach einer komplexen italienischen Eröffnung ein packender Kampf im Mittelspiel zu werden versprach, verpuffte schnell, nachdem Aronian freiwillig einen Bauern am Damenflügel aufgegeben hatte und keine bessere Kompensation finden konnte, als Nakamuras Dame auf dem Brett herumzujagen und schließlich eine dreifache Stellungswiederholung zu erzwingen. Nakamura bewies mit Schwarz erneut Einfallsreichtum und fand mit seiner zentralen Bauernstruktur im Mittelspiel eine kreative Verteidigung, die sich als unangenehm hätte erweisen können.

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Hier seht Ihr die Aufzeichnung der Übertragung der zweiten Finalpartie:

Schon vor Beginn der zweiten Partie des Finales stand eine wichtige Frage im Raum: Wer wäre, falls die Partie Remis enden würde, in einem Playoff der Favorit? Die Frage war deshalb wichtig, da die Antwort der entscheidende Faktor für Aronians Strategie in dieser zweiten Partie sein musste.

Obwohl Aronians Elo im klassischen gesunde 36 Punkte höher ist als die von Nakamura, ist sein Schnellschach- und Blitzrating (2719 bzw. 2773) viel niedriger als das seines Kontrahenten (2823 bzw. 2850). Aber wenn man das Online-Pandemieschach, in dem sich Nakamura als ein wahres Monster etabliert hat, außer Acht lässt und nur die Schnellschach- und Blitzweltmeisterschaft 2021 in Warschau in Betracht zieht, lässt sich kein großer Unterschied feststellen. Die Frage war, ob dieses einzelne Turnier die relativen Stärken der beiden Spieler konkret bestimmt hatte.

Aronian sieht sich die Stellung "von oben" an. Foto: WorldChess.

Abgesehen von solchen hypothetischen Zukunftsfragen bestand aber kein Zweifel daran, dass Aronian versuchen würde, die zweite Partie mit Weiß mit aller Kraft zu gewinnen. Nakamuras 1.e4 e5 war ebenfalls keine Überraschung, aber mit der italienischen Eröffnung umging Aronian aber die spanische Eröffnung, die allgemein als die Lieblingseröffnung von Nakamura gilt. Danach verlief die Partie in bekannten Gewässern und trotzdem gab es eine kleine Überraschung. Anders als in den meisten seiner Partien bei diesem Event war Aronian in der Eröffnungsphase nicht im Blitzmodus, sondern beide Spieler spielten die ersten Züge etwa gleich schnell. Es war denn der 12. Zug, bei dem Aronian eine wichtige Entscheidung treffen musste und fast acht Minuten lang darüber nachdachte:

12.a5 ist einer dieser entscheidenden Züge, die den Fortgang der Partie bestimmen. Zum Beispiel würde Weiß nach einer solchen Festlegung des Damenflügels nach dem Vorstoß d3-d4, gefolgt von einem gegenseitigen Bauerntausch auf e5, immer besser stehen.


Für die Finalisten ist es ein langes Turnier. Foto: WorldChess.

Die nächsten Züge verlief die Partie wie eine Art Stellungskrieg und im 15. Zug entschied sich Nakamura nach über 30 Minuten Nachdenken für 15...Dc7:

Daniil Dubov sagte über diesen Zug auf der offiziellen World Chess Webseite: "15...Dc7 ist irgendwie ein Abwartezug. Eigentlich ist er logisch, aber wenn Du so spielst, wirst Du oft leiden. Abwarten bedeutet sehr oft leiden!"

Aber dies war der entscheidende Moment der Partie, in dem Nakamura seinen erstaunlichen Einfallsreichtum zeigte:

Chess.com game of the day

Dubov war voll des Lobes für Nakamuras Spiel: „...Sehr, sehr beeindruckende Verteidigung von Naka. Er war nach der Eröffnung an klar überspielt, aber er hat es sehr, sehr gut gehandhabt... Du kannst Hikaru nur schlagen, wenn Du sehr gut spielst. Er ist nicht der Typ, der einfach aufgibt – man muss alles tun, um ihn zu schlagen."

You can only beat Hikaru by playing very well. He is not the guy who will just give it up.

—GM Daniil Dubov

Bei der Analyse von 17...c5 und 18...Lg4 hob Daniel Naroditsky Nakamuras Kampfgeist hervor: "Mir hat wirklich gefallen, wie Hikaru damit kreativ, aber auch positionell vernünftig umgegangen ist. ...c5 sieht schlecht aus. Der Zug scheint das Feld d5 und den Bauern auf d6 zu schwächen. Wir hatten erwartet, dass er mit ...Ld7 und ...Lc6 weitermachen würde, aber stattdessen wählt er den Zug 18...Lg4 und erzwingt einen Tausch und im Grunde entsteht dann eine Stellung mit gutem Springer gegen schlechten Läufer…"

Nakamura zeigte eine beeindruckende Verteidigung. Foto: WorldChess.

Nakamura selbst erklärte nach der Partie, wie er mit solch schwierigen Situationen am Brett umgeht: "Levon dachte, dass er besser, sogar viel besser steht. Ich dachte nur, entweder geht es mir gut oder ich verliere eine Partie. Wenn Du solche eine Einstellung hast, ist es im Grunde sehr einfach. Du versuchst, Züge zu spielen – Du machst Dir keine Sorgen über Drohungen - es ist ganz einfach."

... Either I am completely fine or I am losing a game. When you have such an attitude, basically it's very easy.

—GM Hikaru Nakamura

Dubov hat eine klare Vorstellung davon, was Aronian im Playoff erwartet: "Nakamura ist im Schnellschach und Blitz der beste Verteidiger der Welt. Du kannst den Kerl einfach nicht töten. Er weiß, wie man verteidigt. Er weiß, wie man leidet. Selbst wenn Du eine gewonnene Stellung hast, musst Du noch viele gute Züge finden, um zu gewinnen."

Auf die Frage, was er über das Playoff am Donnerstag denkt, zeigte sich Aronian wie gewohnt gelassen: "Wir sind hier, um uns und die Öffentlichkeit zu begeistern. Mal sehen, wie es läuft."

We are here to excite ourselves and the public. Let's see how it goes.

—GM Levon Aronian.

Turnierbaum

Playoff Format

Per Los wurde bestimmt, dass Nakamura in der ersten Schnellschach-Partie Weiß hat.

Der FIDE Grand Prix Berlin ist das erste von drei Turnieren. Es findet vom 4. bis zum 17. Februar statt. Die Partien beginnen jeden Tag um 15.00 Uhr.


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