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FIDE Grand Prix Berlin Playoffs: Dominguez und Rapport qualifizieren sich fürs Halbfinale
Leinier Dominguez gewann das Playoff gegen seinen Landsmann Wesley So. Foto: WorldChess.

FIDE Grand Prix Berlin Playoffs: Dominguez und Rapport qualifizieren sich fürs Halbfinale

VSaravanan
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Leinier Dominguez und Richard Rapport konnten ihre Playoffs gegen Wesley So und Radoslaw Wojtaszek mit jeweils 1.5 : 0.5 gewinnen und stehen dadurch im Halbfinale des FIDE Grand Prix in Berlin.

Ironischerweise hatten beide Großmeister in der Gruppenphase mit der klassischen Bedenkzeit gegen genau dieselben Gegner verloren. Eine weitere Gemeinsamkeit, die sich Wojtaszek und So teilen, war, dass beide vor der letzten Runde der Gruppenphase ihre Gruppen anführten und in der letzten Partie klar vorteilhafte Stellungen auf dem Brett hatten. Und nur weil sie beide nicht gewinnen konnten, mussten sie überhaupt in den Playoffs antreten.

Rapport und Dominguez werden am Samstag, dem 12. Februar und am Sonntag, dem 13. Februar gegen Hikaru Nakamura und Levon Aronian ein Mini-Duell über 2 Partien um den Einzug ins Finale spielen.

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Alle Partien des FIDE Grand Prix findet Ihr auf unserer Event-Seite. Die deutschsprachigen Übertragungen mit Kommentaren von IM Elisabeth Pähtz und IM Steve Berger findet Ihr auf Twitch, YouTube, ChessTV und Chess.com/Events. Die englischsprachige Übertragung auf unserem YouTube-Kanal Chess.com Live.
Hier seht Ihr eine Aufzeichnung der Übertragung der Playoffs:


Die Playoff-Partien wurden mit einer Bedenkzeit vom 15 + 10 gespielt. Sollte ein Duell nach zwei Partien weiterhin Unentschieden stehen, würde die Bedenkzeit weiter verkürzt werden.

Ein Spieler, der bereits im Halbfinale steht, ließ das Playoff allerdings ein Playoff sein und sah sich lieber berühmte historische Wahrzeichen Berlins an:


Rapport-Wojtaszek

Rapport hatte zwar in allen Bedenkzeiten ein besseres Rating als Wojtaszek, aber der Pole hatte in Berlin ein großartiges Turnier gespielt und seine Gruppe vom ersten bis zum vorletzten Spieltag angeführt. Und das, obwohl er erst in letzter Minute für Ding Liren eingesprungen war. 

Es war aber auch ein Aufeinandertreffen zweier Spieler mit grundverschiedenen Spielstilen. Rapport sucht immer nach dynamischen Möglichkeiten auf dem Brett und verwendet ein taktisch geprägtes Eröffnungsrepertoire, während Wojtaszek ein durch und durch logischer Spieler mit einem soliden, strategischen Spielstil ist.

Wojtaszek-Rapport. Ein Aufeinandertreffen zweier unterschiedlicher Persönlichkeiten und Spielstile. Foto: WorldChess.

Somit war es keine große Überraschung, dass Rapport in der ersten Partie mit Schwarz die Königsindische Verteidigung wählte. Die Stellung war die längst Zeit ausgeglichen, aber es war offensichtlich, dass Rapport ständig nach Möglichkeiten suchte, taktische Komplikationen zu schaffen. Er spielte aber auch schneller und konnte deshalb auch auf der Uhr etwas Druck ausüben:

Es gab Phasen in der Partie, in denen Rapport die Züge, die seinem Stil und seinen Vorlieben entsprechen, spielen konnte, während es Wojtaszek nicht gelungen war, die Partie strategisch zu kontrollieren. Dies und die Handhabung der Uhr machten in der ersten Partie den Unterschied.

Nachdem er die erste Partie mit Schwarz gewonnen hatte, konnte Rapport die zweite Partie mit Weiß kontrollieren und ohne viel Aufhebens ein Remis halten. Er tauschte regelmäßig Figuren und steuerte die Partie auf ein ausgeglichenes Endspiel zu. Am Ende hatte trotz eines Minusbauerns eine Festung:

So endete dieses Playoff mit einem überraschend klaren 1.5 : 0.5 zugunsten von Rapport, der mit seiner Leistung verständlicherweise zufrieden war und betonte, dass er die Playoffs nur mit sehr viel Glück erreicht und sein Gegner schlichtweg Pech gehabt hatte: "Ich hatte unbeschreibliches Glück, dass ich heute überhaupt spielen konnte. Radek hätte die Gruppenphase eigentlich schon eine Runde vor Schluss gewinnen sollen oder so. In der letzten Runde hatte er auch eine gewonnene Stellung und ich stand gegen Oparin irgendwann sogar auf Verlust. Also habe ich es irgendwie hierher geschafft und am Ende der ersten Partie, als er nur noch sehr wenig Zeit hatte, ist er in dieses Mattnetz gestolpert, was äußerst unglücklich war."

Richard Rapport - offene Geständnisse. Foto: WorldChess.

Auf die Frage nach seinen Chancen gegen seinen Halbfinalgegner Nakamura war Rapport offen: "Ich habe noch nicht allzu oft gegen ihn gespielt, aber diese wenigen Begegnungen waren ziemlich schmerzhaft. Ich habe gegen ihn eine Bilanz von Minus 2 oder so und mein bisheriges Spiel hier war bestenfalls wackelig. Ich bin wirklich erschöpft von diesem Tiebreak und ich stand ja bereits in der gestrigen Partie unter Siegzwang. Das alles fordert seinen Tribut. Aber ich denke, das Böse macht niemals Pause!

...I guess there is no rest for the wicked!

—GM Richard Rapport

So-Dominguez

Trotz der Stärke seines Gegners und der Tatsache, dass er erst am letzten Tag der Gruppenphase mit So gleichziehen und dieses Playoff erzwingen konnte, konnte Dominguez verdient mit 1.5 : 0.5 gewinnen. In der ersten Partie holte er mit Schwarz ein Remis und die zweite Partie konnte er mit Weiß überzeugend gewinnen.

So-Dominguez. Ähnlicher Stil, ähnliche Stärke und beides Amerikaner. Foto: WorldChess.

Der Sieg von Dominguez in der zweiten Partie war eine echte Revanche, denn in der klassischen Partie hatte er gegen So in der gleichen Eröffnung uns sogar aus einer ähnlichen Stellung heraus verloren.

Chess.com game of the day

Nach dem Spiel enthüllte So offen seine Herangehensweise an dieses Playoff: "Ich wußte, dass heute alles passieren kann. Es war eine 50:50-Chance. Leinier ist in der Eröffnung sehr gefährlich, also habe ich mich nicht wirklich darauf vorbereitet. Ich habe mich entschieden, was auch immer zu spielen."

Als er über die entscheidende zweite Partie sprach, gestand So: "Ich bin mir nicht sicher, wo ich den Fehler gemacht habe. Aber die Stellung wurde ziemlich schwierig – meine Bauernstruktur war sehr anfällig. Ich dachte, ich hätte ein paar Stiche, aber am Ende Ich habe diesen Zug 32.Kh1 verpasst. Tja, so ist das Leben!"

...Yeah, life happens!

—GM Wesley So

Dominguez war wie üblich die Ruhe selbst und sagte über den gleichen entscheidenden Moment: "Nachdem ich dieses 32.Kh1 gefunden hatte, denke ich, dass ich es verdient habe, mich zu qualifizieren. Weil es so ein schwieriger Zug war! Ich habe ihn erst im letzten Moment gesehen, als ich nur noch ein paar Sekunden auf der Uhr hatte."

So antwortete darauf sportlich mit einem Lächeln: "Leinier hatte 10 Sekunden auf der Uhr und schon fast seinen Turm berührt und ich habe gebetet, dass er seinen Turm berühren würde!"

Als Dominguez über sein bevorstehendes Duell gegen Aronian sprach, war er vorsichtig: "Das ist natürlich ein sehr guter Gegner, aber das sollte man in dieser Phase des Turniers erwarten. Levon ist ein sehr starker Spieler und es ist immer eine Herausforderung, gegen ihn zu spielen. Ich muss mich aber jetzt erst etwas beruhigen, weil es sich ein bisschen surreal anfühlt, nachdem ich die klassische Partie gegen Wesley verloren habe. Ich hatte gedacht, dass ich am Samstag nach Hause fliegen würde. Ich habe zwar ein Comeback geschafft, aber es hat auch viel Energie gekostet. Also werde ich jetzt versuchen, mich etwas auszuruhen und das ganze sacken zu lassen und dann werde ich mal über das Duell gegen Aronian nachdenken."

Mit seiner charakteristischen Art, die Dinge einfach zu halten, veröffentlichte Dominguez nach dem Sieg einen seiner seltenen Tweets:

Ergebnisse



Alle Playoff Partien

Der FIDE Grand Prix Berlin ist das erste von drei Turnieren. Es findet vom 4. bis zum 17. Februar statt. Die Partien beginnen jeden Tag um 15.00 Uhr.


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