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FIDE WM Partie 7: Ein selbstbewusster Carlsen hält problemlos Remis

FIDE WM Partie 7: Ein selbstbewusster Carlsen hält problemlos Remis

PeterDoggers
| 0 | Chess.com Nachrichten

Die siebte Partie der FIDE Schachweltmeisterschaft 2021 dauerte nur etwas mehr als zweieinhalb Stunden und endete mit einem Remis. Magnus Carlsen wiederholte seine 8...Tb8 Variante gegen Ian Nepomniachtchi's 8.a4 Anti-Marshall und konnte schnell ausgleichen. Danach sahen Experten und Fans eine wenig ehrgeizige Partie des Herausforderers. Die nächste Partie beginnt am Sonntag um 13.30 Uhr.

So könnt Ihr die FIDE Schachweltmeisterschaft live ansehen

Chess.com hat sich die Übertragungsrechte für die WM 2021 gesichert und wird jede Sekunde der Weltmeisterschaft in vielen Sprachen übertragen.

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  • Und für die deutschsprachige Übertragung auf ChessTV, Twitch und YouTube haben wir IM Steve Berger und WIM Fiona Steil-Antoni engagiert. Die beiden werden Euch die Züge von Carlsen und Nepo genau erklären und Euch mit Hintergrundinformationen versorgen.

 

Dass auf die längste Partie der WM-Geschichte ein kurzes Remis folgte, war keine große Überraschung. Die sechste Partie war eine sehr ermüdende Angelegenheit und die Spieler hatten nicht so viel Schlaf bekommen, wie sie es gewohnt waren und so war ein "Halbruhetag" für sie (und vielleicht auch für die anwesenden Journalisten) durchaus in Ordnung.

Nepo-Carlsen game 7 Dubai 2021
Der Handschlag vor der siebten Partie. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Tatsächlich betonte Nepomniachtchi auf der Pressekonferenz, dass sie gestern bis nach Mitternacht gespielt hatten: "Es war eine ganz neue Erfahrung, zwei Partien am selben Tag zu spielen. Irgendwie dachte ich, dass das bei einer Weltmeisterschaft ein bisschen anders geregelt sein sollte, als bei einigen offenen Turnieren, aber wenn wir so spät anfangen, kann der Schuss auch plötzlich nach hinten losgehen."

Auf die Frage eines norwegischen Reporters, ob dies eine Kritik an den Organisatoren wäre, antwortete der russische Großmeister: "Ehrlich gesagt habe ich vor der WM nie darüber nachgedacht. Aber jetzt stellt sich eben heraus, dass bei dieser siebenstündigen Bedenkzeit eine Partie auch erst nach Mitternacht beendet sein kann. Ich denke, das kam für alle irgendwie unerwartet."

Auf die Frage, ob er genug Schlaf bekommen habe, antwortete Nepo: "Nun, da ich natürlich ein paar Stunden später als sonst ins Hotel zurückkam, war es weniger Schlaf als normal, aber ich meine, im Allgemeinen, wenn du so müde bist, kannst du natürlich gut schlafen."

Die Partien beginnen um 16:30 Uhr Ortszeit, was in der Tat etwas später, als bei Schachveranstaltungen üblich ist. Normalerweise beginnen die Partien um 14:00 oder 15:00 Uhr. David Llada, Marketingchef und Pressesprecher der FIDE, sagte dazu zu Chess.com: "Wir fanden, dass das eine gute Uhrzeit ist, damit die Partien auf der ganzen Welt gesehen werden können - und auch die Spieler waren damit einverstanden, etwas später als gewöhnlich zu spielen."

Nepo-Carlsen game 7 Dubai 2021
Nepomniachtchi entschied sich wieder für 1.e4. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Die vierte Weißpartie für Nepomniachtchi war auch die vierte mit der Anti-Marshall-Variante in der spanischen Eröffnung, die dritte mit 8.a4 und die zweite mit 8...Tb8.

Chess.com-Kommentator Fabiano Caruana, der in der Übertragung enthüllte, dass er auch 8.a4 beabsichtigt hatte, falls Carlsen 2018 den Marshall-Angriff gespielt hätte, war überrascht, wieder 8...Tb8 zu sehen, da es andere Varianten gibt, die "für Schwarz bequem ausgleichen."

Obwohl er in der fünften Partie einen leichten Vorteil erzielen konnte, war es Nepomniachtchi der abwich und damit Carlsen nicht einmal die Chance gab, sein früheres Spiel zu verbessern. Diesmal entschied sich der Russe für 10.d3 statt 10.c3 und das hatte die klare Idee, den Springer auf c3 anstatt auf d2 zu platzieren, was er dann auch schnell in die Tat umsetzte.

Die Stellung nach 13...Lf8.

In der Diagrammstellung entschied sich Nepomniachtchi nach 13 Minuten Bedenkzeit, den Springer auf f6 zu tauschen, was eine ziemlich unerwartete Entscheidung war. Chess.com-Kommentator Robert Hess sagte, dass es sich "überhaupt nicht notwendig" anfühlte, da Schwarz sowieso nicht auf d5 schlagen wird. Später am Tag, als Carlsen das leichte Remis errungen hatte, formulierte es Hess noch deutlicher: "Grenzwertig unverzeihlich".

Auf der Pressekonferenz sagte Nepomniachtchi zu seiner Eröffnungsstrategie: "Im Grunde war es das Gleiche wie bei den anderen Partien mit Weiß. Ich versuchte einfach etwas aus der Eröffnung herauszuholen. Ich meine, grob gesagt hatte Weiß einen kleinen Vorteil. Aber noch einmal. In diesen symmetrischen Strukturen, obwohl ich die Kontrolle über die a-Linie hatte, sind die Vorteile sehr klein.

Ian Nepomniachtchi press conference Dubai
Nepomniachtchi: Der Vorteil von Weiß war sehr klein. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Carlsen sagte, er hatte heute in der Eröffnung keine Bedenken: "Nein, es war das Übliche. Weiß steht natürlich ein kleines bisschen besser, aber solange man keinen klaren Weg sieht, den Vorteil zu erhöhen, wird er normalerweise verpuffen."

Diese "Verpuffung" setzte im zweiten Schlüsselmoment ein, der nur ein paar Züge später kam. Als Nepomniachtchi mit 17.d4 das Zentrum öffnete und Carlsen auf d4 schlug. Nepo dachte dann sieben Minuten über seinen nächsten Zug nach und spielte das natürliche 18.cxd4, aber das ließ den Rest seines Vorteils verpuffen.

Der Zug des Tages: 18.cxd4
In einer Partie, in der keiner der Spieler ernsthafte Fehler machte, konzentrierten sich die Kommentatoren auf den 18. Zug als den Moment, in dem Weiß mehr hätte drücken können. Obwohl die Engine behauptet, 18.cxd4 sei am besten, kommentierte Caruana in der Coinbase Recap nach der Partie: "Ich verstehe den Zug… Aber ich verstehe nicht die Eile, mit der er ausgeführt wurde… Magnus’ Züge kamen sehr natürlich." Dies war zwar kein Fehler, aber 18.Sxd4!? hätte ein größeres Ungleichgewicht geschaffen und wahrscheinlich zu einer komplizierteren Stellung geführt. 18.cxd4 war ein guter Zug, führte aber auch zu einem schnellen Remis. Mit der neuen, revolutionären Partieanalyse von Chess.com könnt Ihr die Schlüsselmomente dieser Partie selbst überprüfen und erhaltet Erklärungen des virtuellen Trainers. Ihr könnt sogar die Fehler wiederholen und Eure eigenen Varianten ausprobieren.
Chess Carlsen Nepo


Obwohl Nepomniachtchi seinen 18. Zug erst nach sieben Minuten Bedenkzeit ausgeführt hatte, waren sich Caruana und auch Hou Yifan, die inzwischen zu unserer Show gekommen war, einig, dass dieser Zug ein weiteres Beispiel dafür zu sein schien, dass der Herausforderer in wichtigen Momenten möglicherweise zu schnell spielte. Wenn das stimmt, bedeutet dies, dass Nepomniachtchis bisher größtes Problem darin besteht, nicht mit einer der wenigen Schwächen fertig zu werden, die er vor der WM hatte.

Unser Kommentator Sam Shankland ging mit Nepomniachtchi milder ins Gericht und sagte über den Moment, in dem er mit 21.e5 das Remis erzwang: "Ich denke, das zeigt eine gewisse Reife von Nepo. Unmittelbar nach einer Niederlage zuzugeben, dass man mit Weiß nichts erreicht hat und dem Gegner praktisch ein einfaches Remis zu schenken und am nächsten Tag wieder Schwarz zu spielen ist zwar eine schwierige Entscheidung, aber es ist viel besser, als in eine weitere schlechte Stellung zu geraten. Und genau das war hier die Alternative."

It's a lot better to do this than to get another bad position, which was the other option.
—Sam Shankland

Chess.com Game Of The Day Collection

Zwischenstand

Land Name Elo 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 Punkte
Magnus Carlsen 2855 ½ .½ ½ ½ ½ 1 ½ . . . . . . . 4
Ian Nepomniachtchi 2782 ½ ½ ½ ½ ½ 0 ½ . . . . . . . 3

Vier Partien mit Weiß, vier Anti-Marshalls, vier Remis. Auf die Frage, ob Nepomniachtchi wirklich denkt, dass Carlsen den Marshall-Angriff spielen würde, antwortete er: Auf jeden Fall. Ich denke, der Marshall-Angriff ist im Lauf seiner Karriere eine der stärksten Waffen von Magnus und es ist auch einfach eine sehr anständige, bewährte und feuerfeste Wahl für eine WM.

Und sogar nach dieser Partie scheint Nepomniachtchi mit dem Verlauf seiner Weißpartien zufrieden zu sein: "Ich muss sagen, dass ich aus der Eröffnung viel mehr bekomme, als ich erwartet hatte!"

I must say that I am getting much more than I expected out of the opening!
—Ian Nepomniachtchi

Carlsen wurde gefragt, warum er denkt, dass sein Gegner noch nichts anderes versucht und nicht wie er selbst verschiedene Eröffnungszüge ausprobiert hat. Die Antwort des Weltmeisters gab interessante Einblicke in die unterschiedlichen Herangehensweisen der Spieler:

"Ich würde sagen, im Allgemeinen ist es schwer, aus der Eröffnung einen großen Vorteil zu erzielen. Man könnte es auch andersherum sehen. Ian bekommt objektiv gesehen ständig etwas bessere Stellungen aus der Eröffnung und wie viel kann man wirklich erwarten? Ich schätze, wir sind beide mit dem Ergebnis der Eröffnungen relativ zufrieden."

"Ich würde sagen, dass wir in dieser Hinsicht etwas unterschiedliche Ansätze haben. Er spielt Eröffnungen, bei denen es nicht so einfach ist, leichten Druck auszuüben. Er versucht immer seine Probleme mit Schwarz mit Gewalt zu lösen und das ist einer der Gründe, warum es schwierig ist, immer auf den gleichen Punkt zu hämmern."

Game 7 press conference chess world championship 2021
Die Pressekonferenz mit Gastgeber Maurice Ashley. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

In der Post-Game-Show von Chess.com nahm unser Ehrengast Levon Aronian kein Blatt vor den Mund, als er über die Strategie von Team Nepo sprach:

"Ich denke, heute geht es nicht so sehr um Ian, sondern mehr um sein Team, denn ich denke, nachdem man eine solche Partie verloren hat, sollte man sich definitiv etwas Ernsthaftes einfallen lassen und den Gegner vor eine Herausforderung stellen. Magnus macht ja nicht unbedingt das, was wir von ihm erwarten. Er spielt nichts Verrücktes, sondern strebt immer die passive spanische Eröffnung an. Daher könnte sich Nepos Team etwas Besseres einfallen lassen. Bisher sehe ich, dass er schöne Stellungen aus der Eröffnung herausholt, die dann aber sehr schnell neutralisiert werden."

"Ich meine damit aber gar nicht die Eröffnungsspezialisten oder die Trainer. Ich meine mehr die Psychologen. Du hast Weiß, du hast nicht ewig Zeit und du solltest zurückschlagen. Daher ist es wichtig, dass er psychologisch darauf eingestimmt wird, dass er keine langsame Partie mit 13.Sd5, 15.c3 und dergleichen spielt. Das überrascht mich und das ist wirklich ein echtes Problem. Eine Partie mit Schwarz zu verlieren ist möglich. Du spielst gegen den besten Spieler der Welt. Du kannst eine Partie verlieren. Aber dann musst du zurückkommen und deinem Gegner Probleme bereiten. Das habe ich in dem Match von Ian bisher noch nicht gesehen."

You have to come back to pose problems. I haven't seen this in the match from Ian so far.
—Levon Aronian

Nepomniachtchi game 7 Dubai
Aronian denkt, Nepomniachtchi hätte mehr versuchen sollen. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Die Weltmeisterschaft ist nun zur Hälfte vorbei und Carlsen hat kleinen Vorsprung. Nepomniachtchi kommentierte auf der Pressekonferenz: "Es läuft nicht so gut, weil ich im Allgemeinen einige vielversprechende Stellungen hatte und ich glaube auch, dass gestern eine Art Sonnenfinsternis war, die mich daran hinderte, zweimal hintereinander den Bauern auf b4 zu schlagen.  Ich glaube, die gestrige Partie war von beiden Seiten ziemlich schlecht, besonders während der Zeitnotphasen. Aber ansonsten läuft die WM ganz vernünftig und ist sehr hart umkämpft."

Die heutige Partie sah Nepo nicht als verpasste Chance an und sagte: "Heute war sicherlich keine verpasste Chance, denke ich, für keinen von uns. Es war eine sehr ausgeglichene Partie und ich glaube, sie war einfach ... langweilig!"

I believe it was just... boring!
—Ian Nepomniachtchi

Carlsen war mit dem Ergebnis erwartungsgemäß zufrieden und sagte: "Ja, das ist in Ordnung. Ich erinnere mich offensichtlich an meine erste WM gegen Vishy [Anand], in der ich die fünfte Partie gewinnen konnte und dann in der sechsten zunächst ausgleichen konnte und am Ende wieder gewann. Also hatte ich ein bisschen gehofft, dass wir hier ein ähnliches Szenario erleben könnten, aber ein Remis ist natürlich auch ein sehr gutes Ergebnis.

Auf eine Anschlussfrage fügte er hinzu: "Mit dem gestrigen Ergebnis läuft es natürlich ganz gut. Aber es ist noch ein langer Weg. Es ist ja erste die Hälfte der Weltmeisterschaft gespielt. Ich liege aber in Führung, also ist alles gut."

Magnus Carlsen smiling
Carlsen: "Ich liege in Führung, also ist alles gut." Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Carlsens Antwort auf die letzte Frage der Pressekonferenz war nett: Welche historische WM hätte er gerne als Zuschauer miterlebt? Er antwortete: "Auf jeden Fall eine eng umkämpfte. Wahrscheinlich Kasparov-Karpov in Sevilla, dicht gefolgt von Aljechin-Capablancs in Buenos Aires. Die waren großartig! Sehr eng umkämpft, mit großartigen Ideen zwischen den eindeutig besten Spielern ihrer Zeit."

 


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Weitere Berichte von der WM:

PeterDoggers
Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms. Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools. Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013. As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

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