Firouzja gewinnt das FIDE Chess.com Grand Swiss vor Caruana

Alireza Firouzja hat das FIDE Chess.com Grand Swiss Turnier in Riga gewonnen. Nachdem in der letzten Runde alle wichtigen Partien Remis geendet waren, hatte der Youngster als einziger Spieler 8 Punkte auf seinem Konto und hat sich damit, gemeinsam mit dem zweitplatzierten Fabiano Caruana für das Kandidatenturnier 2022 qualifiziert.

Die nächstplatzierten Grigoriy Oparin, Yu Yangyi, Vincent Keymer, Maxime Vachier-Lagrave, Alexandr Predke und Alexei Shirov haben sich für den FIDE Grand Prix 2022 qualifiziert.

Lei Tingjie, die bereit seit gestern als Siegerin des Damenturniers feststand, remisierte ihre letzte Partie und beendet das Turnier ungeschlagen und mit 9 von 11 möglichen Punkten. Den zweiten Platz teilen sich WGM Zhu Jiner und IM Elisabeth Pähtz, die sich durch ihren Sieg in der letzten Runde auch eine GM-Norm sicherte.

Das lange Turnier, das trotz eines Lockdowns in Lettland erfolgreich ausgetragen wurde, ging am Sonntag zu Ende. Die FIDE war ein gewisses Risiko eingegangen, als sie die Veranstaltung nicht absagte, aber wie man so schön sagt: Ende gut - alles gut. Am letzten Tag hielt die Spannung viele Stunden lang an, insbesondere im Zusammenhang mit dem zweiten Startplatz für das Kandidatenturnier, aber nachdem alle Partien an den ersten 13 Brettern remis geendet waren, war die Entscheidung gefallen.

Bei der Partie Oparin gegen Firouzja an Brett eins wussten wir, dass sich mindestens einer der beiden Spieler für das Kandidatenturnier qualifizieren würde und dass Firouzja dafür nur ein Remis benötigte. Dieses Ergebnis war auch wahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass sich Oparin wahrscheinlich einen Startplatz im FIDE Grand Prix sichern wollte, für den sich sechs Spieler qualifizieren würden. Ein ziemlich ruhiger Anti-Berliner endete nach 28 Zügen.

"Das war eine sehr heikle Situation", sagte Firouzja. "Ich hatte natürlich im Hinterkopf, dass ich bei einem Remis 100%ig qualifiziert bin. Ich glaube aber, dass die wichtigste Partie in diesem Turnier gestern war. Heute war ich ziemlich zuversichtlich, und er ging wegen der Grand-Prix-Qualifikation auch nicht volles Risiko."

Zu diesem Zeitpunkt hätte Caruana das Turnier immer noch gewinnen können, aber das Remis bedeutete, dass sich Firouzja für das Kandidatenturnier 2022 qualifiziert hatte. Mit 18 Jahren ist er aber nicht der jüngste Kandidat aller Zeiten, denn Bobby Fischer war erst 15 Jahre alt, als er sich für das Kandidatenturnier 1958 qualifiziert hatte. Sollte er aber gewinnen, wäre er der jüngste WM-Herausforderer aller Zeiten.

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"Es fühlt sich großartig an", begann Firouzja sein Interview, nachdem sein Turnier vorbei war. "Es war ein sehr langes Turnier. Als ich hierher kam, dachte ich, meine Chancen wären sehr gering, weil die Spieler hier sehr erfahren sind und ich mich nicht als großen Anwärter auf den Turniersieg sah. Okay, in Bezug auf die Elo war ich einer der Favoriten, aber im Allgemeinen sind diese Turniere sehr schwierig und ich bin froh, dass es so gut endete."

I didn't see myself as a big contender.
—Alireza Firouzja

Auf die Frage, was er Anfängern, die mit dem Spiel beginnen wollen, raten würde, gab Firouzja eine schöne Antwort: "Schach ist für mich einfach nur ein Spiel mit dem ich nie aufhören kann. Wenn man mit Schach anfängt, ist es um einen geschehen. Man sollte den ganzen Weg gehen und auch wenn man kein Profi wird, wird man jeden Tag an Schach denken. Es ist ein sehr schönes Spiel und es ist sehr gut für die psychische Gesundheit. Schach ist einfach nur großartig."

Wie sich herausstellte, hat er keinen Lieblingsspieler: "Ich versuche von allen 16 Weltmeistern zu lernen. Sie sind alle großartig. Aber einen bestimmten Lieblingsspieler habe ich nicht."

Chess for me is always a game I can never quit.
—Alireza Firouzja

Die nächste wichtige Partie, die zu Ende ging, war Yu gegen Vachier-Lagrave und es war auch eine der interessantesten der letzten Runde. In einem scharfen Najdorf mit Rochaden auf verschiedene Seiten hatte der Chinese seinen Gegner stark unter Druck gesetzt, übersah dann aber eine erstaunliche Taktik (die Idee hinter 29...Df4 seht Ihr in den Anmerkungen), mit der MVL plötzlich alle seine Probleme lösen konnte:

Kurz darauf endete auch die Partie zwischen Caruana und Predke Remis. Ob ihm dieses Remis für den zweiten Platz gereicht hatte, stand aber noch nicht zu 100% fest, denn einige Partien, die für die erste Feinwertung (technisch als Buchholz Minus 1 bezeichnet) relevant waren, waren noch im Gange.

Dass die Partie Yu gegen MVL Remis endete, war für Caruana dann definitiv eine gute Nachricht. "Ich dachte, die gefährlichste Partie war Maxime gegen Yu Yangyi, und irgendwann habe ich mir wegen der beiden große Sorgen gemacht. Ich hatte auf ein Remis gehofft!" sagte Caruana. "Maximes Stellung sah extrem verdächtig aus und gegen Ende fand ich Yu Yangyis Stellung sehr gefährlich."

Seine eigene Partie war ein geschlossener Spanier und Predke spielte einfach extrem gut. "Ich hatte nicht das Gefühl, Chancen gehabt zu haben. Wahrscheinlich stand ich irgendwann sogar etwas schlechter", sagte Caruana. „Er war super gut vorbereitet und diese ganze Variante… Ich wusste zwar irgendwie, dass das möglich ist, aber ich kannte keine Details.

"Nach 21...Sd4 wusste ich nicht, was ich machen sollte. Es ist super scharf. 22.Lb2 fand ich interessant, aber dann kam dieses schöne Db4-Dd2 Manöver und danach stehe ich sicher nicht besser. Ich hatte etwas Angst, dass ich unter Druck geraten könnte, weil er einen Freibauern hat, was sehr gefährlich ist. Aber zumindest hatte ich nie das Gefühl, wirklich in Gefahr zu sein."

"Es war ein hartes Turnier. Es war wirklich hart. Sowohl die Dauer des Turniers als auch die Dauer der Partien", sagte Caruana. "Nachdem ich Firouzja besiegt hatte, fühlte ich mich irgendwie erschöpft. Ich hatte einfach keine Energie mehr. Daher war ich auch froh, dass ich gegen Maxime Remis spielen konnte, weil mein Energielevel jetzt so gut wie Null ist!"

Am Montag wird Caruana, wie viele andere Spieler, aber leider nicht Firouzja, das Lindores Abbey Blitzturnier spielen, das im selben Spiellokal stattfindet. "Weitere Informationen dazu findet Ihr weiter unten). Danach wird Caruana zuerst zurück nach Hause und dann nach Salt Lake City reisen, wo er sich dem Chess.com Kommentatorenteam für die Weltmeisterschaft anschließen wird.

Und so beenden wir die Berichterstattung aus Riga mit der folgenden, nervenaufreibenden Partie von zwei Spielern, die auch sieben Punkte hätten erreichen können, wenn einer von ihnen gewonnen hätte. Aufgrund der Feinwertung hätte das aber keinem der beiden einen Platz im Grand Prix beschert. Laut Großmeister Dejan Bojkov ist es die Partie des Jahres! Also seht sie Euch unbedingt an:

Abschlusstabelle (Top 20)

(Die gesamte Tabelle findet Ihr hier.)

Nachdem sich Lei Tingjie bereits am Samstag den Turniersieg gesichert hatte, war die größte Geschichte des Tages, dass sich Elisabeth Pähtz ihre dritte GM-Norm erspielen konnte. Ihr beiden Normen aus den Jahren 2011 und 2016 müssen aber noch überprüft werden müssen, bevor sicher ist, dass sie die Anforderungen für den GM-Titel erfüllt. Chess.com hat erfahren, dass es mit einer der Normen ein Problem geben könnte und deshalb wollen wir uns besser nicht zu früh freuen.

Wenn sie den Titel bekommt, wird sie die 40. Spielerin der Geschichte sein, die den Großmeistertitel erhält (und alle leben noch). In den Runden neun und zehn hatte sie ihre Chancen auf eine Norm verpasst, doch am Sonntag gelang ihr gegen Bibisara Assaubayeva der lang ersehnte und dringend benötigte Sieg.

"OK, als ich gegen Mariya [Muzychuk] verloren hatte, wurde ich ein bisschen unsicher oder wackelig, denn es war ja in gewisser Weise eine entscheidende Partie und ein Remis hätte mir für die Norm gereicht. Aber eigentlich war mein Hauptziel hier ja mich für den Grand Prix zu qualifizieren und nicht, mir eine Norm zu holen. Im Grunde genommen hatte die Qualifikation für den Grand Prix oberste Priorität", sagte Pähtz.

"Eine Partie wie diese heute bedeutet alles. Wenn du gewinnst, hast Du das Turnier deines Lebens gespielt. Wenn du verlierst, willst du im Grunde genommen auf dein Zimmer gehen und alleine sterben. Bei einem Remis wäre es mehr oder weniger neutral. Aber ich meine, manchmal ist es ziemlich nervenaufreibend, wenn eine einzige Partie über Glück oder Elend entscheidet."

Nach dem Blitzturnier am Montag geht es für viele Spieler, darunter Firouzja und Pähtz, nach Brezice, Slowenien, wo in wenigen Tagen die Mannschafts-Europameisterschaft (Open | Damen) beginnt.

Die Abschlusstabelle der Damen (Top 20)

(Die gesamte Tabelle findet Ihr hier.)

Alle Partien dieses Turniers findet Ihr hier: FIDE Chess.com Grand Swiss | FIDE Chess.com Damen Grand Swiss.

Das FIDE Chess.com Grand Swiss Turnier und das Damen Grand Swiss Turnier fanden vom 27. Oktober bis 7. November 2021 in Riga, Lettland, statt. Das Format ist ein 11-Runden-Turnier nach Schweizer System. Die beiden Erstplatzierten im Open (Firouzja und Caruana) und die Siegerin bei den Damen (Lei Tingjie) qualifizierten sich für die jeweiligen Kandidatenturniere 2022.

Weitere Berichte aus Riga:

• Das FIDE Chess.com Grand Swiss findet trotz eines Lockdowns in Lettland statt
• Runde 1: Caruana und Firjouza unter den Siegern
• Runde 2: Firouzja, Predke und Saric mit 2 aus 2
• Runde 3: Firouzja gewinnt erneut
• Runde 4: Firouzja weiter in Führung
• Runde 5: Najer und Shirov holen Firouzja ein
• Runde 6: MVL und Sasikiran schließen zu den Führenden auf
• Runde 7: Firouzja führt wieder alleine
• Runde 8: Firouzja baut seine Führung aus
• Runde 9: Caruana besiegt Firouzja
• Runde 10: Firouzja übernimmt wieder die Führung