Giri gewinnt das Tata Steel Chess Masters
Anish Giri hat das scheinbar unmögliche geschafft und im 14. Anlauf das Tata Steel Turnier mit einem halben Punkt Vorsprung gewonnen.
In der letzten Runde besiegte er mit Weiß Richard Rapport, während sein Hauptrivale um den Turniersieg, der Usbeke Nodirbek Abdusattorov, ebenfalls mit Weiß gegen Jorden van Foreest verlor.
Vincent Keymer spielte zum Abschluss des Turniers gegen den jungen Inder Gukesh D. und erzielte sein 10. Remis bei diesem Turnier.
Der zweite deutsche Spieler der in Wijk aan Zee am Start war, Alexander Donchenko, stand ja schon seit gestern als Sieger des Challenger-Turniers fest. Heute setze er noch einen drauf und besiegte auch noch den serbischen Großmeister Velimir Ivic. Das war ganz großes Kino von Alex!
Hier ist die Aufzeichnung der Übertragung der letzten Runde:
In der letzten Runde dieses Marathons über 13 Runden hatten noch vier Spieler zumindest noch theoretische Chancen, das Turnier zu gewinnen. Abdusattorov führte das Turnier praktisch von Anfang bis Ende an und ging mit acht Punkten als Führender in den Tag. Einen halben Punkt dahinter folgte Giri und mit einem weiteren halben Punkt Rückstand Wesley So und Magnus Carlsen.
Der Usbeke würde das Turnier gewinnen, wenn er:
- Seine Partie gewinnt
- Remis spielt und Giri nicht gewinnt
- Seine Partie verliert, Giri ebenfalls verliert und weder So noch Carlsen gewinnen.
Carlsen und So hätten aber im letzten dieser drei Szenarios nur ein Playoff erzwungen und auch wenn Abdusattorov Remis spielen und Giri gewinnen sollte, würde ein Playoff zwischen diesen beiden Spielern über den Turniersieg entscheiden.
Dann aber kam alles ganz anders: Eine Kombination aus immensem Druck und Erschöpfung nach zwei Wochen voller Anspannung und geistiger Höchstleistungen sorgte für ein Spektakel: Abdusattorov verlor und Giri gewann und es wäre kein Playoff nötig.
Die Partie Giri-Rapport war eine der beiden Partien, die über den diesjährigen Turniersieg entschieden. Giri ist gegen Rapport in allen Zeitformaten, sowohl Over-the-Board als auch online, ungeschlagen. Von den 14 bisherigen klassischen Partien konnte Giri 3 gewinnen und 11 endeten Remis.
Rapport hatte aber drei seiner letzten fünf Partien bei diesem Event gewonnen und startete voller Selbstvertrauen in die Partie. Ein hart umkämpftes und ausgeglichenes Duell fand ein schockierendes Ende, als der Rumäne im 34. Zug den einzigen Zug spielte, der verliert. Damit war der Traum des Holländers schon zur Hälfte wahr geworden.
Im Interview nach der Partie sagte Giri unter anderem, dass er und Jorden van Foreest der Meinung sind, dass ein gutes Ergebnis in Wijk aan Zee nur vom Gewinn der Weltmeisterschaft getoppt werden kann.
Abdusattorov war zu diesem Zeitpunkt noch mit seiner Partie gegen van Foreest beschäftigt und da der Usbeke in allen 12 bisherigen Partien ungeschlagen geblieben war, sprach vieles dafür, dass der 18-jährige Superstar dieses Jahr den Siegerpokal mit nach Hause nehmen würde.
Was dann passierte, zeigt uns Großmeister Rafael Leitao.
Van Foreest beendete das Turnier zwar "nur" im Mittelfeld, war aber der entscheidende Faktor für den Ausgang des Turniers. Dessen war er sich auch bewusst und sprach im Interview nach der Partie darüber:
In his interview, he stated: "I don't think I had any real chances in this endgame, but he made some, I think, at least practically dubious decisions by giving me this e5-square."
Viele Stunden lang waren die Außenseiterchancen von Carlsen und So auf den ersten Platz kämpften, noch am Leben. Wesley So musste mit Schwarz gegen Praggnanandhaa R antreten, gegen den er interessanterweise, nur 15 Tage nachdem der junge Inder Großmeister geworden war, eine Schnellschachpartie verloren hatte. Die einzige Partie zwischen den beiden im klassischen Schach endete jedoch Remis
So gab zwar sein Bestes um zu gewinnen und opferte schon früh einen Bauern, aber der junge Inder gab den Bauern einfach zurück, tauschte die Damen und neutralisierte alle Drohungen. Der Bewertungsbalken der Engine hatte sich während der gesamten Partie nie weit von 0,00 entfernt. Manchmal kann man mit den schwarzen Steinen eben einfach nicht gewinnen und muss sich mit einem Remis zufriedengeben. So beendete das Turnier mit 7,5 und Praggnanandhaa mit 6 Punkten.
Carlsen und Erigaisi waren sich beim klassischen Over-the-Board-Schach noch nie begegnet. Es war eine schwierige Paarung für den jungen indischen Großmeister, der nach einem soliden Start in das Turnier vier seiner letzten sechs Partien verloren hatte. Carlsen hingegen war in fantastischer Form, denn seit seinem Debakel in den Runden vier und fünf hatte er drei Partien gewonnen und auch in den anderen großartiges Schach gezeigt. Die spannende Partie erreichte ihren Höhepunkt, als Carlsen eine Figur für zwei Bauern opferte und sein anschließender Angriff durchschlug.
Carlsen hat sich durch diesen Sieg auf den geteilten zweiten Platz gekämpft. Im Interview nach der Partie bedauerte ein verpasstes Opfer gegen Praggnanandhaa am Tag zuvor und fügte hinzu: "Für Nodirbek tut es mir Leid. Er hat ja im Grunde genommen das ganze Turnier über geführt" und dann gratulierte er natürlich noch Anish Giri herzlich zu seinem Sieg.
Vor der heutigen Partie hatte Levon Aronian zweimal gegen Maghsoodloo gespielt und führte die Bilanz mit 1.5 zu 0.5 an. Der Amerikaner hatte auch ein solides Turnier mit einem Sieg und 11 Remis gespielt, aber Maghsoodloo, der eine Siegesserie von zwei Partien vorweisen konnte, schien wild entschlossen zu sein, Aronian seine erste Niederlage in diesem Turnier beizubringen. Um es kurz zu machen: Es ist ihm gelungen!
Die Partie Ding Liren gegen Fabiano Caruana war schon nach 19 Zügen beendet. Die dreifachen Stellungswiederholung in einer aktuellen Variante des Ruy Lopez rundete die mäßige Leistung des chinesischen Großmeisters, der bei diesem Turnier 23,4 Punkte und damit auch den zweiten Platz in der Weltrangliste an Ian Nepomniachtchi verloren hat, ab.
Im Interview nach der Partie nannte Caruna, für den es ebenfalls nur ein mittelmäßiges Turnier war, den Grund für das schnelle Remis: "Er hätte mit Lf4 oder b4 weiterspielen können - Ich hatte keine Möglichkeit, die Zugwiederholung zu verhindern."
Ebenfalls Remis endete die Partie zwischen Vincent Keymer und Gukesh und damit muss Vincent den kurzen Weg nach Hause ohne einen Sieg im Gepäck antreten. Im Nachhinein ist das zwar etwas schade, weil der gegen Van Foreest und ganz besonders gegen Abdusattorov riesige Chancen hatte, aber in einem so hochkarätig besetzten Turnier 10 Remis zu holen, ist sicher eine Leistung, auf der man aufbauen kann.
Der rumänische Internationale Meister Adrian Petrisor erklärt uns die wichtigsten Phasen von Vincents letzter Partie in diesem Turnier:
Im Interview nach der Partie zeigte sich Gukesh zufrieden, dass er sich von seinem schlechten Start in das Turnier erholen und in der zweiten Turnierhälfte zwei Partien gewinnen konnte.
Jetzt wollen wir aber noch den tollen Sieg von Alexander Donchenko zeigen. Dass ein Spieler, der ein Turnier bereits gewonnen hat, in der letzten Partie noch einmal Vollgas gibt und auf Sieg spielt, anstatt nach wenigen Zügen Remis zu bieten, ist wirklich alles andere als selbstverständlich:
Nachdem er das Turnier und seine letzten vier Partien gewonnen hatte, kommentierte Donchenko: "Ich will doch kein Remis erzwingen, wenn ich besser stehe. Ich habe einfach weitergespielt und soweit ich das beurteilen kann, hat er im 40. Zug einen Fehler gemacht. Und dann gelang es mir, das Turmendspiel zu gewinnen."
Congratulations to @anishgiri for winning the prestigious #TataSteelChess Masters tournament! 👏
— Chess.com (@chesscom) January 29, 2023
The Dutch hero won an incredible game vs. Rapport, and improves on five previous runner-up finishes by becoming the 2023 champ! 🏆 pic.twitter.com/p4mYPhoHCo
Results - Masters Round 13
Die Abschlusstabelle
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