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Carlsen gewinnt den Julius Baer Generation Cup

Carlsen gewinnt den Julius Baer Generation Cup

NM_Vanessa
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Magnus Carlsen hat beim Julius Bear Generation Cup 2023 das Große Finale gegen Alireza Firouzja gewonnen und sich damit seinen dritten Turniersieg bei der Champions Chess Tour gesichert. Auch wenn beide Spieler nicht in ihrer Bestform waren, kam ihr kämpferischer Charakter zum Vorschein. Firouzja erzielte einen entscheidenden 130-Züge-Sieg, um das Match in die Verlängerung zu bringen und Carlsen schloss das Turnier mit einem Sieg mit Schwarz im Armageddon ab.

In der Gruppe II setzte sich mit Ian Nepomniachtchi ebenfalls der große Favorit durch. Im Finale besiegte er Levon Aronian bereits nach 3 Partien.

In der Gruppe III hatte allerdings der favorisierte Shakhriyar Mamedyarov gegen Sam Sevian das Nachsehen, wobei dem Amerikaner das Kunststück gelang, seinen Gegner aus Aserbaidschan gleich zweimal zu besiegen. 

So haben wir den Julius Baer Generation Cup übertragen:
Wir übertrugen den Julius Baer Generation Cup jeden Tag mit fachkundigen Kommentaren von Steve Berger live und in voller Länge auf Chess.com/TV, Twitch und YouTube.
Alle Partien des Turniers findet Ihr auf unserer Event-Seite.
Hier seht Ihr die Aufzeichnung der Übertragung vom Sonntag:


Division I

Carlsen-Firouzja 3-2

Wenn Carlsen gegen Firouzja antritt, einen der selbstbewusstesten und kreativsten Spieler der jüngeren Generation, ist immer Spannung geboten. Tatsächlich repräsentiert Firouzja die neue Ära des Schachs im wahrsten Sinne des Wortes: Er begann mit dem Schach nur ein Jahr bevor Carlsen 2013 zum ersten Mal Weltmeister wurde.

Dieses Match war Firouzjas zweite Chance gegen Carlsen nach dessen Sieg im Finale der Gewinnerrunde und es war ein viel engeres Duell. In der ersten Partie lieferten sich die Spieler aus einer spanischen Eröffnung heraus einen harten Kampf am Damenflügel. Carlsen brachte ein überzeugendes Qualitätsopfer, schlug aber anschließend den falschen Bauern.

Im Endspiel mit Mehrmaterial hatte Firouzja Chancen, aber sie verpufften, als er sein Läuferpaar gegen Carlsens gefährlich aussehendes, aber eigentlich harmloses Springerpaar abtauschte.

In der nächsten Partie wählte Carlsen eine riskante Variante der Sizilianischen Verteidigung und ließ sich unerwartet auf eine Stellung ein, die sowohl zu Firouzjas Stil passte als auch für Weiß besser war. Da Carlsens König im Zentrum feststeckte, tauschte Firouzja in ein vorteilhaftes Endspiel ab, bei dem alle seine verbleibenden Figuren im Vergleich zu den völlig unentwickelten Türmen von Schwarz aktiv waren.

Von da an verteidigte sich Carlsen jedoch wie eine Maschine und minimierte den Vorteil seines Gegners trotz seiner schwierigen Stellung.

In der dritten Partie ging Carlsen dann in Führung. Gleich in der Eröffnung opferte Firouzja einen Zentrumsbauern für eine nicht ersichtliche Kompensation. Es gelang ihm zwar, etwas Druck auf den Königsflügel auszuüben, ließ dann aber einen Damentausch zu und steuerte gegen den vielleicht stärksten Endspielspieler der Geschichte furchtlos in ein Endspiel mit Minusbauern.

Großmeister Rafael Leitao hat diese spannende Partie für uns analysiert:

Jetzt musste Firouzja zwingend gewinnen und er wählte dafür den b3-Sizilianer. Das ist ein seltenes und unterschätztes System mit vielen strategischen und dynamischen Möglichkeiten. Überrascht von der Eröffnungswahl seines Gegners verbrannte Carlsen 2:30 Minuten für seinen dritten Zug und befand sich bald in einer herausfordernden Situation, da sein König im Zentrum gefangen war.

Als Firouzja darum kämpfte, das Zentrum zu öffnen, verteidigte sich Carlsen wieder einmal hartnäckig und fand für seinen König am Königsflügel einen Unterschlupf. Der Kampf ging weiter, wobei Firouzja kostenlose Bauern einsammelte, während Carlsen daran arbeitete, Gegenspiel zu schaffen. Im Damenendspiel schien der materielle Vorsprung des jüngeren Spielers zunächst entscheidend zu sein, aber Carlsen machte es ihm so schwierig wie möglich und verfolgte den weißen König mit drohenden Dauerschachs. 

In Zeitnot fand Firouzja dann eine Unterumwandlung in einen Springer, die ihm nach 130 Zügen den Sieg und damit eine Entscheidung im Armageddon einbrachte.

Das Armageddon begann wieder mit einem b3-Sizilianer, aber diesmal hatte Carlsen hatte eine ganz andere Variante vorbereitet. Der norwegische Großmeister erspielte sich aus der Eröffnung heraus eine aktive Stellung und begann Weiß unter Druck zu setzten. Nachdem er zwei Bauern gewonnen hatte, tadelte Carlsen Firouzjas Versuche, dynamisches Spiel anzuregen und erreichte schließlich ein gewonnenes Endspiel, obwohl er nur ein Remis benötigt hätte.

Danach sprach Carlsen über seine Leistung:

Das war heute überhaupt nicht mein Tag. Ehrlich gesagt glaube ich, dass ich ziemlich viel Glück hatte, es überhaupt bis zum Armageddon geschafft zu haben. Mein Gehirn funktionierte heute überhaupt nicht. Ich hatte vor dem Finale ein schönes Abendessen mit meiner Familie und bereits da hatte ich das Gefühl, dass mein Hirn nicht funktioniert. Und danach war es dann einfach tot. Manche Tage sind gut. Andere Tage muss man einfach durchstehen und ich bin wirklich froh, dass ich es geschafft habe.

Some days are good. Some days you have to get through them.

-Magnus Carlsen

Carlsen gewann bei diesem Turnier $30.000 und hat natürlich zusammen mit Hikaru Nakamura, Nodirbek Abdusattorov, Fabiano Caruana und Wesley So einen Platz im Live-Finale in Toronto im Dezember sicher.

Firouzja gewann $20.000 und ist zusammen mit Denis Lazavik ein ganz heißer Anwärter, auf einen der restlichen Plätze.

Tour-Tabelle

Der Turnierbaum der Gruppe I

Division II

Das Finale der Gruppe II war eine kurze Angelegenheit. In der ersten Partie konnte Aronian seinem Gegner aber einen unglaublich dynamischen Kampf liefern. In einem ruhigen Mittelspiel begann der Amerikaner, seine Bauern vor seinem König nach vorne zu schleudern und gewann dann Material, indem er seine Dame  Nepomniachtchi und Aronian. In einem ruhigen Mittelspiel begann Aronian, die Deckung seines Königsbauern nach vorne zu schleudern und gewann dann Material, indem er seine angegriffene Dame einfach stehen ließ.

Doch einige Züge später war es Nepomniachtchi, der angriff und eine Qualität opferte, um auf Königsjagd zu gehen. Die Schlacht gipfelte in einem faszinierenden Endspiel mit Dame und fünf Bauern gegen Dame und Turm.

Nepomniachtchi gewann dann auch die zweite Partie und remisierte die dritte und hatte damit $10.000 und einen Startplatz in der Gruppe I beim nächsten Turnier gewonnen. Aronians zweiter Platz war mit $7.500 dotiert.

Der Turnierbaum der Gruppe II

Division III

Sevian gelang gegen Mamedyarov, einem Spieler mit einer Peek-Elo von 2820, eine unglaubliche Leistung. Zuerst gewann Sevian das erste Match im Armageddon und zog damit Mamedyarov das erste Leben und dann besiegte er den aserbaidschanischen Großmeister auch im zweiten Finale. Nach zwei Remis in den ersten beiden Partien zeigte Sevian eine hervorragende Technik und konnte ein Endspiel mit Turm, Springer und zwei Mehrbauern gegen zwei Türme gewinnen.

Sevian bekommt für seine Leistung in dieser Woche $5.000 und Mamedyarov darf sich über $3.600 freuen. 

Der Turnierbaum der Gruppe III


Weitere Berichte vom Julius Baer Generations Cup:

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NM Vanessa West

Vanessa West is a National Master, a chess teacher, and a writer for Chess.com. In 2017, they won the Chess Journalist of the Year award.

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