Mannschafts EM: Ungarn schockt Russland
Russland führte nach 3 Runden die Mannschafts EM in Griechenland mit weißer Weste an, aber heute mussten sie sich den Ungarn geschlagen geben. Ungarn führt nun, zusammen mit Armenien und Kroatien, die Tabelle an.
Russland hatte ja bis gestern nur 3 Einzelpartien gewonnen gehabt und die Tabellenführung war deshalb alles andere als souverän. Nach der heutigen Niederlage finden sich die Russen lediglich im Verfolgerfeld wieder.
Brett | 1 | Russland | ELO | - | 7 | Ungarn | ELO | 1½-2½ | ||
1/1 | GM | Grischuk, Alexander (w) | 2785 | - | GM | Leko, Peter (b) | 2679 | ½ - ½ | ||
1/2 | GM | Nepomniachtchi, Ian (b) | 2733 | - | GM | Erdos, Viktor (w) | 2624 | 0 - 1 | ||
1/3 | GM | Vitiugov, Nikita (w) | 2728 | - | GM | Rapport, Richard (b) | 2686 | ½ - ½ | ||
1/4 | GM | Dubov, Daniil (b) | 2677 | - | GM | Almasi, Zoltan (w) | 2707 | ½ - ½ |
Am Montag war er noch der Held des Tages. Heute wurde Ian Nepomniachtchi zum großen Verlierer. Viktor Erdos lies sich in einem Endspiel, das aus einer symmetrischen Englischen Eröffnung entstand, nicht zermürben und alleine schon dafür gebührt ihm Respekt. Aber auch die Wahl der Eröffnung war ziemlich clever, denn ein Angriffsspieler wie Nepo hat in dieser Eröffnung nicht viel Spaß an der Partie.
Viktor Erdos gegen Ian Nepomniachtchi. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Teimour Radjabov konnte dasselbe Endspiel gegen Peter Svidler beim Grand Prix in Genf gewinnen und bewies damals schon, dass es giftiger ist, als es auf den ersten Blick aussieht.
Die Gesichter von Ian Nepomniachtchi und Daniil Dubov sagen mehr, als 1000 Worte. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Gestern konnte er ein vorteilhaftes Endspiel nicht gewinnen, aber heute schaffte es Richard Rapport, ein schlechteres Endspiel Remis zu halten und sicherte damit den Ungarn den entscheidenden halben Punkt zum Sieg.
Brett | 6 | Armenien | ELO | - | 10 | Niederlande | ELO | 2½-1½ | ||
4/1 | GM | Aronian, Levon (w) | 2801 | - | GM | Giri, Anish (b) | 2762 | ½ - ½ | ||
4/2 | GM | Movsesian, Sergei (b) | 2671 | - | GM | L'ami, Erwin (w) | 2611 | 0 - 1 | ||
4/3 | GM | Sargissian, Gabriel (w) | 2657 | - | GM | Bok, Benjamin (b) | 2611 | 1 - 0 | ||
4/4 | GM | Melkumyan, Hrant (b) | 2642 | - | GM | Sokolov, Ivan (w) | 2603 | 1 - 0 |
Armenien schob sich dank des 2.5:1.5 Sieges über Holland auf den geteilten ersten Platz vor. Der Superstar der Holländer, Anish Giri, spielte gegen Levon Aronian sehr solide und erzielte ein Remis, während Erwin l'Ami gegen Sergey Movsesian sogar mit einem tollen Qualitätsopfer gewinnen konnte.
Vor 2 Tagen twitterte Giri noch dies:
Doomed to a failure is he who attempts to beat @erwinlami in an equal endgame! 👊
— Anish Giri (@anishgiri) October 29, 2017
Wer gegen Erwin Lami ein ausgeglichenes Endspiel gewinnen will, ist zum Scheitern verurteilt!
---Anish Giri
Heute sendete er diesen Tweet ab:
Doomed to a failure is he who attempts to draw @erwinlami in an equal endgame! 👊
— Anish Giri (@anishgiri) October 31, 2017
Wer gegen Erwin Lami ein ausgeglichenes Endspiel Remis halten will, ist zum Scheitern verurteilt!
---Anish Giri
Der Sieg der Armenier kam an den hinteren Brettern zustande. Gabriel Sargissian überlistete seinen Gegner bereits in der Eröffnung und Hrant Melkumyan rechnete einfach genauer als Ivan Sokolov. Der letztere versuchte wahrscheinlich den Zug 7...dxc4 zu widerlegen, denn diese Neuerung sieht doch sehr zweifelhaft aus.
Sokolov´s "Widerlegung" funktionierte aber einfach nicht. Die Züge 18. und 19. von Schwarz waren einfach brilliant und plötzlich hatte Schwarz nicht nur Kompensation, sondern auch noch einen Mehrbauern.
Aronian und Giri an Brett 1 bei Armenien-Niederlande. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Die dritte Mannschaft, die das Turnier anführt, ist zugleich die große Überraschung des Turniers: Kroatien! Die Kroaten sind an 14. gesetzt und besiegten in den ersten Runden Portugal und Serbien. Darauf folgte ein respektables 2:2 gegen Armenien und heute gewannen sie gegen Israel.
Brett | 5 | Israel | ELO | - | 14 | Kroatien | ELO | 1½-2½ | ||
3/1 | GM | Gelfand, Boris (w) | 2737 | - | GM | Saric, Ivan (b) | 2662 | ½ - ½ | ||
3/2 | GM | Rodshtein, Maxim (b) | 2699 | - | GM | Bosiocic, Marin (w) | 2619 | 0 - 1 | ||
3/3 | GM | Sutovsky, Emil (w) | 2683 | - | GM | Stevic, Hrvoje (b) | 2616 | ½ - ½ | ||
3/4 | GM | Smirin, Ilia (b) | 2635 | - | GM | Martinovic, Sasa (w) | 2565 | ½ - ½ |
Der Matchwinner für die Kroaten war Marin Bosiocic, der Maxim Rodshtein in einem "damenlosen" Grünfeld-Mittelspiel langsam überspielte. Der antipositionelle Zug 29...bxa4 war wohl nötig um ein Spiel auf der b-Linie zu erhalten. Rodshtein sollte die ganze Partie über passiv bleiben.
Bosiocic und Rodshtein in der Eröffnung. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Aber auch Hrvoje Stevic wurde zum Helden. Er wurde von Emil Sutovsky, der als Schachspieler risikofreudiger ist, als als ACP Präsident, gehörig unter Druck gesetzt.
Die Komplikationen begannen, als Sutovsky seinen c5-Bauern für einen starken Königsangriff opferte. (Und wer hätte dieses Opfer schon abgelehnt?)
Sutovsky's Zug 30.Txc5 sah aus wie ein Hammerschlag, aber Stevic fand mit 35...Tcd8 eine gute Verteidiung und hielt das Damenendspiel mit einem Minusbauern Remis. Dieser Mann hat sich ein Glas Slivovitz redlich verdient.
Das Ende der Partie Sutovsky-Stevic. Bosiocic (mitte) sieht den beiden zu. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Neben Russland, haben 4 weitere Nationen 6 Punkte auf ihrem Konto: Deutschland, Polen, Weißrussland und die Türkei. Die erstgenannten spielten gegeneinander 2:2.
Brett | 9 | Deutschland | ELO | - | 8 | Polen | ELO | 2-2 | ||
2/1 | GM | Nisipeanu, Liviu-Dieter (w) | 2672 | - | GM | Wojtaszek, Radoslaw (b) | 2737 | ½ - ½ | ||
2/2 | GM | Meier, Georg (b) | 2655 | - | GM | Duda, Jan-Krzysztof (w) | 2706 | 0 - 1 | ||
2/3 | GM | Bluebaum, Matthias (w) | 2643 | - | GM | Piorun, Kacper (b) | 2640 | 1 - 0 | ||
2/4 | GM | Fridman, Daniel (b) | 2626 | - | GM | Bartel, Mateusz (w) | 2613 | ½ - ½ |
Jan-Krzysztof Duda musste ein kompliziertes Turmendspiel gewinnen um Polen einen halben Punkt zu retten:
Jan-Krzysztof Duda sicherte Polen das Unentschieden. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Bo. | 18 | Türkei | ELO | - | 3 | Ukraine | ELO | 2½-1½ | ||
5/1 | GM | Solak, Dragan (w) | 2626 | - | GM | Eljanov, Pavel (b) | 2720 | ½ - ½ | ||
5/2 | GM | Yilmaz, Mustafa (b) | 2633 | - | GM | Kryvoruchko, Yuriy (w) | 2692 | ½ - ½ | ||
5/3 | GM | Can, Emre (w) | 2604 | - | GM | Ponomariov, Ruslan (b) | 2687 | ½ - ½ | ||
5/4 | GM | Sanal, Vahap (b) | 2549 | - | GM | Kuzubov, Yuriy (w) | 2690 | 1 - 0 |
Der Türkei gelang eine Überraschung, denn sie konnten die starken Ukrainer besiegen. Die Ukraine tritt ja wie schon bei der letzten Olympiade ohne ihren Superstar Vassily Ivanchuk an, ist aber trotzdem extrem gut besetzt. Die Partien an den ersten 3 Brettern endeten allesamt Remis aber der 19-jährige Vahap Sanal, der erst seit gut einem Jahr Großmeister ist, konnte Yuriy Kuzubov mit Schwarz besiegen. Seht mal, wie hilflos der Ukrainer am Ende war:
Ein großartiger Skalp für den 19-jährigen Vahap Sanal. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Brett | 16 | Weißrussland | ELO | - | 15 | Spanien | ELO | 3-1 | ||
9/1 | GM | Zhigalko, Sergei (w) | 2638 | - | GM | Anton Guijarro, David (b) | 2651 | ½ - ½ | ||
9/2 | GM | Kovalev, Vladislav (b) | 2636 | - | GM | Salgado Lopez, Ivan (w) | 2629 | ½ - ½ | ||
9/3 | GM | Aleksandrov, Aleksej (w) | 2588 | - | GM | Lopez Martinez, Josep Manuel (b) | 2607 | 1 - 0 | ||
9/4 | GM | Fedorov, Alexei (b) | 2582 | - | GM | Ibarra Jerez, Jose Carlos (w) | 2561 | 1 - 0 |
Weißrussland und Spanien sind sich von den ELO Zahlen ebenbürtig, aber irgendwie fühlt sich der Sieg der Weißrussen wie eine Überraschung an (hätte Vallejo für Spanien gespielt, wäre es definitiv eine Überraschung gewesen.) An Brett 4 erlebten wir eine abenteuerliche Partie:
Brett | 4 | England | ELO | - | 22 | Italien | ELO | 2-2 | ||
7/1 | GM | Adams, Michael (w) | 2727 | - | GM | Vocaturo, Daniele (b) | 2607 | ½ - ½ | ||
7/2 | GM | Short, Nigel D (b) | 2698 | - | GM | Brunello, Sabino (w) | 2555 | 1 - 0 | ||
7/3 | GM | Howell, David W L (w) | 2698 | - | GM | Dvirnyy, Danyyil (b) | 2542 | 0 - 1 | ||
7/4 | GM | Mcshane, Luke J (b) | 2647 | - | GM | Moroni, Luca Jr (w) | 2506 | ½ - ½ |
Viele Begegnungen endeten heute 2:2 Untentschieden. Unter anderem Tschechien-Serbien, Rumänien-Georgien und England-Italien. In letzterem Duell hatte Nigel Short das Glück, das ihm gestern gefehlt hatte.
Sabino Brunello verlor im 31. Zug auf Zeit, wobei er allerdings schon auf Verlust stand. Zuvor hatte er allerdings eine Gewinnstellung weggeworfen. Seht Euch aber auch die Eröffnung an: Short sagte nach der Partie, dass er sich einige vernünftige Eröffnungen angesehen hatte, aber sich kurz vor der Partie für eine "sinnfreie" Eröffnung entschied.
Nigel Short sieht sich die Partie von Mickey Adams an. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Während Short seine Partie bereits in der Live Übertragung zeigte, war David Howell drauf und dran, seine Partie ebenfalls zu gewinnen. Aus einem vorteilhaften Endspiel machte er aber ein ausgeglichenes Springerendspiel und verlor dann komplett den Faden:
David Howell muss seine Partie gegen Danyyil Dvirnyy aufgeben. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Brett | 12 | Frankreich | ELO | - | 25 | Norwegen | ELO | 3-1 | ||
11/1 | GM | Edouard, Romain (w) | 2607 | - | GM | Tari, Aryan (b) | 2578 | ½ - ½ | ||
11/2 | GM | Gharamian, Tigran (b) | 2626 | - | GM | Hammer, Jon Ludvig (w) | 2632 | ½ - ½ | ||
11/3 | GM | Fressinet, Laurent (w) | 2657 | - | IM | Christiansen, Johan-Sebastian (b) | 2462 | 1 - 0 | ||
11/4 | GM | Maze, Sebastien (b) | 2614 | - | IM | Notkevich, Benjamin Arvola (w) | 2458 | 1 - 0 |
Kommen wir noch zu den Norwegern: Deren 2:2 gegen Israel war ok, die Niederlage gegen England verschmerzbar und der Sieg gegen die Färöer Inseln erwartet. Heute spielten sie erneut gegen ein Topnation und hatten erneut Schwierigkeiten. Frankreich war für die jungen Norweger einfach zu stark. Wir zeigen hier die Partie von Brett 4, denn sie startete mit einer spanischen Eröffnung, führte aber durch Zugumstellungen zu einer Königsindischen Partie:
Die Norweger Benjamin Notkevich (links) und Johan-Sebastian Christiansen mussten heute Niederlagen einstecken. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Die Mannschaft-Europameisterschaft findet vom 28. Oktober bis zum 6. November im griechischen Urlaubsparadies Hersonissos auf der Insel Kreta statt. Im offenen Wettbewerb treten 40 Mannschaften mit 199 Spielern, darunter 138 Großmeister, gegeneinander an.
Jede Mannschaft besteht aus 5 Spielern, aber in jeder Runde dürfen nur 4 Spieler eingesetzt werden. Das Turnier selbst wird in einem 9 Runden Schweizer System Modus ausgetragen. Die Bedenkzeit beträgt 90 Minuten für die ersten 40 Züge und 30 Minuten für den Rest der Partie, wobei es für jeden Zug 30 Sekunden Zeitbonus gibt. Remisgebote dürfen erst nach dem 30. Zug abgegeben werden.
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ETCC 2017 | Tabelle nach der 4. Runde (Top 10)
Platz | Gesetzt | Team | + | = | - | Punkte | TB2 | TB3 | TB4 | TB5 | |
1 | 7 | Ungarn | 3 | 1 | 0 | 7 | 42,5 | 11 | 34,5 | 94,8 | |
2 | 14 | Kroatien | 3 | 1 | 0 | 7 | 39 | 9,5 | 36 | 85 | |
3 | 6 | Armenien | 3 | 1 | 0 | 7 | 36,5 | 10 | 34 | 83,3 | |
4 | 1 | Russland | 3 | 0 | 1 | 6 | 38 | 9 | 40 | 89 | |
5 | 9 | Deutschland | 2 | 2 | 0 | 6 | 37,5 | 11 | 31 | 83 | |
6 | 8 | Polen | 2 | 2 | 0 | 6 | 34 | 9,5 | 33,5 | 78,8 | |
7 | 16 | Weißrussland | 3 | 0 | 1 | 6 | 33 | 11 | 30 | 78,8 | |
8 | 18 | Türkei | 3 | 0 | 1 | 6 | 24,5 | 10,5 | 29 | 73,5 | |
9 | 5 | Israel | 2 | 1 | 1 | 5 | 34,5 | 9,5 | 32 | 74,8 | |
10 | 10 | Niederlande | 2 | 1 | 1 | 5 | 34,5 | 9 | 36 | 77 |
Die Top-Paarungen der fünften Runde sind: Ungarn-Armenien, Kroatien-Deutschland, Polen-Weißrussland, Russland-Türkei, Aserbaidschan-Tschechien, Serbien-Frankreich, Georgien-Israel und Niederlande-Rumänien.
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