Nakamura gewinnt die Speed Chess Championship 2020
GM Hikaru Nakamura hat am Samstagabend die von OnJuno gesponserte Speed Chess Championship 2020 gewonnen. Der amerikanische Großmeister entschied das Finale gegen Maxime Vachier-Lagrave in der Bullet Sektion und gewann am Ende überzeugend mit 18.5 : 12.5.
Die Aufzeichnung der Übertragung des Finales.
Zu Beginn des Turniers wies Nakamura darauf hin, dass seine Hälfte des Turnierbaums schwieriger war, als die von Carlsen. Im Nachhinein gesehen hat MVL allerdings den deutlich schwereren Weg ins Finale gehabt. Doch das war am Samstag alles nur Makulatur und es stellte sich nur noch eine große Frage: Kann sich MVL auch gegen Nakamura behaupten?
Bis zur dritten Bulletpartie lautete die Antwort ja, dann bis dahin lag der Franzose sogar mit einem Punkt in Führung.
Carlsen war aber bei seinem Duell gegen MVL völlig von der Rolle - Nakamura nicht. Der Amerikaner lief im entscheidenden Moment zur Höchstform auf und konnte fünf Partien in Folge und damit auch das Finale für sich entscheiden.
"Es war ein sehr intensives und schwieriges Finale," sagte Nakamura danach. "Ich denke, es gab einige kritische Momente, in denen sowohl Maxime als auch ich die Chance hatten, uns einen großen und vielleicht vorentscheidenden Vorteil zu erspielen. Da wir diese Chancen aber nicht genutzt hatten blieb es bis zum Ende sehr eng und dann gelangen mit einfach ein paar wahnsinnig gute Bullet-Partien."
Nakamura wies auch darauf hin, dass Vachier-Lagrave bis kurz vor Ende ein ebenbürtiger Gegner war. "Es war bis zum Ende ein sehr enges Match. Maxim hat fantastische gespielt und ich kann ihm zu seiner Leistung nur gratulieren."
Das Finale begann mit einem grausamen Fehler von Vachier-Lagrave, den man normalerweise in einer Fünf-Minuten-Partie nicht sieht. Vielleicht half ihm aber die Tatsache, dass er auch ins Halbfinale gegen Magnus Carlsen mit zwei Niederlagen gestartet war, darüber hinwegzukommen:
Nach zwei Remis konnte MVL den Spielstand aber ausgleichen und durch einen Sieg in Partie Nummer 5 sogar in Führung gehen. Es war eine tolle rechnerische Leistung:
Dann gewann Nakamura drei Partien in Serie aber die letzte Partie des ersten Drittels ging wieder an den Franzosen. Die beiden Spieler gingen also mit einem Spielstand von 5.5 : 4.5 für Nakamura in die erste Pause.
In einer dieser Partien bekamen wir eine Stellung zu sehen, die eigentlich aus der Breyer Variante der Spanischen Eröffnung entstanden sein sollte, oder? Nein! Sie entstand aus einem Sizilianer!
Nakamura war selbst Schuld daran, dass er nur mit +1 und nicht mit +3 in die Pause gegangen war. Zuerst versemmelte er eine Gewinnstellung und dann setzte er auch noch ein absolutes Remisendspiel in den Sand:
Etwa zur Hälfte des zweiten Drittels, beim Spielstand von 8 : 8, unterlief MVL ein seltener Fehler in seinen Berechnungen. Anstatt nüchtern zu gewinnen, entschied er sich für den Schönheitspreis und verlor stattdessen Material und die Partie:
Das zweite Drittel endete dann Unentschieden und somit ging Nakamura mit einem Punkt Vorsprung in die Bullet-Sektion - seinem eigentlich natürlichen Lebensraum, oder? Tja, nicht ganz, denn MVL gewann gleich die ersten beiden Partien!
Hier ist das erste davon und Nakamura räumte später ein, dass es eine außerordentlich gute Partie des Franzosen war.
"Dass er in der ersten Bullet-Partie diesen Zug 22...Ld6 gefunden hat, war einfach nur Krank," sagte Nakamura. "Ich hatte diese ganze Taktik mit dieser Se5, Sf5 Idee berechnet und dann fand Maxime 21...Txc1 und 22...Ld6. Das war einfach Wahnsinn. Dass er das in einer Bullet-Partie finden konnte war einfach unglaublich."
Nach diesen beiden Siegen von MVL wendete sich aber das Blatt. In der Live-Übertragung konnte man sogar sehen, wie sich Nakamura selbst anfeuerte: This is enough, come on!
The turning point. 👀@GMHikaru physically shakes off a tough loss and brings complete focus. After this moment, he went 8/9, only conceding two draws, to win the match. pic.twitter.com/mX8hj5erTi
— Chess.com (@chesscom) December 12, 2020
Nakamura feuert sich selbst an
Irgendwann versuchte Vachier-Lagrave dann sogar sein Glück mit dem Königsgambit (wenn auch aus einer Wiener Partie heraus) und einem frühen Läuferopfer auf f7. 2016 hat das beim Grandmaster Blitz Battle gegen Nakamura noch geklappt, aber jetzt war Nakamura darauf vorbereitet:
Vachier-Lagrave bekam für seine 12.5 Punkte $4032.26. Nakamura verdiente sich $10,000 für den Finalsieg und $5967.74 für seine Punkte. Insgesamt also $15967.74.
"Zuerst möchte ich Hikaru gratulieren," sagte Vachier-Lagrave nach dem Finale. "Es gab natürlich Momente, in denen ich ihm einen großen Kampf liefern konnte, aber insgesamt gesehen hat er verdient gewonnen. Er hat einfach beständiger gespielt."
Dass er mit Nakamura im Bullet mithalten konnte, hat ihn allerdings nicht überrascht: "Im 1|0 bin ich nicht mal in der Nähe von Hikarus Level aber im 1|1 kann ich ihm einen Kampf liefern. Auch wenn ich am Ende dann ziemlich untergegangen bin."
Auch Nakamura lobte seinen Gegner: "Zuallererst muss ich Maxime viel Anerkennung zollen. Nicht nur für seine Leistung im Bullet, sondern für das gesamte Finale. Er hat sich fabelhaft verteidigt. Ich hatte das Gefühl, dass er sich im Blitz fast besser verteidigt als in vielen klassischen Partien."
3 in a row. Congrats #SpeedChess Champ @GMHikaru. We are so excited to partner with you. A record viewership of 100,000 concurrent fans across platforms.
— OnJuno (@OnJunoHQ) December 12, 2020
We were the proud sponsors for this event by @chesscom. Chess won tonight! pic.twitter.com/R9SCErJqSO
Chess.com und OnJuno gratulieren Nakamura zum Titel-Triple und weisen auf die über 100.000 Zuschauer hin, die das Finale live verfolgt haben.
Alle Partien
Die Speed Chess Championship war ein mit $100.000 dotiertes KO-Turnier für 16 Spieler. Alle Informationen über die Speed Chess Championship findet Ihr hier.