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Norway Chess: Caruana gewinnt und gewinnt und gewinnt
Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Norway Chess: Caruana gewinnt und gewinnt und gewinnt

AnthonyLevin
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Fabiano Caruana pflügt beim Norway Chess 2023 weiter unaufhaltsam durch das Feld und konnte Alireza Firouzja sogar mit Schwarz besiegen. Caruana führt das Turnier jetzt aber nicht nur mit vier (4) Punkten Vorsprung an, sondern hat auch Firouzja als Nummer 2 der Weltrangliste abgelöst.

Alle anderen Duelle wurden erst im Armageddon entschieden.

Die fünfte Runde des Norway Chess beginnt am Sonntag, dem 4. Juni, um 17.00 Uhr.

Wollt Ihr das Turnier live verfolgen?
Wir übertragen das Norway Chess 2023 von Anfang bis Ende mit Kommentaren von Steve Berger und Jan Gustafsson auf Chess.com/TV, Twitch und YouTube. Die englischsprachige Übertragung findet Ihr auf YouTube.com/ChesscomLive und alle Partien findet Ihr auf unserer Event-Seite.
Hier ist die Aufzeichnung der gestrigen Übertragung:

Am Ruhetag am Freitag stellten die Großmeister ihr modisches Können unter Beweis und arbeiteten in Teams an der Gestaltung von Strickpullovern.

Trotz Firouzjas Behauptung: "Sie haben unsere Idee gestohlen" gewann das Team Giri/Abdusattorov das Event. Die holländische Nummer konnte den Sieg auch begründen: "Wir richten uns nicht nach der Mode. Wir machen Mode!"

Am Samstag wurde aber wieder Schach gespielt und Caruana ging mit 1,5 Punkten Vorsprung in die vierte Runde. Unter normalen Umständen wäre dies ein fast uneinholbarer Vorsprung gewesen, aber da es in Stavanger 3 Punkte für einen Sieg gibt, wäre die Tabellenführung bei einer Niederlage bereits wieder Geschichte gewesen.

Caruana-Firouzja

Hinsichtlich der Tabelle war dies die wichtigste Partie des Tages: Erster gegen Zweiter, die Nummer drei der Welt gegen die Nummer zwei, Erfahrung gegen Jugend.

Vor der Partie führte Caruana den direkten Vergleich im klassischen Schach mit 3 Siegen und einer Niederlage an (bei 6 Remis und auch im Schnellschach hatte er mit 4 Siegen und einer Niederlage (3 Remis) die Nase vorn. Nach der Partie sagte Caruana, dass er mit einem Remis mit Schwarz zufrieden gewesen wäre, aber Firouzja wollte mehr.

Alireza Firouzja (links) und Fabiano Caruana. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Kurioserweise erlebte die französische Verteidigung in letzter Zeit eine Art Renaissance. Ding Liren spielte sie bei der letzten Weltmeisterschaft, Carlsen spielte sie Anfang der Woche (gegen Caruana - und verlor) und am Samstag setzte der amtierende US-Meister darauf. "In der Eröffnung habe ich ihn auf jeden Fall überrascht", sagte Caruana nach der Partie.

Der selbstbewusste amerikanische Großmeister setzte von Anfang an auf Materialismus. Getreu dem Motto "Ein Bauer ist ein Bauer (Wesley So) und zwei Bauern sind zwei Bauern (Sergey Karjakin) verschlang er Firouzjas kompletten Damenflügel und sagte im Prinzip: "Zeig mir, was du dafür hast".

Nach 13 Zügen hatten wir diese Stellung auf dem Brett und Caruana hatte weniger als vier Minuten seiner Bedenkzeit verbraucht:

Über seinen 17. Zug dachte Firouzja 11 Minuten lang nach und Caruana sagte dazu: "Er hat diesen verrückten Zug Sd6 gespielt ... das habe ich nicht verstanden. Danach bin ich nicht mehr in Gefahr ... ich habe zwei Mehrbauern und seine Kompensation einfach nicht gesehen." Der dachte, die Rochade wäre besser gewesen und Caruana hatte darauf Dc4 geplant, um die Damen für ein ausgeglichenes Endspiel abzutauschen.

Nachdem 19...f6 auf dem Brett war, verkündete Kommentatorin Judit Polgar, dass Firouzja bereits im Schadensbegrenzungsmodus sei. Caruana spielte absolut fehlerfrei, opferte einen ganzen Turm auf h8 für den Angriff und gewann die Partie, die Polgar als "die bisher beste Partie des Turniers" bezeichnete.

"The Big Greek" hat diese Partie für uns analysiert:

Und hier ist die Partie zum durchklicken:

Im Interview nach der Partie wurde Caruana natürlich auch darauf angesprochen, dass er jetzt wieder die Nummer 2 der Welt ist:

Gukesh-Carlsen

Das Duell der Generationen zwischen Gukesh D. und Magnus Carlsen hat bereits eine kleine Geschichte. Am Montag konnte Gukesh beim Blitzturnier Carlsen mit Schwarz besiegen und Anfang des Jahres beim Tata Steel Turnier konnte er dem zu diesem Zeitpunkt noch amtierenden Weltmeister ein Remis abtrotzen.

Die Voraussetzungen waren also bestens. Carlsen hat bei diesem Turnier noch keine klassische Partie gewonnen und Gukesh hatte eine weitere Gelegenheit, die Nummer 1 der Welt zu sekkieren.

Gukesh D. (links) und Magnus Carlsen. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

In der klassischen Partie erspielte sich Gukesh aus einer Italienischen Eröffnung heraus einen leichten Vorteil, den Carlsen aber mit einem raffinierten Bauernopfer ausgleichen konnte.

Im Mittelspiel zeigte sich Carlsen in der "Confession Box" (auf Norwegisch) optimistisch:

In einem Damenendspiel versuchte die Nummer 1 der Welt dann 82 Züge lang zu gewinnen und stimmte dem Remis erst zu, als es unvermeidlich war.

Auch das Armageddon begann mit einer Italienischen Eröffnung und Gukesh kämpfte wie ein Löwe um den Sieg.

Im 21. Zug verpflichtete sich Gukesh zu einem Qualitätsopfer (obwohl er dafür zwei Bauern gewann) und im 27. Zug überraschte er nicht nur die Kommentatoren mit einem Damenopfer!

Die daraus resultierenden Komplikationen waren einfach nur chaotisch. Die Stellung war für Weiß einfacher zu spielen als für Schwarz und dann stand Weiß plötzlich auf Gewinn und dann wieder nicht. Bis zum 40. Zug war überhaupt nichts klar, aber dann hätte Gukesh mit dem Zug 41.e6 gewinnen können. Das Problem war, dass er hier nur noch 52 Sekunden auf der Uhr hatte und die Variante in der Kürze der Zeit nicht berechnen konnte.

Nach einer glänzenden Verteidigungsschlacht und als beide Spieler nur noch 4 Sekunden auf der Uhr hatten, lief Gukesh dann in eine Springergabel und Carlsen hatte gewonnen.

Dies ist unsere Partie des Tages und Großmeister Dejan Bojkov stellt sie uns in Kürze vor.

Chess.com Game of the Day Dejan Bojkov

Giri-Nakamura

Die 34. klassische Partie zwischen Hikaru Nakamura und Anish Giri begann mit einem gegenseitigen Abfragen der Eröffnungstheorie und beide Spieler waren der Aufgabe gewachsen.

Nakamura scheint ein ganz besonderes Talent für Multitasking zu haben, den er spielt nicht nur ein hochklassig besetztes Schachturnier und produziert im Anschluss Videos darüber, sondern fand auch während der Partie noch Zeit, die "Confession Box" aufzusuchen und seinen Fans mitzuteilen, dass er dachte, dass Giri etwas frustriert aussehen würde, weil er diese Variante so genau kannte.

Obwohl sich der Holländer zwar keinen Vorteil verschaffen konnte, stand er auch zu keinem Zeitpunkt schlechter. Schließlich flogen die Figuren vom Brett und das 27. Remis zwischen den beiden war perfekt.

Hikaru Nakamura. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Im Armageddon beschloss Giri, den Amerikaner im Berliner Endspiel herauszufordern. Anfangs schien es eine gute Idee zu sein, aber im Mittelspiel verlor der Holländer den Faden und wurde schließlich komplett überspielt.

Nakamura sage, er wäre von der Eröffnung nicht "super-überrascht" gewesen und fügte hinzu, dass es mit einer kürzeren Bedenkzeit günstiger gewesen wäre.

Und jetzt überlassen wir es Nakamura selbst, uns die beiden Partien zu zeigen und uns die wichtigsten Momente zu erklären:

Im Interview nach der klassischen Partie erwähnte Nakamura auch die Vorgängerpartie zwischen Firouzja und Praggnanandhaa aus dem Jahr 2022, die wir hier mit eingebaut haben.

Und hier ist das Armageddon zum durchklicken:

Bevor er sich an die Arbeit mit seinem Video gemacht hatte, gab Nakamura aber noch ein kurzes Interview.

Mamedyarov-Abdusattorov

Shakhriyar Mamedyarov und Nodirbek Abdusattorov hatten zwar schon 14 Mal mit kürzeren Bedenkzeiten gegeneinander gespielt, aber dies war die erste klassische Partie zwischen den beiden. Beide Spieler hatten übrigens die letzte Runde verloren. Mamedyarov im Armageddon und Abdusattorov die klassische Partie.

Shakhriyar Mamedyarov.. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Über seinen 27. Zug dachte Mamedyarov 14 Minuten lang nach und auch die Kommentatoren dachten zu diesem Zeitpunkt, dass Weiß in praktischen Schwierigkeiten steckt.

Der Aserbaidschaner meisterte aber die Situation und nach 48 Zügen einigten sich die Spieler auf ein Remis.

Im Armageddon konnte sich Mamedyarov dann über seinen zweiten Sieg in diesem Turnier freuen. Die Engine zeigte sich von seinem langfristigen Plan, einen Springer auf c6 festzunageln, zwar nicht beeindruckt, aber die Kommentatoren wiesen darauf hin, dass die schwarze Stellung für einen Menschen sehr schwer zu spielen war.

Sein Sieg sah nach einer extrem sauberen Partie aus, aber ein genauerer Blick offenbart, dass es im 31. Zug eine versteckte "kalte Dusche" gegeben hat, mit der Abdusattorov auf der Stelle gewinnen hätte können.

Nach dem Duell sagte Mamedyarov: "Das Turnier läuft nicht sehr gut, aber es ist trotzdem schön, eine Partie gewinnen. Ich habe zwar bis jetzt noch keine klassische Partie gewonnen, aber ich fühle mich gut und hoffe, dass ich auch noch die eine oder andere klassische Partie gewinnen kann."

Tari-So

Sowohl Aryan Tari als auch Wesley So hatten bislang noch keine klassische Partie gewonnen. Bei Tari stehen aber insgesamt 3 Niederlagen zu Buche (zwei davon im Armageddon) während So immerhin noch ungeschlagen war und gleich am ersten Tag ein Armageddon gegen Nakamura gewonnen hatte.

Die klassische Partie war nicht besonders ereignisreich. Die Spieler folgten lange der Theorie des Marshall Angriffs und im 18. Zug entschied sich Tari für einen Damentausch. So stand danach zwar etwas besser, aber für einen Sieg hat es nicht gereicht.

Bereits zum zweiten Mal in diesem Turnier bekamen wir in einem Armageddon ein Königsgambit zu sehen. Diesmal war Tari in einer "romantischen Stimmung", aber genau wie am Donnerstag bei Nakamura ging der Schuss für Weiß nach hinten los.

Obwohl die Eröffnung nicht so gut verlief, hätte Tari die Partie nach einem Patzer von So praktisch einzügig gewinnen können, aber obwohl der Norweger noch mehr als 5 Minuten auf der Uhr hatte, spielte er nach nur 10 Sekunden den Zug 27.d4 und vergab damit die goldene Gelegenheit. So hatte dies auch übersehen und war völlig überrascht, als man ihm im Interview auf den Gewinnzug für Weiß hinwies.

So beendete das Duell, indem er seinen Gegner einfach Patt setzte.

Wesley So. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Nach dem Duell erklärte So: "Es ist mit beiden Farben sehr schwierig, eine spielbare Stellung, in der man auf Sieg spielen kann, zu bekommen. Aryan ist immer sehr gut vorbereitet."

Die Ergebnisse der 4. Runde

Die Paarungen der 5. Runde

Brett Elo Weiß Schwarz Elo
1 2731 Nodirbek Abdusattorov Gukesh D 2732
2 2764 Fabiano Caruana Shakhriyar Mamedyarov 2738
3 2760 Wesley So Alireza Firouzja 2785
4 2775 Hikaru Nakamura Aryan Tari 2642
5 2853 Magnus Carlsen  Anish Giri 2768


Das Norway Chess 2023 ist ein Rundenturnier im norwegischen Stavanger für 10 eingeladene Spieler. Die Spieler bekommen 3 Punkte für einen Sieg und einen Punkt für ein Remis. Im Falle eines Remis wird aber eine Armageddonpartie gespielt, bei der ein weiterer halber Punkt vergeben wird.

Die Bedenkzeit der klassischen Partie beträgt 120 Minuten für die gesamte Partie. Ab dem 41. Zug bekommen die Spieler ein Inkrement von 10 Sekunden pro Zug. Im Armageddon beträgt die Bedenkzeit 10 Minuten für Weiß und 7 Minuten für Schwarz und ab dem 41. Zug bekommen die Spieler ein Inkrement von einer Sekunde pro Zug.


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NM Anthony Levin

NM Anthony Levin caught the chess bug at the "late" age of 18 and never turned back. He earned his national master title in 2021, actually the night before his first day of work at Chess.com.

Anthony, who also earned his Master's in teaching English in 2018, taught English and chess in New York schools for five years and strives to make chess content accessible and enjoyable for people of all ages. At Chess.com, he writes news articles and manages social media for chess24.

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