Pro Chess League: Die Shanghai Tigers marschieren ins Playoff

Die vierte Woche der Pro Chess League 2023 begann mit einem Sieg der Shanghai Tigers über die Croatia Bulldogs. Dabei hatte das chinesische Team um Wei Yi und Damenweltmeisterin Ju Wenjun die erste Runde mit 0.5:3.5 verloren, aber danach zeigten die Tigers ihre Reißzähne, dominierten das Match fast nach Belieben und zogen souverän in die Playoffs ein.

Im zweiten Match traf das französische Team Blitz auf die Brazil Capybaras und hier wurde entschieden, für welches Team die Pro Chess League Saison 2023 vorzeitig beendet ist. Zum entscheidenden Duell avancierte dann der Kampf zwischen IM Mahel Boyer und FM Julia Alboredo. Zuerst rettete die Brasilianerin ihr Team in die Verlängerung, aber dort landete Boyer den entscheidenden Sieg für das Team Blitz.

Die Pro Chess League geht am Donnerstag, dem 9. März, um 16:30 Uhr mit dem Duell der Canada Chessbrahs gegen die Levitov Chess Wizards weiter und direkt im Anschluss daran steigen die California Unicorns und die Garden State Passers in den Ring.

• Croatia Bulldogs 6 -10 Shanghai Tigers
• Blitz 10.5 - 9.5 Brazil Capybaras

Die ersten beiden Spiele der vierten Woche in der PCL fielen mit dem Internationalen Frauentag zusammen und gleich mehrere Spielerinnen sollten in den beiden Duellen eine Schlüsselrolle spielen.

Croatia Bulldogs 6 - 10 Shanghai Tigers

Die Bulldogs hatten nach Ablauf der Frist am Sonntag IM Irene Sukandar als Notersatz in ihre Aufstellung genommen. Als Strafe dafür mussten sie ein leichtes Handicap hinnehmen: Das Durchschnittsrating ihrer Aufstellung musste unter 2525 (statt 2550) liegen.

Dies schien ihr Spiel jedoch nicht zu beeinträchtigen, da die Bulldogs kaum besser in das Spiel hätten starten können, als sie es taten.

Die Bulldogs gewannen die erste Runde überwältigend und gingen mit 3,5-0,5 in Führung.

Die in letzter Minute hinzugekommene Irene Sukandar war die Heldin dieser ersten Runde, denn sie konnte an Brett 1 den chinesischen Super-GM Wei Yi besiegen. Mitten in einem heftigen Angriff entschied sich der Wei für einen natürlich aussehenden Zug, der sich jedoch als Verlustzug entpuppte.

Gerade als Kommentator Hess erklärte, wie schwierig es für die Indonesierin im Dienste der Kroaten wäre, den richtigen Zug zu finden, hatte ihn die Internationale Meisterin gefunden und startete damit einen alles entscheidenden Konter.

Danach nahmen sich die Tigers aber den berühmten Satz von Savielly Tartakower "durch Aufgeben hat noch niemand gewonnen" zu Herzen und zeigten ihre Krallen.

Die zweite Runde ging mit 4:0 an die Chinesen und damit hatten sie den Rückstand nicht nur aufgeholt, sondern das Match sogar gedreht!

Die größte Überraschung dieser Runde war der Sieg von IM Lou Yiping mit den schwarzen Steinen über GM Vasif Durarbayli. Er schluckte in der spanischen Eröffnung ein Figurenopfer und überlebte, um seine Geschichte erzählen zu können.

In der gleichen Runde wurde Mustafa Yilmaz das Opfer des größten Schwindels des Abends. Er hatte gegen Xi einen gewinnenden Angriff, aber letzterer fand eine taktische Ressource, mit der er nicht nur ein Remis halten, sondern die Partie sogar gewinnen konnte. Dies veranlasste Canty zu dem Ausruf: "Dieser Mann ist der größte Glückspilz der Welt!"

"This man is the luckiest man alive!" (🎙️ @gmcanty)#ProChess pic.twitter.com/xcJlOK7HqD

— ProChessLeague (@ProChessLeague) March 8, 2023

Nachdem auch die dritte Runde an das chinesische Team gegangen war, gingen sie mit einer 7-5 Führung in die letzte Runde und nach den ersten beiden Partien war das Match bereits entschieden.

Wei besiegte Yilmaz mit Schwarz in nur 27 Zügen - in einem Endspiel! Der entscheidende Fehler unterlief Yilmaz im 25. Zug und nur zwei Züge später gab er auf.

Nach dem Sieg von Wei bot Lou seiner Gegnerin Sukandar in einer Gewinnstellung ein Remis und die Tigers hatten das Match gewonnen, obwohl noch zwei Partien am Laufen waren.

Damit steht Shanghai fix in den Playoffs und für die Bulldogs geht es nächste Woche um "Tod oder Gladiolen".

Blitz 10.5 - 9.5 Brazil Capybaras

Das Team Blitz machte seinem Namen wieder einmal alle Ehre, dann die Franzosen bestritten am Mittwoch bereits ihr drittes Blitz-Playoff. Sie scheinen eine Vorliebe dafür zu haben, am Abgrund zu wandern und konnten zum zweiten Mal ein Playoff gewinnen.

Das Match begann mit einer ziemlichen Überraschung, denn Luis Paulo Supi konnte gleich in der ersten Runde gegen Maxime Vachier-Lagrave nicht nur gewinnen, sondern den französischen Super-Großmeister in dessen Paradeeröffnung, der sizilianischen Najdorf-Variante, sogar komplett überspielen.

Der Zug der Partie war sicherlich das ästhetische Bauernopfer 23.b4, das den Damenflügel komplett aufriss. Nachdem er Material in der Mitte des Bretts gewonnen hatte, richtete der brasilianische Großmeister seine Aufmerksamkeit auf die einzige Seite des Bretts, die er noch nicht angegriffen hatte – den Königsflügel – und gewann die Partie.

Die erste Runde ging mit 3:1 an die Brasilianer, aber in der zweiten Runde konnten die Franzosen den Rückstand auf 3.5-4.5 verkürzen.

Die dritte Runde endete dann 2:2 Unentschieden, aber wenn Vachier-Lagrave in seiner Partie gegen Vladislav Artemiev nicht dem Teufel von der Schippe gesprungen wäre, wäre das Match wohl bereits entschieden gewesen.

In der letzten Runde schien das Team Blitz, nach den Siegen von Vachier-Lagrave und Kateryna Lagno das Momentum auf seiner Seite zu haben und das Match drehen zu können.

Kateryna Lagno gewann ihre Partie mit einem beeindruckenden Figurenopfer, das nicht zu einem erzwungenen Schachmatt, sondern nur zu einem lange anhaltenden Angriff führte. Ihr Läufer schoss wie ein Blitz über das Schachbrett und die Springer folgten ihm ins gegnerische Lager.

Großmeister Rafael Leitao war von dieser Partie so begeistert, dass er sie sich ganz genau angesehen hat:

Boyer schien an Brett vier gegen Alboredo zu gewinnen und ein Sieg in dieser Partie hätte dem Team Blitz den Matchsieg gesichert. Wie wir in dieser Saison aber schon sogar bei Supergroßmeistern gesehen haben, gewinnen sich selbst gewonnene Stellungen jedoch nicht von selbst.

Alboredo, die wusste, dass sie auf verlorenem Posten stand, fand die einzige Gelegenheit um ihre Probleme zu lösen und nach einem natürlichen, aber fehlerhafter Zug des Franzosen wechselte die Bewertungsleiste im Handumdrehen von komplett schwarz auf komplett weiß.

Die Brasilianerin konnte und wollte ihre Freude über diesen Sieg nicht verbergen:

Julia Alboredo saves the season for the Cabybaras by turning around a completely lost game!

She sends the match to blitz tiebreaks.#ProChess pic.twitter.com/yI9NuW3Y5f

— ProChessLeague (@ProChessLeague) March 8, 2023

In der Verlängerung endete die Partie an Brett 1 Remis. Brett 2 ging an die Franzosen und Brett 3 an die Brasilianer und wieder war es die Partie an Brett 4, die noch am Laufen war.

Alboredo hatte die Initiative, aber dann spielte sie einen ausgefallenen Zug, der an einer Taktik scheiterte. Wer kann den Gewinnzug für Weiß finden?

Weiß am Zug gewinnt Material.

Damit hat das Team Blitz in der nächsten Woche die Chance, sich für die Playoffs zu qualifizieren, während die PCL Saison 2023 für die Capybaras leider schon beendet ist. Deren bisherige Leistungen haben ihnen aber immerhin $4.000 in die Mannschaftskasse gespült.

Tabelle

Die Pro Chess League (PCL) ist eine Online-Schachliga für Mannschaften aus der ganzen Welt. In diesem Jahr kämpfen 16 Teams um ihren Anteil am Preisfonds in Höhe von $150.000.

Das Turnier geht über den gesamten Februar und März und für Deutschland sind die Berlin Bears, die von Rasmus und Frederik Svane angeführt werden, am Start.

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