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Sinquefield Cup, Runde 6: Wesley So übernimmt die Rote Laterne

Sinquefield Cup, Runde 6: Wesley So übernimmt die Rote Laterne

PeterDoggers
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Wesley So spielt sein schlechtestes Turnier seit 2 Jahren. Der amerikanische Großmeister verlor gestern gegen Levon Aronian bereits seine dritte Partie beim Sinquefield Cup. Maxime Vachier-Lagrave reichte sein Remis gegen Fabiano Caruana um weiterhin von der Tabellenspitze zu grüßen und Magnus Carlsen vergab im Endspiel gegen Hikaru Nakamura einen Sieg.

Wesley So verlor bereits seine dritte Partie in diesem Turnier. | Foto: Maria Emelianova.

Wesley So war der erste Spieler, der am Chess and Scholastic Center von Saint Louis eintraf, aber am Ende des Tages war er auch der einzige, der seine Partie verloren hatte. Dies war seine zweite Niederlage in Serie und seine Dritte insgesamt bei diesem Turnier.

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Seine großartige Form im letzten Jahr brachte ihn bis auf den zweiten Platz der Weltrangliste, aber seitdem erlebt So einen Einbruch. Das letzte mal, dass er 3 klassische Partie in einem Turnier verloren hatte, war ebenfalls in St. Louis, vor 2 Jahren.

Heute fiel der in den Philippinen geborene US-Großmeister unter die magische Grenze von 2800 und somit auf Platz 6 der aktuellen Weltrangliste. Vladimir Kramnik wird dies sicher freuen, denn damit steigen die Chancen des Russen, sich für das Kandidatenturnier 2018 zu qualifizieren, erheblich.

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Die Weltrangliste nach der heutigen Runde. | Quelle: 2700chess.

Für Levon Aronian war dies sein zweiter Sieg in diesem Turnier und er stieß damit in die Verfolgergruppe, die nur einen halben Punkt hinter dem Führenden liegt, vor. Aronian sagte, dass So heute einige seltsame Züge spielte, und der armenische Großmeister nutzte diese unbarmherzig aus.

Es gab sogar eine Gemeinsamkeit mit der Partie Anand-Caruana, denn auch Wesely So entschied sich, mit wehenden Fahnen unterzugehen, anstatt einen langsamen Tod zu sterben und sein Glück z.B. in einem Endspiel mit einer Qualität weniger zu versuchen.

"Jeder weiß einfach wie gut sein Gegner ist, und dann will niemand das offensichtliche Ende unnötig hinauszögern!" lächelte Aronian.

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Levon Aronian gewann seine Partie schnell und sicher. | Foto: Maria Emelianova.

Neben Aronian, hat auch Magnus Carlsen Plus 1. Er könnte (sollte?) aber auch auf dem ersten Platz liegen, wenn er das (schwierige!) Turmendspiel gewonnen hätte, wozu er zweimal die Chance hatte.

Gegen Hikaru Nakamura erreichte der Weltmeister ein Turm und Läufer Endspiel mit einem Mehrbauern. "Er hat ganz klar die Idee hinter 16.Lb5 unterschätzt. Ich glaube, er hat eine gute Lösung gefunden, indem er seinen Bauern aufgegeben hat," sagte Carlsen.

Carlsen hatte viele Möglichkeiten um diesen Bauern zu gewinnen. Wie es sich zeigte, gelang es aber Nakamura, den Norweger mit dem riskant aussehenden Zug 19...f5 zu verwirren. "Dieser Zug sieht völlig bekloppt aus, aber ich konnte ihn nicht widerlegen," sagte Carlsen.

Das Enspiel war lange Zeit Remis, aber Carlsen kam weit... sehr weit...

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Nakamura stand am Rande einer Niederlage, aber als es darauf ankam, verteidigte er sich hervorragend. | Foto: Maria Emelianova.

"Die ersten 25 Züge oder so spielte ich eine ordentliche Partie, aber dann wurde ich zu unvorsichtig. Ich habe einige Fehler gemacht," sagte Nakamura nach der Partie.

Der Amerikaner hatte auch keine Probleme aufzuzeigen, wo sein Gegner besser hätte spielen können. Zu diesem Zeitpunkt war aber klar, dass diese bessern Züge eigentlich Gewinnzüge für Carlsen gewesen wären. Die Webseite analysis.sesse.net, hinter der ein Computer mit einer sehr starken Rechenleistung steckt, hatte schon ein erzwungenes Matt gefunden.

"Das war schon sehr schlampig von mir," sagte Carlsen, nachdem er das Turmendspiel ruiniert hatte. Zuerst hatten wir diese Stellung...

...und Weiß hat nicht 41.Kg5 gezogen.

Carlsen sagte, er hätte 41...Ke5 erwartet. "Meine Intuition sagte mir, dass er damit genügend Gegenspiel erhalten würde und deshalb habe ich nach anderen Varianten gesucht. Das Problem war, dass ich gedacht habe, dieses Endspiel wäre sowieso gewonnen und dass es keinen Grund gäbe, die Sache zu übereilen."

2 Züge später verspielte Carlsen mit g5 aber alle Siegchancen, da er mit diesem Zug seinem eigenen König den Weg nach h6 verbaute. "Ich wusste irgendwie, dass 43.g5 ein schlechter Zug ist, aber irgendwie hab ich ihn trotzdem gespielt. Um meine Chance aufrecht zu erhalten, muss ich h5 in der Hinterhand haben, aber ich dachte, dass ich schon irgendwie vorwärtskommen würde, und dann war da einfach nichts. Das war nicht gut."

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2015 einigten sich Carlsen und Nakamura nach 95. Zügen auf ein Remis. 2017 einen Zug früher. | Foto: Maria Emelianova.

Nach über 6 Stunden Spielzeit fand dann Nakamura eine schöne Möglichkeit um das Remis zu erzwingen. "Es war eine schwierige Partie aber zumindest habe ich mich am Ende, auch als die Bedenkzeit knapp wurde, gut verteidigt."

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Direkt nach der Partie wies Nakamura seinen Gegner daruaf hin, dass 41.Kg5 wahrscheinlich gewonnen hätte und Carlsen war sich schon seines zweiten Fehlers bewußt und antwortet: "43.g5 war dumm." | Foto: Maria Emelianova.

In der Partie zwischen den letzten beiden WM Herausforderern kam es zu einem relativ schnellen Remis. Sergey Karjakin versuchte mit den weißen Figuren eine Variante des London Systems, die er eigentlich für Schwarz analysiert hatte. "Ich war mir nicht sicher, dass es so leicht sein würde, die Stellung auszugleichen," sagte Karjakin hinterher.

Wie auch immer. Nachdem der Russe zu schnell auf d5 geschlagen hatte, hatte Vishy Anand, der der dritte Spieler im Turnier mit Plus 1 ist, keine Probleme mehr auf dem Brett.

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Karjakin überlegt, ob er auf d5 schlagen soll. | Foto: Maria Emelianova.

Für Eröffnungsfetischisten war Fabiano Caruana gegen Maxime Vachier-Lagrave die Partie des Tages. Der Franzose bleibt seinem geliebten Najdorf treu, auch wenn er damit manchmal in kleine Schwierigkeiten gerät. Heute waren es mindestens "mittlere" Schwierigkeiten, denn Caruana entkorkte im 10. Zug der scharfen 6.Lg5 Variante eine Neuerung.

"Mein norwegischer Freund Torbjørn [Hansen] schlug sie Rustam [Kasimdzhanov, Caruanas Sekundanten] vor, und der schlug sie mir vor. Ich dachte, das wäre eine sehr gefährliche Idee."

Nachdem er einige Minuten über seine Antwort nachgedacht hatte, gab Vachier-Lagrave ein Live Interview:

"In diese Überraschung zu laufen, war etwas ungemütlich. Ich habe mir Zeit genommen aber keinen kongreten Weg zum Ausgleich gefunden. Vielleicht gibt es einen, aber die Berechnung dafür war zu tief... Ich hätte auf b2 schlagen können aber dann kommt meine Dame in Gefahr und das wollte ich vermeiden. Ich entschied mich für eine solide Fortsetzung. Ich stehe momentan aber total im Wald," sagte MVL.

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Caruana und MVL, die gute Freunde sind, kurz bevor die Direktorin der World Chess Hall Of Fame, Shannon Bailey, den Start der sechsten Runde einläutet. | Foto: Maria Emelianova.

Als Najdorf Spieler solltest Du nie Angst vor einer Neuerung haben. Wie Caruana zu sich selbst sagte: "Najdorf ist eine Eröffnung, in der sich aus jeder Idee mindestens zwei neue Ideen ergeben."

Nach der Partie zeigte sich, dass sich MVL nicht über den Zug selbst, sondern über die Tatsache, dass er ihn in seinen Heimanalysen noch nie gefunden hatte, ärgerte. "Es war echt schade, dass ich diese Idee nicht gefunden hatte und sie selbst ausarbeiten musste."

Dies hat er aber glänzend vollbracht, und damit bleibt der Franzose weiterhin ungeschlagen.

Chess.com's Interview mit Maxime Vachier-Lagrave. "Mr. Najdorf" spricht über seine Partie, sein Gigantenblitzduell mit Danny Rench und seine Lieblingsserien auf Netflix..

Die Partie Ian Nepomniachtchi gegen Peter Svidler fand keine große Aufmerksamkeit, denn in dieser Partie war die Spannung bereits vorbei, bevor sie richtig begonnen hatte. Svidler wurde von der Spanisch-Variante ohne h3 nicht besonders überrascht und wich etwas von seiner üblichen Fortsetzung dieser Variante ab. Er verlor zwar dann einen Bauern aber die ungleichfarbigen Läufer auf dem Brett retteten ihm das Remis.

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Svidler bestand eine weitere "Spanisch-Prüfung". | Foto: Maria Emelianova.

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Sinquefield Cup 2017 | Tabelle nach der 6. Runde

# Land Name ELO Lstg. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 Punkte SB
1 Vachier-Lagrave,M 2791 2916 ½ 1 ½ ½ ½ 1 4.0/6
2 Anand,V 2783 2848 ½ ½ 1 ½ ½ ½ 3.5/6 10.50
3 Aronian,L 2799 2844 ½ ½ 0 ½ 1 1 3.5/6 9.75
4 Carlsen,M 2822 2851 0 ½ ½ 1 ½ 1 3.5/6 9.50
5 Caruana,F 2807 2787 ½ 0 1 ½ ½ ½ 3.0/6 10.00
6 Karjakin,S 2773 2785 ½ ½ 0 ½ 1 ½ 3.0/6 8.75
7 Nakamura,H 2792 2726 ½ ½ ½ ½ 0 ½ 2.5/6 7.75
8 Svidler,P 2749 2725 ½ ½ 0 ½ ½ ½ 2.5/6 7.25
9 Nepomniachtchi,I 2751 2730 0 ½ ½ 1 ½ 0 2.5/6 6.75
10 So,W 2810 2664 0 0 0 ½ ½ 1 2.0/6
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Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms. Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools. Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013. As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

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