Superbet Chess Classic Romania, Runde 2: Nepomniachtchi schlägt Firouzja
Der zweite Tag in Bukarest bot uns viel Spannung und hochkomplizierte Partien, aber wieder nur einen Sieg. Der Sieger des Tages war Ian Nepomniachtchi, der gegen Alireza Firouzja gewinnen konnte.
Die dritte Runde beginnt am Samstag, dem 7. Mai um 14.00 Uhr
So könnt Ihr zusehen
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Obwohl es in der zweiten Runde genauso viele Remis wie in der ersten gab, waren die Partien alles andere als langweilig. Auf fast jedem Brett war Aktion zu sehen und einige Partien waren so kompliziert, dass es kaum zu glauben ist, dass die Spieler es geschafft haben, so genau zu spielen, wie sie es getan haben.
Der einzige Sieger der ersten Runde, Wesley So, durfte auch heute gegen Maxime Vachier-Lagrave mit Weiß spielen. So entschied sich erneut für 1.d4 und hatte wohl auf die Grünfeld-Verteidigung gehofft und hier sicher etwas vorbereitet. Vachier-Lagrave hatte aber keine Lust sich die Vorbereitung von So zeigen zu lassen und antwortete mit einem angenommenen Damengambit, das er in den letzten Jahren immer wieder eingestreut hatte.
In einer Variante, die beide Spieler zwar schon zuvor, aber noch nie gegeneinander gespielt hatten, glich Schwarz ohne allzu viel Aufhebens aus und als die Spieler die 20-Zug-Marke überschritten hatten, fingen sie an, die Züge zu wiederholen.
Die eben gezeigte Partie war sicher die am wenigsten Ereignisreiche der Runde und alleine schon die Partie zwischen Shakhriyar Mamedyarov und Richard Rapport war mehr als nur Kompensation dafür.
Mamedyarov ist kein Spieler, der nach einer Niederlage wie der gestrigen lange seine Wunden leckt und entschied sich, die Partie mit 1.e4 zu beginnen. Diesen Zug spielt er im klassischen Schach sehr selten und Rapport antwortete mit der französischen Verteidigung, die er schon gegen Vidit Gujrathi beim Grand Prix in Belgrad erfolgreich eingesetzt hatte.
Nach dem Zug 3.Sc3 von Mamedyarov entschied sich Rapport für die ungewöhnliche und auch etwas zweifelhafte Antwort 3...Sc6. Diese Linie hat er aber schon in einigen Partien gespielt. Dies war dann auch schon der Startschuss für einige verblüffende Komplikationen, die Mamedyarov dazu brachten, seine Fähigkeit, Schach zu spielen, nach der Partie in Frage zu stellen.
Anstatt zu versuchen, Euch die Entwicklungen auf dem Brett zu erklären, ermutige ich Euch, die Partie einfach nachzuspielen und entgegen meiner Standardempfehlung, das zunächst ohne eingeschaltete Engine zu machen, empfehle ich Euch hier, die Engine von Anfang an einzuschalten, weil es andernfalls völlig unmöglich ist, hinter den Zügen einen Sinn zu erkennen. Die Tatsache, dass die Spieler aber natürlich ohne Engine spielten und relativ wenige Ungenauigkeiten machten, ist einfach unglaublich beeindruckend.
In der ersten Runde konnte Bogdan-Daniel Deac gegen Nepomniachtchi relativ komfortabel Remis halten. Er geriet dabei aber völlig unnötig in Zeitnot und das sollte sich in der zweiten Runde wiederholen. Er erspielte sich eine angenehme Stellung, dann glich sein Gegner aus und in Zeitnot geriet der Rumäne in Schwierigkeiten.
Sein Gegner in der zweiten Runde war Levon Aronian, der ja in letzter Zeit ziemlich gut gespielt hatte und wie die meisten Spieler in letzter Zeit nahm das Damengambit von Deac an. Nach der Partie sagte Aronian, dass er im letzten Jahr und besonders, seit Fabiano Caruana dieser Eröffnung so glänzend spielt, nur wenig Zeit mit anderen Varianten gegen das Damengambit verbracht hatte.
Deac wählte die 7.b3 Variante, die wir auch in der Partie So gegen Vachier-Lagrave gesehen hatte und obwohl er sich eine gute Stellung erspielen konnte, war Schwarz nie ernsthaft in Schwierigkeiten. Nachdem Deac den harmlosen Zug 14.De2 gespielt hatte, war aber jede Spur von Vorteil verschwunden und dann begann Aronian, etwas Initiative zu entwickeln und unterstützt durch Deacs extreme Zeitnot nahm sie konkrete Formen an.
Kurz vor der Zeitkontrolle hatte Aronian mehrere Gelegenheiten, Weiß das Leben ziemlich unangenehm zu machen, aber ein paar Züge später waren die Chancen weg und bald danach wurde ein Remis vereinbart.
Letzte Woche spielten Caruana und Leinier Dominguez beim Amerikas Cup in St. Louis noch um einen Platz im Finale. Dort konnte Caruana mit Weiß gewinnen und mit Schwarz ein Remis halten. Dort entschied sich Caruana auf Dominguez's Zug 1.e4 für 1...e5 und daraus entstand eine italienische Eröffnung
In Bukarest entschied sich Caruana aber für die Sveshnikov-Variante der Sizilianischen Verteidigung. Also genau die Eröffnung, die er bei der WM 2018 in London gegen Magnus Carlsen mehrmals gespielt hatte. Caruana hat kurz nach der WM einige Male das Sveshnikov gespielt, aber weder davor noch danach und daher hat Caruanas Wahl der Eröffnung den ansonsten äußerst gut vorbereiteten Dominguez wohl überrascht. Im 14. Zug spielte er den ziemlich obskuren, sicheren und harmlosen Zug 14.a3 anstatt der Hauptvariante 14. h4, die schon in Tausenden von Partien gespielt wurde.
Obwohl Schwarz nach diesem Zug bereits ausgeglichen hatte, begann Weiß die Stellung langsam in den Griff zu bekommen und konnte ein leichtes Plus entwickeln. Mehr war es aber nie und selbst in gegenseitiger Zeitnot war die Stellung immer ausgeglichen.
Ein faszinierender, strategischer Kampf der beiden amerikanischen Schwergewichte war es aber trotzdem:
Wie schon in der ersten Runde haben wir uns das Beste für den Schluss aufgehoben. Die einzig entscheidende Partie ist wieder die letzte in diesem Artikel. Zuschauer und Fans, die diese Partie live verfolgt und auf den Bewertungsbalken geachtet haben, liefen Gefahr, ein Schleudertrauma zu erleiden. Die Partie war intensiv und sehr kompliziert.
Im Moment wird alles, was Firouzja betrifft, mit Spannung erwartet. Letztes Jahr kletterte er auf den zweiten Platz der Weltrangliste und überholte sowohl Caruana als auch Ding Liren. Letzterer hat sich zwar den zweiten Platz in der Weltrangliste durch einige eigenartige Turniere zurückerobert und wird jetzt auch im Kandidatenturnier Sergei Karjakin ersetzen, aber Firouzja ist trotzdem das Gesprächsthema Nummer eins.
In der zweiten Runde spielte der Wahl-Franzose gegen keinen geringeren, als den Sieger des letzten Kandidatenturniers, Ian Nepomniachtchi, und der Russe will allen beweisen, dass er besser spielen kann als bei der letzten WM und beim Kandidatenturnier in Madrid zu den Favoriten gehört. Es wäre übrigens erst das vierte Mal, dass ein Spieler zwei Kandidatenturniere in Folge gewinnt. Bisher ist das nur Vasily Smyslov, Boris Spassky und Viktor Korchnoi gelungen.
Firouzja entschied sich für das Läuferspiel, also die Züge 1.e4 e5 und 2.Lc4. Das ist eine relativ ruhige und positionelle Eröffnung, aber schnell wurde klar, dass diese Beschreibung der Eröffnung mit der daraus entstehenden Partie überhaupt nichts zu tun hatte. In den ersten 15 Zügen folgten die Spieler noch bekannten Pfaden, aber dann wählte Firouzja die seltsame Fortsetzung 16.h3, 17.g3 und 18.g4 und übergab damit die Initiative an Schwarz. Das ist aber noch lange nicht das Ende der Geschichte.
In einer schwindelerregenden Partie, die mehr einer Achterbahnfahrt als einer Schachpartie glich, hatten beide Spieler viele Möglichkeiten und verschieden große Vorteile. Manchmal stand Weiß besser, dann stand Schwarz so gut wie auf Gewinn. Dann stand plötzlich wieder Weiß besser und dann wieder Schwarz. Und zwischendurch war die Stellung auch mal "ausgeglichen". Offensichtlich konnten weder die Spieler noch die Kommentatoren, die mutig versuchten, den ganzen Wahnsinn zu verstehen, mit dem eigentümlichen Boogie der Bewertungsleiste neben dem Brett mithalten.
Der entscheidende Wendepunkt war wohl, als ein von Zeitproblemen geplagter Firouzja beschloss, seinen beeindruckenden Springer von d5 über c3 nach d1 zu schicken, um ihn vom Dominator zum Verteidiger umzuschulen und seinen Kollegen auf b5 zurückzulassen, wo er überhaupt keinen Beitrag zum Geschehen auf der anderen Seite des Bretts leisten konnte.
Tabelle nach der zweiten Runde
Alle Partien der zweiten Runde
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