Superbet Chess Classic Romania, Runde 7: Firouzja, Mamedyarov und Vachier-Lagrave gewinnen
Alireza Firouzja und Shakhriyar Mamedyarov haben in der siebten Runde des Superbet Chess Classic Romania 2022 ihre ersten Partien gewonnen und auch Maxime Vachier-Lagrave nahm ein Geschenk seines Gegners dankend an und gewann seine Partie.
Die beiden Tabellenführer Levon Aronian und Wesley So gaben sich mit unblutigen Remis zufrieden, aber der Rest des Feldes kämpfte verbissen um jeden Punkt und da drei Partien gewonnen wurden, ist der Vorsprung der beiden Amerikaner auf Vachier-Lagrave auf einen halben Punkt zusammengeschmolzen. Die große Verfolgergruppe folgt mit einem weiten halben Punkt Rückstand.
Die achte Runde beginnt am Freitag, dem 13. Mai, um 14.00 Uhr.
So könnt Ihr zusehen
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Die Partien des Superbet Chess Classic Romania findet Ihr hier auf Chess.com/events.
Manchmal kann Schach richtig spaßig und manchmal auch wirklich langweilig sein. Und dann gibt es Tage, an denen Schach einfach nur bizarr ist. Am Donnerstag konnten wir all diese Facetten des Schachs erleben.
Co-Loader Aronian hatte angekündigt, sich an Fabiano Caruana für seine Niederlage im Finale des America Cups vor einigen Wochen revanchieren zu wollen und wählte dafür sehr überraschend das in letzter Zeit wieder beliebt gewordene Läuferspiel als Eröffnung.
Das war es aber schon mit den Überraschungen, denn er hatte keine konkrete Idee im Kopf und beide Spieler haben auch viel Erfahrung mit dieser Eröffnung - Aronian sogar mit beiden Farben.
Es wurde schnell klar, dass Weiß sehr wenig hatte und nach seinem Zug 13.Sg3 hatte er überhaupt nichts mehr. Mit seinem 14. Zug lud Aronian Caruana im Wesentlichen zu einem Generalabtausch und einer anschließenden Zugwiederholung ein und Caruana sah keinen Grund, dies zu vermeiden.
Lokalmatador Bogdan-Daniel Deac verlor am Vortag eine aussichtsreiche Stellung und wollte gegen den ultrasoliden Amerikaner Wesely So kein Risiko eingehen.
So nahm das Damengambit seines Gegners an und damit hatten beide Spieler eine Stellung auf dem Brett, mit der sie sich schon in der zweiten Runde beschäftigt haben. Deac gegen Aronian und So gegen Vachier-Lagrave und beide Partien wurden mit dem Zug 7.b3 fortgesetzt. Deac wiederholte diesen Zug und erst im 13. Zug wich So von seiner Partie aus der zweiten Runde ab.
Deac hätte auch auf einen Vorteil spielen können, aber nach seinem Zug 15.Tc1 war klar, dass er nur ein Remis wollte. So wollte anscheinend auch nicht mehr, tauschte beide Turmpaare und kurz danach fanden die Spieler einen Weg, um die Züge zu wiederholen.
Wenn man wie Richard Rapport in einer tollen Form auf ein Turnier reist, erwartet man eigentlich nicht, dass es sich so entwickelt wie dieses. Er hat zwar bislang kreativ und gut gespielt, aber das hat bisher noch zu keinem einzigen Sieg geführt.
Nach Vachier-Lagraves Leistung gegen Aronian in der sechsten Runde hatte Rapport vielleicht gehofft, seinen Sieg im Halbfinale von Belgrad wiederholen zu können. In dieser Partie hatte der Franzose seine Lieblingseröffnung, die Grünfeld-Verteidigung, völlig in den Sand gesetzt.
Offensichtlich fand es Vachier-Lagrave weise, diese Eröffnung zu vermeiden und sich stattdessen für ein weiteres angenommenes Damengambit zu entscheiden. Also die Eröffnung, die er, wie bereits in diesem Bericht erwähnt, in der zweiten Runde gegen Wesley So gespielt hatte.
Durch eine Zugumstellung landeten die Spieler in einer ausgiebig erforschten Variante der halbslawischen Verteidigung. In einem sehr langsamen Tempo navigierten sie bis zum 23. Zug durch die etablierte Theorie der Hauptvarianten, bis Vachier-Lagrave einen etwas überraschenden Zug wählte.
Kurz darauf spielte Rapport den aggressiven Zug 27.Te5 und bereitete damit schon den entscheidenden Fehler 28.Sd5 vor. Da Rapport einfach vergessen hatte, dass der Läufer auf a5 das Feld d8 kontrolliert und damit das Matt, das Rapport im Sinn gehabt hatte, verhinderte, kostete ihm das einen Turm und natürlich auch die Partie.
Hier seht Ihr eine Videoanalyse von "The Big Greek" IM Georgios Souleidis dieser Partie:
In der nächsten Partie gab es so viele Höhen und Tiefen, dass selbst GothamChess auf seinem YouTube-Kanal große Schwierigkeiten gehabt hätte, die Elo der Spieler zu erraten.
Ian Nepomniachtchi hatte zweifellos auf eine bessere Generalprobe für das Kandidatenturnier gehofft als hier, wo die Dinge nach einem durchaus guten Turnierstart nicht wirklich so entwickelt haben, wie er sich das vorgestellt hat. In der heutigen Partie musste er gegen Vorjahressieger Mamedyarov spielen, dessen Interviews nach den Partien desto unterhaltsamer werden, je weiter er vom Kurs abgekommt.
In einer Variante der italienischen Eröffnung, die beide Spieler schon zuvor gespielt hatten, beschloss Nepomniachtchi, von einer Online-Partie, die er vor ein paar Jahren gegen Aronian gespielt hatte abzuweichen. Ob sich seine Neuerung 13.Sg3 durchsetzt, bleibt abzuwarten, aber sie sah wirklich vielversprechend aus. Ein paar ungenaue Züge später sah sich Weiß aber schon gezwungen einen Bauern zu opfern.
Mamedyarov nahm das Opfer an und schien trotz seines offenen Königs, der Weiß etwas Kompensation für den geopferten Bauern gab, mit seiner Stellung zufrieden zu sein.
In der Folge fand Mamedyarov dann nicht den richtigen Weg, um seine Figuren zu organisieren und in der Hochphase der Zeitnot vor dem 40. Zug gerieten die Dinge völlig außer Kontrolle
Zuerst ging Mamedyarov mit 28...Td3 und 29...Txc3 auf Bauernjagd, was Weiß auf der a1-h8 Diagonale einige böse Chancen ermöglichte, die Weiß aber zunächst verpasste. Dann unterlief Schwarz im 35. Zug ein grober Fehler und Nepomniachtchi noch 20 Minuten Zeit, um den KO-Schlag 36. Df2 zu finden. Stattdessen entschied er sich aber nach lediglich zwei Minuten für den Zug 36. Tf6 und warf damit seinen ganzen Vorteil weg.
Sogar nach der Zeitkontrolle ging das Fehlerfestival weiter, aber auf 43.Da3 fand Mamedyarov den Gewinnzug 43...c5, der das Gegenspiel von Weiß beendet und damit auch die Partie entscheidet.
Anschließend verwandelte Mamedyarov gekonnt seinen Vorteil und konnte die Rote Laterne abgeben.
Firouzja hatte sich in diesem Turnier schon mehrere gute Stellungen erspielt, konnte aber aus keiner davon Kapital schlagen. Sein Gegner Leinier Dominguez hingegen konnte in der letzten Runde gegen Deac gewinnen und ging voller Selbstvertrauen in die Partie.
Gegen Firouzjas 1.d4 entschied sich Dominguez für eine moderne und ziemlich zweischneidige Variante der Nimzo-Indischen Verteidiung, auf die der französisch-iranische Großmeister aber eindeutig gut vorbereitet war. Nach der Partie erwähnte er, dass er bis zum 17. Zug alles vorbereitet hatte und wusste, dass er diese Stellung auf Sieg spielen konnte.
In einem komplexen Mittelspiel machte Dominguez mit 27...Sf5 den ersten Fehler. Da sich der Springer schon direkt im nächsten Zug wieder zurückziehen musste, gab das der Initiative von Weiß am Königsflügel etwas zusätzlichen Wind in den Segeln. Es war zwar noch nichts Entscheidendes, aber genug, um Schwarz das Leben ein wenig unangenehm zu machen.
Als Dominguez dann erneut beschloss, seinen Springer von e7 zu ziehen, erlaubte er damit das brillante Opfer 36.Th7, das die Partie fast auf der Stelle entschied, da Dominguez bei dem Versuch, eine Antwort auf das Opfer zu finden, beinahe auf Zeit verloren hätte.
Mit nur noch einer Sekunde auf der Uhr fand Dominguez den einzigen Zug, der im am Leben hält und im nächsten Zug wiederholte er das Kunststück mit zwei Sekunden auf der Uhr. Danach konnte Firouzja aber in ein gewonnenes Endspiel vereinfachen.
"Es fühlt sich gut an, eine Partie zu gewinnen", sagte der sichtlich erleichterte Firouzja nach der Partie. "Jetzt habe ich auch mein Selbstvertrauen wieder."
Obwohl er in der achten Runde mit Schwarz gegen Wesley So spielen muss, blickt er jetzt optimistisch auf den Rest des Turniers. Allerdings sollte er bedenken, dass dies die letzte Weißpartie von So ist und der Amerikaner deshalb sicher voll auf Sieg spielen wird.
Die Tabelle nach der 7. Runde
Alle Partien der siebten Runde
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