Tata Steel Runde 11: Dubov positiv getestet
Obwohl er in der 11. Runde des Tata Steel Turniers 2022 einen Sieg gegen Vidit Gujrathi verpasste, führt Magnus Carlsen weiterhin die Tabelle an. GM Richard Rapport liegt nach seinem kampflosen Sieg Daniil Dubov auf dem zweiten Platz. Der Russe musste das Turnier nach einem positiven Corona-Test verlassen.
Anish Giri verlor nach der Niederlage gegen seinen Landsmann Jorden van Foreest, der mit einem Qualitätsopfer Erfolg hatte, an Boden und Fabiano Caruana konnte mit Schwarz gegen Praggnanandhaa R. gewinnen.
Zweieinhalb Stunden vor Beginn der Runde verschickten die Organisatoren von Tata Steel eine Pressemitteilung mit der Nachricht, dass Dubov das Turnier verlassen musste, nachdem er am Donnerstag mit einem PCR-Test positiv auf das Coronavirus getestet worden war. Turnierdirektor Jeroen van den Berg wurde folgendermaßen zitiert: "Es tut mir leid für Daniil, dass er unser Turnier jetzt verlassen muss. Die gesamte Organisation des Tata Steel Turniers fühlt mit ihm, wünscht ihm in diesen schwierigen Zeiten alles Gute und hofft, dass der im Rest des Jahres noch große sportliche Erfolge erringen kann."
Diese Nachricht war vielleicht keine große Überraschung, wenn man bedenkt, dass jemand aus Dubovs engem Umfeld Anfang dieser Woche positiv getestet worden war. Daraufhin war der russische GM aufgefordert worden, bei seiner nächsten Partie eine Gesichtsmaske zu tragen, was er jedoch prinzipiell abgelehnt hatte. Er verlor dann seine Partie gegen Giri kampflos. Nach negativen Tests konnte Dubov aber zur Normalität zurückzukehren und wie zuvor ohne Maske spielen. Dann aber fiel der Test am Donnerstag positiv aus.
Da Dubov schon mehr als die Hälfte der Partien gespielt hat, bleiben die Ergebnisse seiner bisherigen Partien und seine restlichen drei Partien werden als kampflose Niederlagen gewertet. Das sind neben der heutigen Partie gegen Rapport auch die morgige Partie gegen Praggnanandhaa R. und die letzte Partie am Sonntag gegen Carlsen. Und damit sind Carlsens Chancen auf seinen achten Titel in Wijk aan Zee drastisch gestiegen.
Carlsen hätte seine Ausgangslage aber sogar noch weiter verbessern können, wenn er heute nicht seine Gewinnstellung in einem Turmendspiel verspielt hätte. Das passiert dem Norweger, den viele für den besten Endspielspieler in der Geschichte des Spiels halten, nun wirklich selten, aber es muss auch gesagt werden, dass der Gewinn alles andere als trivial war.
"Es war nicht sehr offensichtlich. Ich denke, das war der Moment, in dem ich mir mehr Zeit zum Nachdenken nehmen hätte sollen, aber es war nicht einfach", sagte Carlsen, nachdem er die Fortsetzung der Engine auf einem Laptop im Pressezentrum gesehen hatte. "Ich versuche immer noch, die Computervariante nachzuvollziehen."
Eigentlich hatten die Experten ein schnelleres Remis erwartet, da Vidit eine ganze Weile sehr gut spielte und die Spieler ein sehr ausgeglichenes Endspiel erreicht hatten. In leichter Zeitnot liquidierte der Inder aber in ein ungünstiges Turmendspiel, in dem er tatsächlich für einige Züge lang auf Verlust stand.
Carlsen machte jedoch den "übereilten" Zug 36.d7, woraufhin die Bewertung der Engines wieder auf 0,00 fiel. Dann machte Vidit keine Fehler mehr und hielt das Remis, was bedeutet, dass er gegen Carlsen im klassischen Schach weiterhin ungeschlagen ist, denn alle drei bisherigen Partien zwischen den beiden endeten ebenfalls Remis.
Für sein Interview hatte er einige lustige Sätze vorbereitet. "Ich hätte auch ein leichteres Remis erreichen können, aber was hätte das gebracht?" begann Vidit. "Es gibt so viele Remis und die Leute wollen ja eine Show sehen. Deshalb habe ich besonders lange gespielt. Und Magnus kann ja am letzten Tag überhaupt nicht spielen, obwohl er doch so gerne Schach spielt und deshalb dachte ich mir: Ok, machen wir es etwas interessanter."
Van Foreest konnte zum ersten Mal überhaupt eine klassische Partie gegen Giri gewinnen und hat mit diesem Sieg seine Bilanz gegen seinen Landsmann ausgeglichen. Die erste Partie zwischen den beiden Holländern konnte Giri 2017 in Reykjavik gewinnen. Die nächsten drei endeten Remis.
Es ist auch das zweite Jahr in Folge, dass Van Foreest Giris Träume vom Turniersieg platzen ließ, denn schließlich hatte er ja schon im vergangenen Jahr überraschend das Playoff gegen Giri um den Turniersieg gewonnen.
In einem klassischen Nimzo-Inder konzentrierte Giri sein Spiel auf den Damenflügel und setzte den Doppelbauern von Weiß auf der c-Linie unter Druck. Wie es sich herausstellte, hatte er aber seinen König zu sehr im Stich gelassen und Van Foreest bekam die Chance auf ein vielversprechendes Qualitätsopfer.
In dieser Stellung spielte Van Foreest 16.Txf6!
Daraufhin musste Giri seine Pläne auf die Verteidigung seines Königs umstellen, aber er fand nicht die besten Züge und wurde am Königsflügel überrannt.
"Ich bin sehr glücklich und zufrieden mit der Partie", sagte Van Foreest. "Nach meiner Niederlage vor zwei Tagen wollte ich heute kämpfen, also dachte ich, lass es uns versuchen. Ich habe eine sehr riskante Variante gespielt, aber ich dachte, dass ich dadurch gute Chancen auf einen echten Kampf bekommen sollte."
Bei der Chess.com-Übertragung kam man zu dem Schluss, dass das Qualitätsopfer einen Zug früher vielleicht sogar noch stärker gewesen wäre. Van Foreest sah sich das an und argumentierte: "Ich dachte, mit seinem Bauern auf c5 bekomme ich diese schöne Blockade, weil all seine Bauern im Zentrum stehen. Wenn sein Bauer dagegen auf c7 steht, kann er seinen Springer schnell von b7 nach c5 überführen und deshalb dachte ich, dass es dort nicht so klar war. Ich bin mir ja nicht einmal sicher, wie klar es in der Partie war, aber wie sich herausstellte, stand Weiß immer sehr gut."
Wie das Schicksal es wollte, hat Carlsen heute von gleich zwei seiner Sekundanten bei der letzten WM eine große Hilfe erhalten: Von Dubov, weil er am Sonntag einen kampflosen Punkt bekommen wird und von Van Foreest, weil er seinen Hauptkonkurrenten um den Turniersieg besiegt hatte.
Carlsen lobte Van Foreest: "Ich muss sagen, er hat, soweit ich das beurteilen kann, eine sehr gute Partie gespielt. Es zeigt, dass sein Level wirklich sehr hoch ist. Er kann großartige Partien spielen und ich freue mich für ihn."
He can play some awesome games, and I am happy for him.
—Magnus Carlsen
In ihrer allerersten Partie überhaupt kam Caruana zwar etwas schlechter aus der Eröffnung, konnte Praggnanandhaa dann in einer ziemlich guten Partie besiegen. Besonders schön war die Schlussphase, die Kommentatorin Fiona Steil-Antoni als "ein Meisterwerk" bezeichnete.
Wie Caruana erklärte, war Praggs großer Fehler der Zug 23.Sd4, nachdem Weiß überraschend schnell in Schwierigkeiten gerät. "Das Endspiel danach ist wohl verloren. Der Vorteil von Schwarz ist zwar nur gering, aber sehr konkret", sagte Caruana, der am Ende ein Mattnetz um den König seines Gegners gesponnen hatte.
Carlsen hat nur noch eine Partie vor sich, aber das ist eine große: Morgen mit Schwarz gegen Caruana. Der zweitplatzierter Rapport muss ebenfalls mit Schwarz gegen Andrey Esipenko spielen. Gelingt es dem Weltmeister, seinen Vorsprung von einem halben Punkt zu halten, wäre das Turnier entschieden, denn am Sonntag ist ihm der volle Punkt sicher.
"Ehrlich gesagt mache ich mir mehr Sorgen um meine eigene Leistung", sagte Carlsen über diese Ausgangslage. "Heute war ja nicht so toll. Aber ja, offensichtlich habe ich großes Glück mit den Umständen, die außerhalb meiner Kontrolle liegen. Ich hoffe vor allem, dass es Daniil gut geht. Heute Morgen schien es ihm gut gegangen zu sein und ich hoffe wirklich, dass er es zum Grand Prix nach Berlin schaffen kann. Dieses Turnier war für ihn ja sowieso schon irgendwie ruiniert, also denk ich, dass das jetzt seine größte Priorität sein wird. Und natürlich, relativ gesund zu bleiben.
Tabelle nach der 11. Runde - Masters
# | Land | Name | Elo | Lstg. | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | Punkte | SB |
1 | Carlsen | 2865 | 2855 | 1 | 1 | 1 | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | 7.5 | |||||
2 | Rapport | 2763 | 2830 | 0 | ½ | ½ | ½ | 1 | 1 | 0 | ½ | 1 | 1 | 1 | 7.0 | |||||
3 | Giri | 2772 | 2801 | 0 | ½ | 1 | ½ | ½ | 1 | 0 | ½ | 1 | 1 | ½ | 6.5 | 33.5 | ||||
4 | Mamedyarov | 2767 | 2793 | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | 1 | ½ | ½ | ½ | 1 | 6.5 | 32.5 | ||||
5 | Esipenko | 2714 | 2779 | ½ | 0 | ½ | 1 | ½ | ½ | 1 | ½ | ½ | ½ | ½ | 6.0 | 32.75 | ||||
6 | Karjakin | 2743 | 2771 | ½ | ½ | ½ | ½ | 0 | ½ | 1 | ½ | ½ | ½ | 1 | 6.0 | 31.75 | ||||
7 | Vidit | 2727 | 2766 | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 0 | ½ | 1 | 1 | 1 | 0 | 6.0 | 30.5 | ||||
8 | Caruana | 2792 | 2750 | 0 | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | 6.0 | 27.75 | ||||
9 | Van Foreest | 2702 | 2740 | ½ | 0 | 1 | 0 | 0 | 0 | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | 5.5 | |||||
10 | Duda | 2760 | 2713 | ½ | 1 | ½ | 0 | ½ | ½ | ½ | 0 | ½ | ½ | ½ | 5.0 | |||||
11 | Shankland | 2708 | 2679 | ½ | ½ | 0 | ½ | ½ | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 4.5 | |||||
12 | Dubov | 2720 | 2606 | 0 | 0 | ½ | ½ | ½ | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | 0 | 3.5 | 19.75 | ||||
13 | Grandelius | 2672 | 2606 | ½ | 0 | ½ | ½ | ½ | 0 | 0 | 0 | ½ | 1 | 0 | 3.5 | 18.75 | ||||
14 | Praggnanandhaa | 2612 | 2619 | 0 | 0 | ½ | 0 | 0 | 1 | 0 | 0 | ½ | ½ | 1 | 3.5 | 17.5 |
Arjun Erigaisi hat in der 11. Runde des Challenger Turniers schnell remisiert, aber den Turniersieg noch nicht ganz unter Dach und Fach gebracht, denn sowohl Thai Dai Van Nguyen als auch Jonas Buhl Bjerre konnten ihre Partien gewinnen und damit ihren Rückstand auf 1.5 Punkte verkürzen. In der 12. Runde kommt es dann zum großen Duell zwischen Nguyen und Erigaisi. Wie sehr diese Partie davon beeinflusst werden wird, dass der Tscheche heute fast sieben Stunden brauchte, um den deutschen IM Roven Vogel zu besiegen, wird sich zeigen:
Bjerre hat wieder gewonnen, aber nicht ohne etwas Glück:
Tabelle nach der 11. Runde - Challenger
# | Land | Name | Elo | Lstg. | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | Punkte | SB |
1 | Erigaisi | 2632 | 2816 | 1 | ½ | 1 | ½ | 1 | ½ | 1 | 1 | ½ | 1 | 1 | 9.0 | |||||
2 | Bjerre | 2586 | 2702 | 0 | 0 | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | 1 | ½ | 1 | 1 | 7.5 | 38 | ||||
3 | Nguyen | 2613 | 2676 | 1 | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | 1 | 1 | 7.5 | 36.25 | ||||
4 | Jumabayev | 2631 | 2618 | ½ | 0 | ½ | ½ | 1 | ½ | 1 | 1 | ½ | ½ | ½ | 6.5 | |||||
5 | Warmerdam | 2607 | 2596 | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | 1 | 6.0 | |||||
6 | Van Foreest | 2539 | 2575 | ½ | ½ | ½ | 0 | ½ | ½ | 1 | ½ | 0 | 1 | ½ | 5.5 | 31.5 | ||||
7 | Murzin | 2519 | 2568 | 0 | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | 1 | ½ | 5.5 | 27.25 | ||||
8 | L'Ami | 2622 | 2544 | ½ | 0 | ½ | ½ | 0 | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | 1 | 5.5 | 26.75 | ||||
9 | Gangul | 2627 | 2545 | 0 | 0 | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | 1 | 1 | 5.5 | 22.75 | ||||
10 | Dardha | 2532 | 2498 | 0 | ½ | ½ | 0 | 0 | ½ | ½ | 0 | 1 | ½ | 1 | 4.5 | |||||
11 | Maurizzi | 2502 | 2473 | 0 | 0 | ½ | ½ | 1 | ½ | ½ | 0 | 1 | 0 | 0 | 4.0 | 21.75 | ||||
12 | Shuvalova | 2516 | 2460 | ½ | ½ | 0 | 0 | 0 | 0 | ½ | 0 | 1 | ½ | 1 | 4.0 | 19.5 | ||||
13 | Vogel | 2452 | 2409 | 0 | 0 | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | 0 | ½ | ½ | 0 | 3.0 | 16 | ||||
14 | Zhu | 2478 | 2400 | 0 | 0 | ½ | 0 | ½ | 0 | 0 | 0 | 1 | 0 | 1 | 3.0 | 13 |
Alle Partien der 11. Runde
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