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Wesley So ist Schach960 Weltmeister
Wesley So, the first World Fischer Random Champion, is crowned. Photo: Lennart Ootes/Chess.com.

Wesley So ist Schach960 Weltmeister

JonathanTisdall
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Wesley So hat das Finale gegen Magnus Carlsen gewonnen und ist damit der erste offizielle Schach960 Weltmeister. Am dritten und letzten Finaltag benötigte So nur 2 Partien, um sich den Titel zu sichern.

In der ersten Partie willigte So in einer guten Stellung nur zu gerne in eine Zugwiederholung ein, um dann in der zweiten Partie alle verzweifelten Angriffsversuche Carlsens abzuwehren. 

Im kleinen Finale stellte Ian Nepomniachtchi gegen Fabiano Caruana seine starke Form unter Beweis. Sein Sieg mit Schwarz in der dritten Partie mit den schwarzen Figuren brachte ihm den dritten Platz ein und beendete die erste FIDE Schach960 Weltmeisterschaft.

Was ist eigentlich Schach960? Alles über Schach960 findet Ihr hier! 

Carlsen kommt im Henie Onstad Art Center an. Foto: Lennart Ootes/Chess.com.

Die Anfangsstellung der ersten beiden Schnellschachpartien.

Bei der heutigen Enthüllung der Anfangsstellung gab es nur wenige überschwängliche Reaktionen. Carlsen hat natürlich bemerkt, dass die Könige gut geschützt sind. Wie immer war So am meisten begeistert und hatte gleich eine Frage zur Rochade. Er fragte, ob ein Spieler auch dann den König zuerst berühren muss, wenn er auf den Damenflügel rochiert, weil der König ja bereits auf dem Zielfeld stand, oder ob ein Spieler in diesem Fall den Turm zuerst berühren darf.

Die 4 besten Schach960 Spieler der Welt. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Die ständige Anspielung auf den Vorfall im Halbfinale mit Nepomniachtchi, als eine Partie schließlich wiederholt wurde, dass Wesley zwar äußerlich immer höflich und bescheiden auftritt, innerlich aber Nerven aus Stahl hat. Er hatte sich im Halbfinale zwar nicht beschwert, aber anscheinend ist er immer noch irritiert.

Der Zuschauerandrang war am letzten Tag der Veranstaltung so groß, dass das Museum an seine Kapazitätsgrenzen geriet. Ob dies bedeutete, dass die lokalen Fans noch immer an ein Wunder-Comeback von Carlsen glaubten und ein mögliches Sensationscomeback miterleben wollten oder ob Schach960 die öffentliche Fantasie anregt, ist schwer zu sagen. Vielleicht hatten aber auch Wesley Sos regelmäßige Komplimente über Norwegen und den leckeren Lachs die Zuschauer verzaubert und Sie wollten den sympathischen Amerikaner einfach nur einmal live erleben.

Am letzten Tag kamen die meisten Zuschauer. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

In der ersten Runde endete das Top-Duell als Erstes. NRK TV konzentrierte sich auf die hohe Pulsfrequenz von So, der ja normalerweise während seiner Partien einen sehr niedrigen Puls hat. Die Wahrheit lag aber auf dem Brett und dort hatte der Amerikaner die volle Kontrolle. Er spielte extrem schnell, zeigte erneut seine Affinität zum Schach960 und koordinierte seine Figuren mit spielerischer Leichtigkeit. Der Druck, den er aufbauen konnte, überzeugt Carlsen, mit einer Wiederholung aus der Partie auszusteigen. So musste diese zwar nicht akzeptieren - hat es aber nur zu gerne getan.

Dieses Ergebnis bedeutete, dass Carlsen jetzt alle 3 ausstehenden Schnellschachpartien gewinnen musste und sich anschließend im Blitz nur ein einziges Unentschieden erlauben durfte, um wenigstens ein Armageddon zu erzwingen. Und noch dazu musste er diese Siegesserie mit den schwarzen Figuren beginnen.

So spielte jedoch weiter in majestätischer Form, parierte Carslens verzweifelten Opferangriff mit chirurgischer Präzision und nur wenige Züge später stand der erste Schach960 Weltmeister fest!

Geschafft—Carlsen gibt auf und gratuliert So. Foto: Lennart Ootes/Chess.com.

So wurde innerhalb einer Woche in Norwegen zum Superstar. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Am anderen Brett, das Nepomniachtchi nach dem Abstieg in das Kleine Finale amüsanterweise "das Brett der Schande" nannte, wurden einige scharfe und wohl viel kernigere Partien gespielt. Der Russe übte ständig Druck aus und baute einen Vorsprung von fünf Punkten auf und damit stand Caruana kurz vor der Niederlage.

Die zweite Partie war äußerst unterhaltsam. Nepomniachtchi startete einen Opferangriff, der jedoch nur für ein Unentschieden reichte. Die Spieler waren so fasziniert, dass sie noch lange am Brett blieben und die Varianten diskutierten, anstatt jede Sekunde der Pause zu nutzen, um sich zu regenerieren oder sich auf die nächste Partie vorzubereiten.

Da der Kampf um den Titel bereits entschieden war, richteten sich jetzt alle Augen auf das "Spiel um Platz 3".

Die Anfangsstellung für die nächsten beiden Schnellschachpartien.

Nepomniachtchi atmete schwer aus, um seine Skepsis gegenüber dieser Grundstellung zum Ausdruck zu bringen und scherzte mit NRK, dass vielleicht eine sehr faule Person diese Stellungen auswählt (natürlich werden sie maschinell ausgewählt). Es gab nur eine Veränderung gegenüber der vorherigen Runde. Die Dame und der Turm tauschten ihren Platz. Sowohl er als auch Caruana erwarteten, dass die Partien ähnlich verlaufen würden.

Nepomniachtchi benötigte nur noch einen Sieg, um die Bronzemedaille zu gewinnen und genau diesen sicherte er sich gleich in dieser Partie. Als die Stellung ziemlich ausgeglichen aussah, lockte er den weißen König in eine Falle.

Und so kam es, dass in Norwegen keine einzige Blitzpartie gespielt wurde.

Da jetzt alle Ergebnisse feststanden, war es Zeit für Fragen und Zitate. So zeigte sich einmal mehr seinem Charakter entsprechend, Bescheiden.

Der Sieger stellt den Favoriten in den Schatten. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

"Ich bin sehr glücklich! Es ist meine Lieblingsschachart, aber bis vor wenigen Jahren hat sie noch fast niemand gekannt. Normalerweise gewinne ich Turniere immer nur bei meiner ersten Teilnahme und dann nie wieder. Magnus hatte ein paar schlechte Tage erwischt: "Im klassischen Schach hätte mich wahrscheinlich leicht geschlagen", sagte der Sieger gegenüber NRK. "Schach ist für mich vor allem Kunst - deshalb mag ich Schach960 so sehr; es steckt viel Kreativität dahinter."

"Dank Magnus lieben die Norweger Schach. Die Leute hier behandeln die Spieler gut und wir lieben es hier. Ich bin sehr glücklich, Weltmeister zu sein, aber es ändert sich nicht viel. Ich denke, er hatte in der zweiten Partie die erste noch nicht verarbeitet und konnte deshalb nicht zurückschlagen, aber er hat mir sofort nach der Partie gratuliert. Er ist ein großartiger Sportler", fügte So hinzu.

Der Gewinner erklärte auch, warum er Schach960 dem "normalen" Schach vorzieht. "Ich muss nicht befürchten, dass ich auf eine tief vorbereitete Variante stoße. Das Problem beim "echten" Schach ist, dass sich die Leute bis zu 40 Züge merken können, manchmal mehr, manchmal weniger. Um gutes Schach zu spielen, benötigt man verschiedene Fähigkeiten. Auch den Umgang mit Computern. Ich mag es nicht, Züge auswendig zu lernen, die ich nicht verstehe. Hier bei Schach960 hat man praktisch vom ersten Zug an eine Partie."

Carlsen lobte seinen Gegner nach der Siegerehrung: "Ich möchte Wesley nur gratulieren. Also, er hat viel besser gespielt als ich. Ich habe am ersten Tag gut gespielt, aber ergebnismäßig lief es etwas unglücklich. Danach schäme ich mich nur für die Art und Weise, wie ich gespielt habe und ich wünschte mir, ich könnte das im Nachhinein noch ändern," sagte Carlsen.

So verabschiedete er sich von den Norwegern mit einer Erklärung, warum er seinen Sieg nicht großartig Feiern würde - er hat einen frühen Flug zu seinem nächsten Turnier in Rumänien gebucht.

Die Aufzeichnung der Liveübertragung des letzten Tages.


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