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Wesley So liegt in Löwen weiterhin in Führung

Wesley So liegt in Löwen weiterhin in Führung

PeterDoggers
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Nach dem zweiten Spieltag beim "Your Next Move" Grand Chess Tour Turnier in Löwen, Belgien, liegt Wesley So weiterhin in Führung. Der laut Nigel Short "beständigste Spieler" hat 10 von 12 möglichen Punkten verbucht. Mit 8 Punkten liegen 2 Spieler auf den Plätzen, die wie Wesley auch letzte Woche in Paris gespielt haben: Maxime Vachier-Lagrave und Magnus Carlsen.

So bei seiner Partie gegen Anand. | Foto: Maria Emelianova

Gleich am beginn des zweiten Turniertags unterlief wieder einem Spieler ein riesen Fehler. Vassily Ivanchuk verlor seine Partie nachdem sein Damenausflug einer Taktik zum Opfer fiel.

Anish Giri: "Es gibt ja diese typische Situation wenn Du dich auf Facebook für die ganzen Glückwünsche zum Geburtstag bedankst, und dann bekommst Du sofort 50 mehr, weil die Leute merken, oh ja, der hatte ja Geburtstag. Das war irgendwie auch so ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk von Vassily."

Über den fatalen Damenausflug auf den Damenflügel von Ivanchuk sagte Giri: "Wenn Du keinen Plan hast, aber weiterhin Ehrgeizig spielen willst, wie mein Gegner, dann erfindest Du solche Sachen."

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Ivanchuk hatte noch ein Geburtstagsgeschenk für Giri. | Foto: Maria Emelianova

Wesley So behielt seine Führung durch einen Sieg über den glücklosen Baadur Jobava. Die Partie startete mit einer sehr aggressiven Idee von So, die "Harry den h-Bauern" involvierte, aber nachdem die Damen getauscht waren stand Schwarz eigentlich ganz brauchbar.

Jobava wollte dann gewinnen und sandte seinen Springer auf eine Reise durch die gesamte gegnerische Stellung, aber eigentlich machte er dadurch seine Mission nur unnötig schwieriger, als sie ohnehin schon war. Trotzdem war die Stellung kurz vor dem Ende immer noch Remis.

So verstand die Situation seines Gegners: "Du willst unbedingt mit einem Sieg zurück ins Turnier kommen. Da baust Du dir noch mehr Druck auf, als Du ohnehin schon hast. Es ist nicht leicht, die "Rote Laterne" zu tragen, und das sage ich aus Erfahrung."

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Obwohl Jobava am Mittwoch alle 3 Partien verloren hatte, kam er gutgelaunt in den Turniersaal. | Foto: Maria Emelianova

Levon Aronian kämpft sich durch seinen Sieg gegen Vishy Anand auf 50% zurück. Die taktische Phase der Partie, in der beide Spieler geniale Züge fanden, brachte den fünfmaligen Weltmeister jedoch in Zeitnot und so hatte er im Endspiel keine Bedenkzeit mehr zur Verfügung um die besten Züge, die ihm ein Remis gebracht hätten, zu finden.

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Spoiler: Aronian hat noch keine einzige Partie in Löwen Remis gespielt. | Foto: Maria Emelianova

In den ersten 3.5 Minuten der fünften Runde blieb ein Stuhl leer, denn Baadur Jobava kam einfach zu spät! Er verlor diese Partie dann gegen Maxime Vachier-Lagrave und baute seine Serie damit auf 5 Niederlagen in Folge aus. Short: Jobava hat eine Kriegsneurose. Und Soldaten mit einer Kriegsneurose schickt man nicht an die Front."

Magnus Carlsen zeigte sich sowohl mit seiner Brille, die er immer wieder mal auf und absetzte, als auch mit seinen Eröffnungen variabel. Gegen Vladimir Kramnik spielte er ohne Brille die Bird Eröffnung (1.f4), aber es war definitiv kein Versehen.

Der Kommentator Nigel Short lieferte auch eine Erklärung für diesen seltenen ersten Zug. Er erzählte, dass er bei der Abschlussfeier in Norwegen mit Carlsen und Kramnik an einem Tisch gesessen war.

Dort erzählte Carlsen, dass einer der ehemaligen Spieler, die ihn beeinflusst haben, der dänische Großmeister Bent Larsen war. Kramnik sagte darauf, dass Larsen in Russland nicht besonders ernst genommen, und eher als Kaffeehaus-Spieler angesehen wird.

1.f4 zu ziehen (wie es Larsen oft getan hat) und damit zu gewinnen, war einfach eine großartige Möglichkeit, dieses Gespräch zu beenden.

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Carlsen besiegte Kramnik im Bent Larsen Stil. | Foto: Maria Emelianova

25.Kg1 war ein toller Zug, der auch beschreibt, wie sich die Partie entwickelt hat. "Ich fühlte, dass ich die Stellung mehr und mehr kontrollierte," sagte Carlsen über diese Phase der Partie. "Dann... ich dachte nicht dass ich am gewinnen war, aber meine Stellung sah einfach schöner aus. Als ich aber dann zu 37.a5 kam war klar, dass der Bauer sehr wahrscheinlich unaufhaltsam sein würde."

Auf die Frage, ob diese Partie eine typische Carlsen-Partie war, in der er einen kleinen Vorteil im Endspiel mit seiner unglaublichen Endspiel-Technik in einen Sieg ummünzen konnte, antwortete Carlsen: "Ich denke nicht, dass das viel mit Endspiel Technik zu tun hatte. Die Partie wurde im Mittelspiel entschieden. Als wir ins Endspiel kamen war die Partie schon gewonnen."

Carlsen lächelte, während er dies sagte. "Es freut mich dass ich diese Partie gewinnen konnte, und auch, dass es eine qualitativ hochwertige Partie war. Jetzt sehe ich den weiteren Partien optimistisch entgegen." 

In der Pause tweetete Carlsen über seinen ersten Zug und es schien, als beziehe er sich dabei auf die Zeichentrickserie "Family Guy".

Levon Aronian brachte die großartige Form, mit der er sich beim Grenke Open und in Norwegen präsentiert hatte, leider nicht mit nach Löwen. Durch seine Niederlage gegen Ian Nepomniachtchi, der allerdings auch eine exzellente Partie spielte und seinen Gegenüber von Anfang an unter Druck setzte, fiel er auf Minus 1 zurück. Wie Schwarz die Partie Remis halten hätte können, war aber wirklich schwer zu sehen.

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Aronian und Nepomniachtchi diskuttieren ihre Partie (oder vielleicht unterhielten sie sich auch einfach nur.  ) | Foto: Maria Emelianova

Das Duell der Spieler, die der 50 schon näher sind als der 40 (oder besser: Das Duell der Schachlegenden, die immer noch auf dem höhsten Level spielen) konnte Vishy Anand gegen Vassily Ivanchuk für sich entscheiden.

Eigentlich war die Partie ein Musterbeispiel wir man mit dem Österreichischen Angriff gegen Pirc spielt. Es ist sehr lehrreich zu sehen, wie der Inder auf den Angriff am Damenflügel reagiert und die Partie dann auf der anderen Seite des Schachbretts entscheidet.

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Ein überzeugender Sieg von Anand. | Foto: Maria Emelianova


Für Baadur Jobava ist das Turnier ein einziges Desaster, denn er verlor auch seine sechste Partie. Es ist schon ein schlechtes Zeichen wenn der Vize-Europameister einen Zug wie 14.e5 übersieht und ehrlich gesagt muss man nicht Magnus Carlsen heißen, um die Partie danach zu gewinnen.


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Die Partie gegen Jobava spielte der Weltmeister wieder mit Brille. | Foto: Maria Emelianova

Da wir vorhin von Kaffeehaus Schach sprachen: Die Eröffnung der Partie Vassily Ivanchuk gegen Ian Nepomniachtchi war einfach nur faszinierend!

"OK, ich habe h4 oder h3, aber das sah so normal aus. Ich wollte irgendetwas originelles spielen," sagte Ivanchuk über seine bemerkenswerte Entscheidung ...h3 zuzulassen und seinen Läufer stattdessen auf e4 zu ziehen.

Der ukrainische Großmeister erklärte dann Maurice Ashley, dass er während dieser Phase der Partie an eine Online-Partie dachte, die er einmal gegen Alexander Morozevich gespielt hatte, aber bevor er diese Geschichte ausführen konnte, brach Ashley das Interview einfach ab und lies einen verdutzten Ivanschuk und nicht weniger verdutzte Zuschauer zurück.

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Vassily Ivanchuk, mitten in einem wunderbaren Monolog. | Foto: Maria Emelianova

Auf jeden Fall hat Ivanchuk's Idee in der Partie aber funktioniert, auch wenn die Stellung eine lange Zeit unklar war. 29.Db6 war eine wunderbare Einschätzung der Gefahr, der der weiße König auf seiner Wanderung auf den Damenflügel ausgesetzt war. Und ab dann war Ivanchuk am Steuerrad.

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Ivanchuk hat jetzt 2 Siege auf seinem Konto. | Foto: Maria Emelianova

Wesley So wird mit 2 Punkten Vorsprung in den dritten Turniertag starten. Er gewann ein Turmendspiel mit Mehrbauern gegen Vishy Anand und er spielt einfach viel besseres Schach als letzte Woche in Paris.

"Ich blicke nur nach vorne," sagte So. "Ich habe das Turnier in Paris schon vergessen. Aber ich habe dort einige Lektionen gelernt."

Sehen wir uns aber die Partie an, bei der ein beachtenswerter Läuferzug von Anand mit einer tollen Taktik beantwortet wird.

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Der derzeitig unangefochtene Tabellenführer. | Foto: Maria Emelianova

Levon Aronian's Leistungen bei diesem Turnier als ein Auf- und Ab zu bezeichnen ist schon fast eine Untertreibung. Nachdem er Vladimir Kramnik in einer wilden Partie besiegte sehen seine Resultate folgendermaßen aus: 0, 1, 0, 1, 0, 1! 

"Wir haben beide schlecht gespielt, und ich glaube er hat den letzten Fehler gemacht, " sagte er über seinen Sieg in der sechsten Runde. Die Partie war aber bei weitem nicht so schlecht wie sie Aronian beschrieb. Eigentlich hat er selbst nur einen einzigen Zug übersehen.

Aronian, der sich gerade von einer Erkältung erholt ("Glück zu haben ist die beste Motivation!"), sagte, dass die Bedenkzeit, und besonders die Verzögerung (Bronstein-Modus) anstatt der Zugabe (Fischer-Modus) das Turnier beeinflussen würde -- aber die Spieler einfach damit umgehen müssen. "Wir sind erwachsene Jungs und werden uns auch daran gewöhnen. Solange niemand die Züge der Figuren verändert, können wir mit allen Varianten umgehen."

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Kramnik war in furchtbarer Zeitnot. | Foto: Maria Emelianova

Your Next Move (Leuven) Grand Chess Tour | Schnellschach, Tabelle nach der 6. Runde

# Land Name ELO Lstg 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 Punkte SB
1 So,Wesley 2789 3057 1 2 1 2 2 2 10.0/12
2 Vachier-Lagrave,Maxime 2783 2895 1 1 1 2 1 2 8.0/12 9.75
3 Carlsen,Magnus 2851 2887 0 1 2 1 2 2 8.0/12 8.25
4 Giri,Anish 2764 2833 1 1 0 2 1 2 7.0/12 11.25
5 Nepomniachtchi,Ian 2766 2819 2 2 0 0 1 2 7.0/12 7.50
6 Aronian,Levon 2780 2775 0 0 0 2 2 2 6.0/12
7 Anand,Viswanathan 2775 2716 0 1 2 0 2 0 5.0/12 7.75
8 Ivanchuk,Vassily 2757 2716 0 1 0 2 0 2 5.0/12 5.50
9 Kramnik,Vladimir 2789 2671 0 1 0 1 0 2 4.0/12
10 Jobava,Baadur 2703 1988 0 0 0 0 0 0 0.0/12

Ihr könnt alle Partien der Grand Chess Tour auf www.chess.com/tv und www.chess.com/live, täglich ab 14.00 Uhr verfolgen.

Die Kommentatoren vor Ort sind GM Maurice Ashley und GM Nigel Short. Sie werden von GM Yasser Seirawan, IM Jovanka Houska & GM Christian Chirilla von St. Louis aus, unterstützt

Beim Schnellschach wird jeder gegen jeden, bei einer Bedenkzeit von 25 Minuten, wobei die Uhr immer erst nach 10 Sekunden "zu ticken" beginnt, antreten. Das Blitzturnier ist eine Doppelrunde mit einer Bedenkzeit von 5 Minuten und die Uhr beginnt mit einer Verzögerung von 3 Sekunden zu laufen. Das Preisgeld in Löwen beträgt $150,000, wobei $37,500 an den Sieger gehen..


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Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms. Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools. Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013. As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

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